3-Länderkonferenz Pflege und Pflegewissenschaft - Amiando
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Abstracts<br />
Poster 1. Poststationäre Laienunterstützung für Patienten<br />
(PLUS_P) - Vorstellung eines neuen vom BMBF geförderten<br />
Projekts zur sozialen Unterstützung älterer <strong>und</strong> bedürftiger<br />
Patienten nach ihrer Krankenhausentlassung<br />
T. Altenhöner, M. Philippi, C. Baczkiewicz, Hochschule für Technik <strong>und</strong><br />
Wirtschaft des Saarlands Saarbrücken<br />
Hintergr<strong>und</strong>: Familiäre Strukturen ändern sich, zunehmend mehr ältere Menschen<br />
leben allein [1]. Soziale Netzwerke sind jedoch eine wichtige Ressource für Erhalt von<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensqualität [2]. Besonders nachteilig auf ges<strong>und</strong>heitliche Outcomes<br />
kann sich mangelnde soziale Unterstützung auf ältere Menschen nach einem<br />
Krankenhausaufenthalt auswirken [3], zumal Patienten durch strukturelle Änderungen<br />
<strong>und</strong> Kostendruck im Ges<strong>und</strong>heitswesen immer früher entlassen werden.<br />
Fragestellung: Inwieweit verbessert soziale Unterstützung durch Ehrenamtliche kurz-<br />
<strong>und</strong> mittelfristig die allgemeine Lebenssituation, ges<strong>und</strong>heitliche Verfassung oder<br />
soziale Teilhabe von älteren Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt?<br />
Geplante Methoden: In der ersten qualitativen Phase des Projekts soll auf Basis der<br />
Erkenntnisse aus leitfadengestützten Interviews mit betroffenen Patienten (N=15) <strong>und</strong><br />
Fokusgruppen mit <strong>Pflege</strong>kräften, Sozialarbeitern <strong>und</strong> Seelsorgern (N=15) der<br />
teilnehmenden Kliniken ein Screeninginstrument entwickelt werden, mit dem bedürftige<br />
ältere Patienten identifiziert werden können. Zudem soll eine Schulung für<br />
angeworbene Paten konzipiert werden. In der sich anschließenden quantitativen<br />
Projektphase soll das Patenkonzept umgesetzt <strong>und</strong> in einer kontrollierten prospektiven<br />
Längsschnittstudie mit 3 Messzeitpunkten (N=330 Patienten) evaluiert werden. In der<br />
multizentrischen Studie erhalten Patienten mit Hilfebedarf in den drei Kontrollkliniken<br />
(N=165) keine Patenunterstützung, während Patienten der drei Interventionskliniken<br />
(N=165) die poststationäre Unterstützung durch ehrenamtliche Paten erhalten. In den<br />
statistischen Analysen wird geprüft, inwieweit sich Patienten der Interventions- von<br />
Patienten der Kontrollgruppe im Hinblick auf psychosoziale <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Parameter, ihre Lebensqualität <strong>und</strong> gesellschaftliche Teilhabe unterscheiden.<br />
Zusätzlich werden die ehrenamtlichen Paten zu Beginn <strong>und</strong> am Ende ihrer ersten<br />
Patenschaft befragt.<br />
Erhoffte Ergebnisse <strong>und</strong> Nutzen: Das Projekt hat zum Ziel, Ges<strong>und</strong>heit, Lebensqualität<br />
<strong>und</strong> soziale Teilhabe älterer Menschen nach Krankenhausaufenthalt nachhaltig zu<br />
verbessern, Selbstständigkeit <strong>und</strong> eigenständige Lebensführung zu fördern <strong>und</strong><br />
Rehospitalisierungen zu reduzieren. Die wissenschaftliche Evaluation könnte neue<br />
Erkenntnisse zum Hilfebedarf älterer Menschen <strong>und</strong> Determinanten für den Erfolg der<br />
Maßnahme hervorbringen, um zukünftige Ges<strong>und</strong>heitsförderungsprogramme für ältere<br />
Menschen noch zielgruppenspezifischer auszurichten. Literatur: bei den Autoren<br />
Poster 3. Barrieren in der Dekubitusprophylaxe:<br />
Ist die Risikoeinschätzung der richtige Fokus?<br />
K. Balzer, Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Patienten in der Traumatologie haben oft ein erhöhtes Dekubitusrisiko1,2, jedoch nur<br />
knapp 60 % der Betroffenen erhalten adäquate Prävention1. Zur Verbesserung der<br />
Versorgung ist es wichtig, die Gründe für die unzureichende Prävention zu kennen.<br />
Ziel<br />
Es sollen förderliche <strong>und</strong> hinderliche Faktoren für die adäquate Dekubitusprävention<br />
identifiziert werden. Im Zentrum stehen die Risikoeinschätzung <strong>und</strong> die konsekutive<br />
Entscheidungsfindung.<br />
Methodisches Vorgehen<br />
Die Studie verfolgt ein „mixed methods“-Design. Im Anschluss an eine kontrollierte<br />
Studie zu den Effekten der skalengestützten Risikoeinschätzung auf die<br />
Dekubitusprophylaxe in zwei traumatologischen Stationen wird eine qualitative Studie<br />
mit <strong>Pflege</strong>kräften der beiden Stationen durchgeführt. Die Daten werden durch<br />
semistrukturierte, leitfadengestützte Interviews erhoben. Ausgangspunkt sind jeweils<br />
validierte Fallvignetten. Es werden ≥8 Interviews („purposive sample“) pro Station<br />
geführt <strong>und</strong> inhaltsanalytisch ausgewertet. Parallel erfolgt eine Sek<strong>und</strong>äranalyse der<br />
Daten (n=571) aus der quasi-experimentellen Studie, um zu prüfen, welche<br />
Patientenfaktoren mit der Einstufung als „dekubitusgefährdet“ <strong>und</strong> dem Einsatz<br />
adäquater Präventionsmaßnahmen zusammenhängen. Diese Ergebnisse werden mit<br />
denen der qualitativen Studie kontrastiert.<br />
Stand der Studie<br />
Die Datenerhebung für die qualitative Studie wird im April 2011 abgeschlossen. Bisher<br />
sind 4 Interviews geführt. Die begleitende Analyse legt nahe, dass den <strong>Pflege</strong>nden die<br />
Dekubitusrisikofaktoren bekannt sind <strong>und</strong> die Risikoeinschätzung ihnen kaum<br />
Schwierigkeiten bereitet, auch ohne Skalennutzung. Im Ergebnis der Risikoeinschätzung<br />
dominiert die Maßnahmenkombination „aufmerksames Beobachten <strong>und</strong><br />
Information des Patienten“. Intensivere prophylaktische Maßnahmen scheinen aus<br />
pflegerischer Sicht trotz festgestellten Risikos oft nicht indiziert zu sein. Dieser<br />
vorläufige Bef<strong>und</strong> deckt sich mit ersten Ergebnissen des quantitativen Studienteils.<br />
Diskussion<br />
Ein Schwerpunkt der weiteren Interviews wird sein, Gründe für den klinisch teils<br />
unangemessen zögerlichen Einsatz präventiver Maßnahmen zu explorieren. Die<br />
Ergebnisse werden bei der Konferenz vorgestellt.<br />
37<br />
Poster 2. Türkisch Altern in Wien. Ein Statusbericht zur<br />
kultursensiblen <strong>Pflege</strong><br />
N. Altıntop, Kultur- <strong>und</strong> Sozialanthropologie, Universität Wien<br />
Die vorliegende Arbeit basierend auf der Gro<strong>und</strong>ed Theory befasst sich mit den<br />
Vorstellungen türkischsprechender MigrantInnen in Wien bezüglich ihres Alterns.<br />
Analysiert werden die Wünsche <strong>und</strong> Vorstellungen türkischsprechender<br />
MigrantInnen vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in Wien noch kaum vorhandenen<br />
interkulturellen Öffnung der Altenpflege. Mehrheitlich wird der Wunsch nach<br />
einem kultursensiblen Altenheim in Wien seitens türkischsprechender<br />
MigrantInnen als Alternative zum Altern in der Familie geäußert. Allerdings<br />
projizieren die MigrantInnen in diesen Wunsch nach einem kultursensiblen<br />
Altenheim ihre eigenen Bedürfnisse, da aufgr<strong>und</strong> der fehlenden spezifischen<br />
Angebote (wie z.B. auch auf muslimische bzw. türkische Patienten ausgerichtete<br />
Tageskliniken oder Heimhilfen) keine Erfahrungen gemacht werden konnten. Die<br />
Ablehnung österreichischer Altenheime ist wiederum durch das Fehlen<br />
kultursensibler Angebote begründet, wobei die Körperpflege, das Essen <strong>und</strong> die<br />
Sprache eine Hauptrolle spielen. Von zentraler Bedeutung ist die<br />
Kommunikation in der eigenen Muttersprache. Eine Minderheit der ersten<br />
Generation besteht darauf, im Alter in der Familie gepflegt zu werden <strong>und</strong> lehnt<br />
jede Art von Altenheim ab. Auffallend ist die Haltung der zweiten Generation, die<br />
Eltern im Alter bei sich pflegen zu wollen. Motiviert ist dies durch Achtung,<br />
Schuld, Verpflichtung <strong>und</strong> teilweise starkem Schamgefühl gegenüber der<br />
Gesellschaft. Schließlich ist zu erkennen, dass in manchen Fällen junge<br />
Türkinnen aus der Türkei durch Heirat zur <strong>Pflege</strong> älterer, oft dementer oder<br />
bettlägriger Familienmitglieder geholt werden. Dieser problematische Aspekt der<br />
Heiratsmigration ist nur schlecht zu quantifizieren, zeigt aber eine informelle<br />
Organisation familiärer <strong>Pflege</strong> auf. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen die<br />
dringende Notwendigkeit einer interkulturellen Öffnung der Altenpflege in Wien<br />
auf.<br />
Poster 4. Strategien <strong>und</strong> Barrieren zur Implementierung<br />
des Resident Assessment Instruments (RAI-NH) - Ein<br />
Vergleich zwischen Deutschland <strong>und</strong> Schweiz<br />
C. Becker (1), A. Behncke (1), M. Hoben (2), Y. Selinger, K.(1)<br />
Targan (1); (1) Institut für Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>wissenschaft,<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, (2) NAR Heidelberg<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
In der Schweiz sind <strong>Pflege</strong>einrichtungen gesetzlich verpflichtet, mittels<br />
standardisierten Assessments den <strong>Pflege</strong>bedarf eines Bewohners<br />
einzuschätzen. Mehr als 400 stationäre <strong>Pflege</strong>einrichtungen nutzen das RAI als<br />
Instrument zur <strong>Pflege</strong>bedarfsermittlung <strong>und</strong> Finanzierung von <strong>Pflege</strong>leistungen<br />
sowie zur Qualitätssteuerung <strong>und</strong> -entwicklung. In Deutschland wird der<br />
<strong>Pflege</strong>bedarf eines Bewohners im Rahmen der Finanzierung vom MDK mit<br />
einem eigenentwickelten Instrument erhoben <strong>und</strong> zusätzlich durch die<br />
<strong>Pflege</strong>nden im Rahmen der <strong>Pflege</strong>planung. In der BMBF-geförderten RCT zur<br />
Implementierung des RAI in Deutschland wurde geprüft, ob die <strong>Pflege</strong>qualität<br />
durch die Implementierung des RAI in deutschen <strong>Pflege</strong>einrichtungen erhöht<br />
werden kann. In diesem Kontext wurden die Implementierungsmöglichkeiten <strong>und</strong><br />
Barrieren in Deutschland kontrastierend zur Schweiz bewertet.<br />
Methode<br />
Um verschiedene Faktoren hinsichtlich des Implementierungsprozesses<br />
beurteilen zu können, wurden in der Schweiz (N=5) <strong>und</strong> in Deutschland (N=8)<br />
problemzentrierte qualitative Interviews mit leitenden/verantwortlichen<br />
Mitarbeitern im RAI-Prozess geführt, diese transkribiert <strong>und</strong> nach der Methode<br />
der Gro<strong>und</strong>ed Theory von Corbin <strong>und</strong> Strauss analysiert. Des Weiteren wurden<br />
in den Projekteinrichtungen <strong>Pflege</strong>nde, die mit dem RAI arbeiten (N=18), zur<br />
Anwendung des RAI in der Praxis befragt.<br />
Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />
Die Datenanalyse hat gezeigt, dass bei der Implementierung von RAI in der<br />
Schweiz <strong>und</strong> Deutschland bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, um effektiv<br />
<strong>und</strong> effizient mit dem Assessment zu arbeiten. Die nötigen<br />
Rahmenbedingungen, wie ein strukturiertes Einrichtungskonzept zur<br />
Implementierung, Zeit <strong>und</strong> Unterstützung der <strong>Pflege</strong>nden müssen vorliegen.<br />
Positiv auf die Implementierung des RAI in der Schweiz wirkt sich die<br />
gesetzliche Vorgabe, mit einem standardisierten Instrument zu arbeiten, aus.<br />
Von zentraler Bedeutung für die Implementierung sind die Führungspersonen,<br />
die den Prozess mit einer positiven Einstellung steuern können. Des Weiteren<br />
spielt die Personalsituation <strong>und</strong> das Belastungsempfinden der <strong>Pflege</strong>kräfte eine<br />
entscheidende Rolle. Bei der Befragung der <strong>Pflege</strong>nden wurde deutlich, dass die<br />
Anwendung des RAI auch in Deutschland machbar ist, jedoch die dauerhafte<br />
Integration in den Berufsalltag unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine<br />
große Barriere darstellt. Vor allem ist eine Integration des RAI in die<br />
bestehenden Anforderungen der Qualitätsprüfungen des MDK notwendig.