3-Länderkonferenz Pflege und Pflegewissenschaft - Amiando
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Abstracts<br />
Ergebnisse der Versorgungsforschung: Wie verändert sich<br />
die stationäre Depressionsbehandlung im 10-Jahresverlauf?<br />
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die<br />
<strong>Pflege</strong>nden?<br />
C. T. Mohr (1), K. H. Beine (2), J. Höffler (3), (1) Institut f. Bildung <strong>und</strong><br />
Personalentwicklung (IBP), MedBO, (2) Lehrstuhl für Psychiatrie<br />
Psychotherapie, Universität Witten/Herdecke (3) Abt. für Psychiatrie &<br />
Psychotherapie, Martin-Luther-Krankenhaus Bochum<br />
Anliegen: Die vollstationäre Versorgungssituation in einer psychiatrischpsychotherapeutischen<br />
Klinik von depressiven Menschen (F32/F33) wird mittels<br />
Analyse der Daten der psychiatrischen Basisdokumentation (DGPPN-BADO) über<br />
einen 10-Jahreszeitraum dargestellt. Neben den soziodemographischen Entwicklungen,<br />
werden auch Veränderungen in der Behandlungszeit, Rezidivrate <strong>und</strong> Krankheitsschwere<br />
analysiert.<br />
Methode: Die Analyse basiert auf Daten der psychiatrischen Basisdokumentation<br />
(DGPPN-BADO) aller in den Jahren 1997 bis 2006 in die Klinik für Psychiatrie,<br />
Psychosomatik <strong>und</strong> Psychotherapie der Universität Regensburg konsekutiv vollstationär<br />
aufgenommenen Patienten (n=3862) mit an erster Stelle angeführten Diagnosen<br />
gemäß ICD-10 depressive Episode (F32.xx) bzw. rezidivierende depressive Störung<br />
(F33.xx).<br />
Ergebnisse: Im Zeitraum von 10 Jahren konnte beobachtet werden: Patienten mit der<br />
Diagnose F32 <strong>und</strong> F33 werden tendenziell jünger <strong>und</strong> leben mehr alleine. Das mittlere<br />
Alter bei der Aufnahme ist vergleichsweise hoch <strong>und</strong> liegt bei 53 Jahren. Frauen sind<br />
häufiger betroffen als Männer, wobei die männlichen Behandlungsfälle im Jahresverlauf<br />
signifikant zunehmen. Es zeigt sich ein signifikanter Anstieg der schulischen <strong>und</strong><br />
beruflichen Bildung. Die diagnostizierten psychiatrischen Komorbiditäten steigen im<br />
Laufe der Jahre signifikant an. Die mittlere Krankenhausverweildauer ist im nationalen<br />
Vergleich relativ kurz <strong>und</strong> in den 10 Jahren um 16,7% rückläufig. Die mittlere kumulierte<br />
Verweildauer verkürzt sich nur tendenziell. Die Patienten werden gemäß GAF-, <strong>und</strong><br />
CGI-Werten kränker aufgenommen <strong>und</strong> kränker entlassen. Der in der kürzeren Zeit zu<br />
erzielende Behandlungserfolg ist geringer <strong>und</strong> die Patienten werden kränker entlassen.<br />
Die im schlechteren Zustand entlassenen Patienten kommen häufiger binnen<br />
Jahresfrist wieder zur Aufnahme.<br />
Schlussfolgerung: Über einen längeren Zeitraum (5 Jahre) egalisieren sich durch die<br />
häufigeren Rezidive die vermeintlichen Kostenvorteile durch die kürzere Dauer der<br />
einzelnen Behandlungsepisode. Der „gefühlte Drehtüreffekt“ hat sich bestätigt. Das<br />
Stationskonzept <strong>und</strong> das Therapieangebot muss den veränderten Bedingungen<br />
angepasst werden. Die ambulante Versorgung ist noch mehr auf die Bedürfnisse der<br />
Patienten auszurichten <strong>und</strong> mit dem stationären Sektor zu vernetzen.<br />
Wie junge Frauen <strong>und</strong> Frauen mittleren Alters Inkontinenz<br />
erleben <strong>und</strong> bewältigen<br />
E. Meyer, Cekib, Bereich Unternehmensentwicklung, Klinikum Nürnberg<br />
Harninkontinenz ist eine beschämende <strong>und</strong> tabubesetzte Ges<strong>und</strong>heitsstörung, die sehr<br />
kranken oder sehr alten Menschen zugeordnet wird. Tatsächlich handelt es sich aber<br />
um ein weltweit verbreitetes Problem, das unabhängig vom Alter hauptsächlich Frauen<br />
betrifft, häufig schon in jüngeren <strong>und</strong> in mittleren Jahren. Bisher gibt es wenige<br />
Erkenntnisse darüber, wie junge Frauen <strong>und</strong> Frauen mittleren Alters Harninkontinenz<br />
erleben <strong>und</strong> bewältigen.<br />
Ziel dieser Studie war es, Einblick in die subjektiven Erfahrungen dieser betroffenen<br />
Frauen zu erhalten, um Verständnis für ihre Bedürfnisse zu entwickeln. Daraus könnten<br />
