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HUK 328 Juni 2020

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Katharina Fegebank<br />

(Grüne) und Peter<br />

Tschentscher (SPD)<br />

wollen die Verhandlungen<br />

mit ihren<br />

Fraktionen bis<br />

zur Sommerpause<br />

abschließen.<br />

Straflos containern?<br />

Die neue Koalition aus SPD und Grünen in der Hamburgischen<br />

Bürgerschaft will sich dafür einsetzen, dass Containern keine Straftat mehr<br />

ist. Schwarzfahren soll jedoch eine bleiben – was vor allem Arme betrifft.<br />

TEXT: LUKAS GILBERT<br />

FOTOS: AXEL HEIMKEN / DPA<br />

Wer in Deutschland aussortierte<br />

Lebensmittel<br />

aus Müllcontainern von<br />

Supermärkten fischt,<br />

macht sich strafbar – und wird entsprechend<br />

verfolgt. Bei den laufenden Koalitionsverhandlungen<br />

haben sich SPD<br />

und Grüne darauf geeinigt, sich für die<br />

Entkriminalisierung des sogenannten<br />

Containerns starkzumachen. Der Vorschlag<br />

ist nicht neu: Schon im vergangenen<br />

Jahr hatte sich Justizsenator Till<br />

Steffen (Grüne) bei der Justizministerkonferenz<br />

für eine entsprechende Strafrechtsreform<br />

eingesetzt – allerdings<br />

erfolglos.<br />

Mit der Einigung im Rücken<br />

wird die Justizbehörde nun nochmals<br />

versuchen, eine bundesweite Regelung<br />

durchzusetzen. Die Idee: Staatsanwaltschaften<br />

sollen Container-Verfahren<br />

einheitlich wegen Geringfügigkeit<br />

einstellen. Bereits nach der Schlappe<br />

26<br />

bei der letztjährigen Justizministerkonferenz<br />

hatte Hamburg den Bundesländern<br />

einen Vorschlag zukommen<br />

lassen, die „Richtlinien für das Strafverfahren<br />

und das Bußgeldverfahren“,<br />

die als bundesweite Orientierung für<br />

Staatsanwaltschaften dienen, zu ergänzen,<br />

wie ein Sprecher der Justizbehörde<br />

gegenüber Hinz&Kunzt erläutert und<br />

versichert: „Die Justizbehörde wird<br />

dieses Anliegen weiterhin mit Nachdruck<br />

verfolgen.“ Eine Entscheidung<br />

über den Vorschlag steht noch aus.<br />

Nichts ändern soll sich nach Ansicht<br />

der Koalitionäre in spe daran, dass<br />

Schwarzfahren eine Straftat ist. Die<br />

Grünen hätten sich auch hier gern für<br />

eine Abstufung zur Ordnungswidrigkeit<br />

eingesetzt – auch um die Justiz zu entlasten.<br />

Innensenator Andy Grote (SPD)<br />

machte im Anschluss an die Gespräche<br />

aber klar: „Beim Schwarzfahren wird<br />

sich nichts verändern.“ Besonders betroffen<br />

von dieser Regelung sind Arme:<br />

Können sie eine verhängte Strafe<br />

wegen „Erschleichens von Leistungen“<br />

nicht bezahlen, müssen sie eine Ersatzfreiheitsstrafe<br />

absitzen.<br />

Kritik an der Übereinkunft kam<br />

von der Hamburger Linksfraktion: Deren<br />

justizpolitische Sprecherin Cansu<br />

Özdemir bezeichnete die Einigung als<br />

peinlich. „Gerade jetzt, wo wegen des<br />

Coronalockdowns viele Menschen das<br />

Einkommen nicht mehr haben, um sich<br />

die teuren Fahrkarten des HVV zu kaufen,<br />

ist das nichts anderes als ein grünes<br />

Bekenntnis zur Kriminalisierung von<br />

Armut.“<br />

Was SPD und Grüne zur Bekämpfung<br />

von Obdachlosigkeit vereinbart<br />

haben, stand bei Redaktionsschluss<br />

noch nicht fest: Die Verhandlungsrunde<br />

zu Sozialem wurde verschoben. •<br />

Kontakt: lukas.gilbert@hinzundkunzt.de

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