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HUK 328 Juni 2020

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W<br />

er unter der Sternbrücke<br />

steht und sich umschaut,<br />

kann ein heruntergekommenes<br />

Stahlgerüst<br />

sehen, zwischen dessen Stützen sich<br />

mühsam Autos, Busse und Fahrräder<br />

hindurchquetschen müssen. Man kann<br />

aber auch dort stehen und ins Schwärmen<br />

geraten über dieses „Meisterwerk<br />

der Ingenieurbaukunst“ und die „wunderbaren<br />

Unterbaukonstruktionen“. So<br />

wie Kristina Sassenscheidt: „Das ist die<br />

Ästhetik, die man sonst am Chilehaus<br />

findet und die ruft: ‚Hey, ich bin aus<br />

den 1920ern!‘“, sagt die Vorsitzende<br />

des Denkmalvereins. „Davon abgesehen<br />

gibt es nicht viele Stadträume in<br />

Hamburg, die so viel Seele haben.“<br />

Dass die denkmalgeschützte Brücke<br />

und mit ihr zahlreiche Gebäude im<br />

Umfeld abgerissen und durch einen gigantischen<br />

Neubau ersetzt werden sollen,<br />

bringt sie entsprechend auf die Palme.<br />

Auch die Initiative Sternbrücke, in<br />

der sich viele Anwohner*innen organisiert<br />

haben, protestiert. Denn Mitte April<br />

stellten Senat und Bahn die Öffentlichkeit<br />

vor vollendete Tatsachen und<br />

präsentierten ihre ganz eigene Vorstellung<br />

von der Zukunft der Sternbrücke,<br />

21 Meter hoch statt bisher 2,80. „Ich<br />

wusste nicht, ob ich lachen oder weinen<br />

soll“, sagt Sassenscheidt. „Der Entwurf<br />

ist völlig überdimensioniert und passt<br />

überhaupt nicht in das kleinteilige<br />

Stadtbild von Altona-Nord.“<br />

Eine Beteiligung von Parlamenten<br />

und Öffentlichkeit gab es bislang nicht,<br />

was auch die honorige Architektenkammer<br />

„angesichts der Tragweite der Entscheidungen<br />

und der Bedeutung des<br />

Projekts nicht akzeptabel“ findet. Innerhalb<br />

des Senats war die Entscheidung<br />

umstritten: Die Stadtentwicklungsbehörde<br />

ließ Alternativentwürfe<br />

prüfen, die Kulturbehörde wollte den<br />

Denkmalschutz verteidigen. Doch am<br />

Ende setzte sich die Verkehrsbehörde<br />

durch. Denn die Dimension des Entwurfs<br />

geht vor allem auf ihre Vorgabe<br />

zurück: 26,50 Meter breit soll der Verkehrsraum<br />

unter der Brücke werden,<br />

ohne störende Stützen.<br />

Und damit wurde aus der Diskussion<br />

über das Bauwerk auch eine darüber,<br />

wie eine zukunftsfähige Verkehrsplanung<br />

aussieht. Immerhin ist die<br />

Kreuzung ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt:<br />

Rund 50.000 Fahrzeuge passieren<br />

sie täglich auf der Straße, 900<br />

24<br />

Personenzüge fahren darüber hinweg.<br />

Fragt sich also, ob es überragendes Interesse<br />

am Brückenkoloss gibt, das alles<br />

andere überwiegt. Die Verkehrsbehörde<br />

versucht, ihn als Maßnahme der<br />

Radverkehrsförderung zu präsentieren.<br />

„Dass die Brückenpfeiler von der<br />

Straße verschwinden werden, verschafft<br />

dem Fuß- und Radverkehr endlich genug<br />

Platz in diesem Bereich“, argumentiert<br />

Sprecher Christian Füldner gegenüber<br />

Hinz&Kunzt. „Das wird sicher<br />

mehr Radfahrende anziehen.“ Mit<br />

einer Zunahme des Autoverkehrs rechne<br />

man in der Behörde hingegen nicht.<br />

Erst nach dem Hinweis auf ein<br />

Gutachten des Senats revidiert die Behörde<br />

diese Einschätzung. Das kam<br />

nämlich schon 2019 zu dem Schluss,<br />

dass der Verkehr in Altona wegen zahlreicher<br />

Bauprojekte künftig stark zunehmen<br />

wird. Und als die Behörde die<br />

Pläne der Öffentlichkeit vorstellte, zeigte<br />

sie einen Entwurf mit einer möglichen<br />

künftigen Straßenaufteilung – auf<br />

dem vor allem Autos mehr Platz bekommen<br />

würden. Deswegen kaufen<br />

auch die Altonaer Grünen der Verkehrsbehörde<br />

die Argumentation nicht<br />

ab. „Man braucht nicht so viel mehr

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