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HUK 328 Juni 2020

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Die Straßensozialarbeiter<br />

Julien Thiele (links) von der<br />

Caritas und Johan<br />

Graßhoff von der Diakonie<br />

genießen es, endlich mal<br />

Zimmer anbieten zu<br />

können.<br />

geduscht raus und sahen wesentlich entspannter<br />

aus als vorher. Das war sehr<br />

schön zu beobachten.“<br />

Das Hotelbett<br />

wirkt wie ein<br />

Türöffner.<br />

Einer, der bereits richtig regeneriert<br />

wirkt, ist Bedpark-Gast Artur. „Durch<br />

die Ruhe hier habe ich es endlich geschafft,<br />

mir Gedanken darüber zu machen,<br />

was ich eigentlich will. Ich habe<br />

einen Antrag beim Jobcenter gestellt,<br />

und als Nächstes möchte ich wieder arbeiten“,<br />

erzählt er.<br />

Die Erholung merkt man auch den<br />

anderen Obdachlosen im Bedpark an.<br />

Gemeinsam bringen sie den verwilderten<br />

Garten im Hinterhof auf Vordermann<br />

– es war ihre Idee. Die Betreiber<br />

vom Bedpark freut das. Hier kommt<br />

Sozialarbeiter Jonas Gengnagel regelmäßig<br />

zur Sprechstunde vorbei: „Immer<br />

gegen 14 Uhr, wenn auch das Essen<br />

ausgegeben wird. Dann ist das<br />

meiste Leben im Hinterhof. Da finden<br />

auch die vielen kleinen, informellen<br />

Gespräche statt.“<br />

Spricht man mit Gengnagel, Graßhoff,<br />

Thiele oder Beceral, spürt man<br />

eine gewisse Euphorie. Seit Jahren<br />

standen Sozialarbeiter*innen vor dem<br />

Problem, dass sie ihren Klient*innen<br />

kaum noch Angebote unterbreiten<br />

konnten. Wohnungen sind rar, echte<br />

Perspektiven daher in weiter Ferne und<br />

viele Obdachlose erhofften sich nur<br />

wenig von der Sozialarbeit. Das Hotelbett<br />

wirkt da wie ein Türöffner.<br />

Das beflügelt. 27 Kilometer mit<br />

dem Fahrrad haben Johan Graßhoff<br />

und Julien Thiele in den Beinen, als<br />

sie das my bed in Bergedorf erreichen.<br />

Daniel und Anja sind baff. „Das wäre<br />

mir viel zu anstrengend“, sagt der<br />

Hinz&Künztler und lacht. Das obdachlose<br />

Pärchen mit Hund hat den ganzen<br />

Winter auf der Straße verbracht. Zusammen<br />

ein Dach über dem Kopf zu<br />

finden, grenzt fast an ein Wunder. Pärchenzimmer<br />

sind Mangelware. Seltener<br />

gibt es nur noch Zimmer für Obdachlose<br />

mit Hunden. Die einzige Option:<br />

den Hund im Tierheim abgeben. Für<br />

14<br />

Funk unvorstellbar. „Ich bin Hundebesitzer“,<br />

sagt der Hotelbetreiber, der<br />

deshalb kein Problem mit Hunden in<br />

seinen Häusern hat. „Ich könnte meinen<br />

Hund auch niemals abgeben.“<br />

Natürlich ist allen Obdachlosen<br />

klar, dass wohl noch viele Monate vergehen<br />

werden, bis wieder so etwas wie<br />

Normalität herrscht. Johan Graßhoff<br />

mahnt deswegen zu mehr Weitsicht.<br />

„Der beste Pandemieplan wäre in<br />

meinen Augen, wenn man die Obdachlosigkeit<br />

beseitigt. Die Menschen brauchen<br />

jetzt Hilfe, wie wir sie ihnen<br />

bieten“, sagt er. „Aber auf lange Sicht<br />

hilft nur eine Wohnung.“ •<br />

Kontakt: redaktion@hinzundkunzt.de<br />

Reinhören ins Hotel:<br />

Mehr über das Hotelprojekt<br />

erfahren Sie<br />

in unserem Podcast.<br />

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QR-Code oder folgen<br />

Sie diesem Link:<br />

www.huklink.de/<strong>328</strong>-hotels

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