dann frauenzentrierte Konzepte für das Assessment <strong>und</strong> zur Beratung entwickelt<br />
werden, die in der professionellen <strong>Pflege</strong> als Gr<strong>und</strong>lage für die Betreuung dieser<br />
Frauen genutzt werden. Daher wurde in der vorliegenden Studie der Frage<br />
nachgegangen wie junge Frauen <strong>und</strong> Frauen mittleren Alters Inkontinenz erleben <strong>und</strong><br />
bewältigen.<br />
Methodisch wurde eine Sek<strong>und</strong>äranalyse in Anlehnung an die Gro<strong>und</strong>ed Theory<br />
(Strauss & Corbin) durchgeführt. Aus bereits erhobenen qualitativen Interviews wurden<br />
dazu elf Interviews betroffener Frauen in diesem Alter ausgewählt.<br />
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Frauen ihren Körper als unkontrollierbar<br />
erleben, was Ohnmacht, Angst <strong>und</strong> Scham erzeugt. Sie können die Beeinträchtigung<br />
nur sehr schwer in ihr Selbstbild integrieren, weil sie diese alten Menschen zuordnen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> von Tabus <strong>und</strong> weil sie Stigmatisierung befürchten, verstecken sie das Leiden<br />
<strong>und</strong> reden nicht darüber, mit der Folge, sich sehr alleine <strong>und</strong> ausgegrenzt zu fühlen. Da<br />
sie immer mit Urinverlusten rechnen müssen, entwickeln sie Vorsorgemaßnahmen, um<br />
sich sicher zu fühlen. Eine Reihe von Problemen <strong>und</strong> Einschränkungen in ihren<br />
alltäglichen Aktivitäten <strong>und</strong> Erfahrungen, die sie mit dem Medizinsystem gemacht<br />
haben, beeinflussen ihre Bewältigungsstrategien. Alle Frauen würden sich Beratung in<br />
einer vertrauten Atmosphäre wünschen.<br />
Die Resultate unterstützen die Ergebnisse aus anderen Studien. Es wäre notwendig,<br />
interdisziplinäre Leitlinien zu entwickeln, um den speziellen Beratungs- <strong>und</strong><br />
Behandlungsbedürfnissen dieser Frauen zu entsprechen.<br />
26<br />
Die ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong> soziale Situation alleinlebender<br />
demenzkranker Menschen – eine multiprofessionelle<br />
Perspektive<br />
S. Schniering, Institut für Public Health <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>forschung,<br />
Universität Bremen<br />
Fragestellung: Studienergebnisse des KOVERDEM-Projektes am Institut für<br />
Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf unter der<br />
Leitung von Prof. Dr. van den Bussche zur Kooperationsverbesserung zwischen<br />
Hausärzten <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>diensten bei Menschen mit Demenzerkrankung (MmD) in<br />
Hamburg zeigen, dass ca. 60% der von ambulanten <strong>Pflege</strong>diensten betreuten<br />
MmD alleine leben. In der Literatur wurde die Situation von alleinlebenden MmD<br />
bisher kaum berücksichtigt. Aufbauend auf dem Projekt KOVERDEM thematisiert<br />
diese Studie die Situation alleinlebender MmD <strong>und</strong> hat zum Ziel, die<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen <strong>und</strong> sozialen Probleme <strong>und</strong> Risiken von alleinlebenden MmD<br />
sowie die Strukturen des Versorgungssystems zu ermitteln.<br />
Methoden: Es wurden leitfadengestützte Experteninterviews mit 39 Akteuren des<br />
professionellen Unterstützungssystems von alleinlebenden MmD geführt (z.B.<br />
Hausärzte, <strong>Pflege</strong>nde, Pastoren, Berater, Polizei). Die Auswertung erfolgte nach<br />
dem interpretativen Verfahren des thematischen Vergleichs von Meuser <strong>und</strong><br />
Nagel.<br />
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass zur Verbesserung der Situation von<br />
alleinlebenden MmD ein großer Handlungsbedarf besteht. Die Betroffenen sind<br />
im Vergleich zu nicht alleinlebenden MmD <strong>und</strong> auch zu alleinlebenden Menschen<br />
ohne Demenz besonderen Risiken ausgesetzt. Aufgr<strong>und</strong> des häufigen Fehlens<br />
einer festen Bezugsperson <strong>und</strong> des nicht ausreichenden ambulanten<br />
Versorgungssystems kommt es verstärkt zu ges<strong>und</strong>heitlichen <strong>und</strong> sozialen<br />
Einschränkungen, bis hin zu Verwahrlosung <strong>und</strong> sozialer Isolation. Eine<br />
besonders wichtige Rolle in der Versorgung nehmen, wenn vorhanden,<br />
professionell <strong>Pflege</strong>nde ein. Sie sind häufig die einzigen regelmäßigen sozialen<br />
Kontakte alleinlebender MmD.<br />
Interpretation: Alleinlebende MmD bedürfen einer speziellen Unterstützung. Sie<br />
benötigen vermehrte Ansprache, eine Bezugsperson <strong>und</strong> Koordination der<br />
Hilfen. In die Versorgung einbezogene <strong>Pflege</strong>nde können aufgr<strong>und</strong> der<br />
regelmäßigen Kontakte eine besondere Rolle als Bezugsperson einnehmen. Die<br />
Rolle der <strong>Pflege</strong> ist in diesem Zusammenhang neu zu definieren. Zu den<br />
Interventionsmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation alleinlebender MmD<br />
gehören eine verbesserte Vernetzung der professionellen Helfer, z.B. durch<br />
Fallkonferenzen, die Einrichtung einer Koordinationsinstanz zur langfristigen<br />
Begleitung <strong>und</strong> eine bessere Aufklärung der Gesellschaft. Der Ausbau<br />
zugehender Hilfen ist notwendig, um auf alleinlebende MmD aufmerksam zu<br />
werden <strong>und</strong> frühzeitig Hilfen einrichten zu können.<br />
„In jedem Einzelschritt“ - Die Bedeutung von Hoffnung<br />
für Angehörige von PatientInnen einer Wachkomastation<br />
E. Siegl, Universität Wien<br />
Hintergr<strong>und</strong>: Analog zum Schicksal von WachkomapatientInnen durchleben ihre<br />
Angehörigen eine Lebenskrise. Durch die unerwartete, akute Erkrankung sind sie<br />
tief getroffen, hilflos <strong>und</strong> verzweifelt. Neben ihren eigenen alltäglichen Problemen<br />
sehen sie sich mit finanziellen <strong>und</strong> rechtlichen Sorgen sowie mit einer<br />
ungewissen Zukunft konfrontiert. Nicht zuletzt, weil Angehörige unersetzbare<br />
PartnerInnen in Therapie <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong> von WachkomapatientInnen sind, ist es<br />
unbedingt notwendig, ihnen in ihrer schwierigen Situation beizustehen <strong>und</strong> ihnen<br />
professionelle Hilfe anzubieten. Die Rolle des Phänomens Hoffnung wurde im<br />
Zusammenhang mit Angehörigen von wachkomatösen Menschen noch kaum<br />
beschrieben. Diese Hoffnung könnte jedoch eine positive Wirkung auf das<br />
Erleben <strong>und</strong> die Bewältigung der belastenden Lebensphase haben.<br />
Ziel: Die vorliegende Studie setzte sich zum Ziel, die Bedeutung von Hoffnung für<br />
Angehörige von PatientInnen einer Wachkomastation näher zu untersuchen.<br />
Durch die gewonnenen Erkenntnisse sollen wesentliche Faktoren, die mit dem<br />
Hoffnungserleben in Zusammenhang stehen, identifiziert werden. In weiterer<br />
Folge könnte mithilfe des generierten Wissens das Einfühlungsvermögen von<br />
beruflich im Ges<strong>und</strong>heitswesen tätigen Personen dahingehend sensibilisiert<br />
werden.<br />
Methode: Die Datenerhebung erfolgte anhand von halbstandardisierten<br />
Interviews mit neun betroffenen Angehörigen (acht Frauen <strong>und</strong> ein Mann), die in<br />
zwei verschiedenen <strong>Pflege</strong>einrichtungen rekrutiert wurden. Als Forschungsmethode<br />
wurde die Gro<strong>und</strong>ed Theory gewählt, die für die Datensammlung <strong>und</strong> –<br />
analyse maßgebend war. Aufgr<strong>und</strong> der begrenzten Rahmenbedingungen<br />
(mangelnde Zeitressourcen <strong>und</strong> zu kleine Stichprobe) konnte keine Datensättigung<br />
erzielt werden.<br />
Erkenntnisse: Im Zuge der Datenanalyse kristallisierten sich drei Faktoren<br />
heraus, die auf das Erleben der Angehörigen gravierend einwirken: persönliche<br />
Einflussfaktoren, das soziale Umfeld <strong>und</strong> der Kostenfaktor. Weiters konnten<br />
einige Bewältigungsstrategien identifiziert werden, wobei sich zeigte, dass<br />
Hoffnung die wichtigste davon ist. Die Hoffnungen der Angehörigen, die sich im<br />
Laufe der Zeit verändern <strong>und</strong> flexibel an aktuelle Situationen <strong>und</strong> Ereignisse<br />
anpassen, weisen einen starken Realitäts- <strong>und</strong> Gegenwartbezug auf. Dadurch<br />
stellt Hoffnung eine unverzichtbare Kraftquelle dar, in der auch Rückschläge<br />
ihren Platz finden.<br />
Schlussfolgerung: Die gewonnenen Erkenntnisse betonen die Notwendigkeit, der<br />
Bedeutung von Hoffnung für Angehörige von PatientInnen einer Wachkomastation<br />
künftig vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken.