3-Länderkonferenz Pflege und Pflegewissenschaft - Amiando
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Abstracts<br />
„Ich hab mich jetzt so abgef<strong>und</strong>en. Muss ich ja…“ -<br />
Das Leben psychisch kranker Menschen im Wohnheim<br />
N. Duveneck, Institut für Public Health <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>forschung, Universität<br />
Bremen<br />
Fragestellung:<br />
Trotz der Reformen des psychiatrischen Versorgungssystems lebt weiterhin ein<br />
Großteil chronisch psychisch kranker Menschen in stationären Einrichtungen. In weite<br />
Ferne gerückt erscheint das gemeindepsychiatrische Ziel, auch Menschen mit<br />
chronisch rezidivierenden psychischen Erkrankungen zu befähigen, selbstbestimmt <strong>und</strong><br />
normal im eigenen Lebensfeld zurechtzukommen. Im Bereich der <strong>Pflege</strong>forschung ist<br />
die Situation psychisch kranker Menschen bislang relativ dethematisiert, in anderen<br />
Disziplinen wird sie wenig aktuell <strong>und</strong> dürftig behandelt, obendrein zumeist<br />
ausschließlich unter standardisierten Kriterien zur Lebensqualität. Mit Fokus auf die<br />
subjektive Sicht der Bewohner hat die Studie zum Ziel, die Einflüsse bzw.<br />
Einschränkungen, mit denen psychisch kranke Menschen in einem Wohnheim leben,<br />
sowie die Auswirkungen der institutionellen Lebensbedingungen auf die Persönlichkeit<br />
sowohl theoretisch als auch empirisch herauszuarbeiten <strong>und</strong> die pflegerischen Bedarfe<br />
<strong>und</strong> Bedürfnisse psychisch kranker Menschen in stationären Wohneinrichtungen zu<br />
identifizieren.<br />
Methoden:<br />
Die explorative Studie basiert auf fünf leitfadengestützten Interviews mit psychisch<br />
kranken Bewohnern eines Wohnheims, die inhaltsanalytisch mittels Qualitativer<br />
Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet wurden.<br />
Ergebnisse:<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass das Leben der Bewohner durch die Unterbringung in<br />
einem Wohnheim entscheidend geprägt wird. Die Institution als Ort pflegerischer<br />
Versorgung von psychisch kranken Menschen ist durch ein hohes Maß an<br />
Fremdbestimmung gekennzeichnet. In zahlreichen Bereichen unterliegt das Leben der<br />
Interviewten erheblichen Restriktionen. Die Fremdbestimmung führt bei den Bewohnern<br />
zum Abbau von Fähigkeiten zur autonomen Lebensführung <strong>und</strong> zu Problemen beim<br />
Entwurf einer eigenständigen biographischen Konstruktion. Nach Einschätzung der<br />
Bewohner tragen die <strong>Pflege</strong>nden die fremdbestimmenden, institutionellen Strukturen<br />
mit <strong>und</strong> werden als nicht Autonomie fördernd wahrgenommen.<br />
Schlussfolgerung:<br />
Die <strong>Pflege</strong>nden unterliegen ebenso wie die Bewohner den institutionellen Bedingungen<br />
des Wohnheims; ihre Funktion im System Heim ist ihnen unbekannt. Zur Entwicklung<br />
professioneller pflegerischer Handlungskompetenz lassen sich die Befähigung zu<br />
verständigungsorientierter Interaktion mit den Bewohnern <strong>und</strong> zur Reflexion der Macht-<br />
<strong>und</strong> Abhängigkeitsstrukturen im Heim als zentrale Ausbildungsziele bestimmen, um die<br />
Autonomie der Bewohner besser zu fördern.<br />
Wirksamkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit vom Entlassungsmanagement<br />
M. Klassen, Department für Soziale Arbeit, Unternehmerische Hochschule<br />
Management Center Innsbruck<br />
In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung des<br />
Projektes Case <strong>und</strong> Caremanagement Tennengau vorgestellt, welches vom Ges<strong>und</strong>heitzsnetzwerk.at<br />
getragen wurde <strong>und</strong> insbesondere das Entlassungsmanagement<br />
(EM) im Krankenhaus Hallein fokussierte<br />
Die wichtigen forschungsrelevanten Projektziele des o.a. Projektes waren:<br />
1. Senkung der Wiederaufnameraten nach dem EM,<br />
2. Senkung der Verweildauer nach dem EM,<br />
3. Evaluierung der Kostenentwicklung im extramuralen Bereich nach dem EM.<br />
Die Erreichung der Projektziele wurde auf den drei folgenden Untersuchungsebenen<br />
quantitativ überprüft:<br />
1. deskriptive Datenauswertung der EM-Dokumentation,<br />
2. Versuchs-Kontrollgruppen-Stichprobe,<br />
3. Pre-Post-Messung der EM-PatientInnen mit den Daten der österreichischen<br />
Sozialversicherung.<br />
Die wesentlichen Ergebnisse dieser Untersuchung waren:<br />
1. Senkung der Wiederaufnahmeraten<br />
In der Pre-Post-Messung konnte bei der untersuchten Subgruppe u.a. festgestellt<br />
werden, dass die Anzahl der KH-Aufenthalte drei Monate nach dem<br />
Entlassungsmanagement niedriger war als drei Monate davor: 238 KH-Aufenthalte drei<br />
Monate vor EM vs. 196 drei Monate danach. Die Wiederaufnahmeraten konnten somit<br />
insgesamt <strong>und</strong> bei allen Altersgruppen nach Intervention durch das EM gesenkt<br />
werden.<br />
2. Senkung der Verweildauer<br />
Im Pre-Post-Vergleich konnte weiterhin festgestellt werden, dass 2310 Belagstagen drei<br />
Monate vor dem EM 2079 Belagstage drei Monate danach gegenüber standen. Die<br />
Verweildauer sank somit insgesamt. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die<br />
Verweildauer in der Altersgruppe der über 80-jährigen <strong>und</strong> der unter 70-jährigen<br />
PatientInnen im 3-Monats-Pre-Post-Vergleich insgesamt zurückgeht. Die Ausnahme<br />
bilden die von 70- bis 80-Jährigen.<br />
3. Kostenentwicklung im extramuralen Bereich<br />
In Bezug auf die extramuralen Effekte wurde evident, dass insbesondere im 3-Monats-<br />
Pre-Post-Vergleich bei allen Altersgruppen nach dem EM sowohl die Anzahl der<br />
erbrachten Leistungen durch niedergelassene Ärzte als auch die Gesamtkosten dieser<br />
Leistungen zurückgehen. Beim Medikamentengebrauch konnten solche Effekte nicht<br />
festgestellt werden.<br />
Im Gesamtergebnis der vorliegenden Untersuchung konnte festgehalten werden, dass<br />
das Entlassungsmanagement im KH Hallein wirksam <strong>und</strong> wirtschaftlich ist.<br />
27<br />
ENP (European Nursing care Pathways) <strong>und</strong> dessen<br />
Anwendung in der extramuralen <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> Betreuung<br />
am Beispiel der Wiener Sozialdienste<br />
R. Kraus (1), S. Berger (2), (1) Alten- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>dienste GmbH,<br />
Wiener Sozialdienste, (2) ENP® Development and Research,<br />
RECOM GmbH & Co. KG,<br />
ENP (European Nursing care Pathways) ist ein <strong>Pflege</strong>klassifikationssystem, das<br />
<strong>Pflege</strong>diagnosen in Form von Praxisleitlinien fachlich mit <strong>Pflege</strong>zielen <strong>und</strong><br />
<strong>Pflege</strong>maßnahmen verbindet. ENP wird seit 1989 unter wissenschaftlichen<br />
Methoden entwickelt <strong>und</strong> von <strong>Pflege</strong>nden in Europa sowohl in der stationären<br />
Akut- <strong>und</strong> Langezeitversorgung als auch im mobilen Bereich angewendet.<br />
Die Wiener Sozialdienste haben sich für die Nutzung dieser <strong>Pflege</strong>fachsprache<br />
im elektronischen Dokumentationssystem RECOM-GriPS® entschieden. Die<br />
Software wurde gemeinsam mit der Firma ilogs <strong>und</strong> deren Lösung für den<br />
administrativen Arbeitsprozess zu der neuen, integrierten Software MOCCA<br />
zusammengefasst.<br />
In der Vorbereitung zur Einführung der elektronischen <strong>Pflege</strong>dokumentation<br />
wurden in Zusammenarbeit mit mobilen Diensten Anpassungs- <strong>und</strong><br />
Ergänzungsarbeiten sowohl in der Programmführung als auch im<br />
terminologischen Bereich bei der itemgestützten <strong>Pflege</strong>anamnese, den<br />
Assessmentinstrumenten <strong>und</strong> ENP vorgenommen, um das Programm für den<br />
mobilen Einsatzbereich zu optimieren.<br />
Im Vortrag werden neben diesen Arbeiten die strukturellen Merkmale, die Ziele<br />
<strong>und</strong> Möglichkeiten von ENP erläutert. Die für die Einführung notwendigen<br />
strukturellen Voraussetzungen der Organisation sowie die Erfahrungen, welche<br />
während der Implementierung bei den Wiener Sozialdiensten gesammelt<br />
wurden, sollen ebenso Thema sein als auch die Erwartungen hinsichtlich<br />
Qualitätsverbesserung in der extramuralen <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> Betreuung.<br />
Nutzerorientierte Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Prävention<br />
in der stationären Langzeitversorgung aus der Sicht von<br />
Experten<br />
A. Horn, D. Schaeffer, Fakultät für Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften, AG 6<br />
Versorgungsforschung/<strong>Pflege</strong>wissenschaft, Universität Bielefeld<br />
Problemstellung<br />
Das Thema „Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Prävention in der stationären<br />
Langzeitversorgung“ wurde im deutschen Sprachraum bisher wenig beachtet<br />
<strong>und</strong> bearbeitet, obwohl es im Hinblick auf den demografischen Wandel<br />
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im Rahmen eines auf sieben Jahre<br />
angelegten Projektes der Universität Bielefeld <strong>und</strong> dem LBIHPR in Wien wurde<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage einer Literatur- <strong>und</strong> Strukturanalyse deutlich, dass die<br />
Übertragbarkeit von ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Strategien in das Praxisfeld<br />
„stationäre Langzeitversorgung“ (LTC) in Deutschland ausgeschlossen ist, ohne<br />
zuvor in der Praxis die Bedeutung, vorhandene Bedingungen <strong>und</strong> den<br />
Umsetzungs- bzw. Entwicklungsstand von Ges<strong>und</strong>heitsförderung in der<br />
stationären Altenhilfe zu analysieren.<br />
Untersuchungsmethode<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurden Experteninterviews mit professionellen Akteuren aus<br />
der stationären pflegerischen Langzeitversorgung durchgeführt. In den Interviews<br />
wurde der Frage nachgegangen, wie die Experten die aktuelle Lage einschätzen,<br />
welchen Stellenwert sie Maßnahmen zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung beimessen <strong>und</strong><br />
mit welchen Implementationsbedingungen <strong>und</strong> -hürden aus ihrer Sicht bei der<br />
Umsetzung von Ges<strong>und</strong>heitsförderung in diesem Setting zu rechnen ist. Die<br />
Interviews wurden, wie von Meuser <strong>und</strong> Nagel (2002) empfohlen, ausgewertet.<br />
Die Ergebnisse dieser Auswertung sind Gegenstand des Vortrags.<br />
Diskussion der Ergebnisse<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass aus Sicht der Experten der Bedarf an<br />
nutzerorientierter Ges<strong>und</strong>heitsförderung in diesem Setting als hoch eingeschätzt<br />
wird. In Kontrast dazu steht jedoch, dass die Einrichtungen einem Wandel<br />
unterliegen, mit dem sie strukturell, konzeptionell <strong>und</strong> personell bzw.<br />
qualifikatorisch nicht Schritt halten können <strong>und</strong> der sehr weitreichende<br />
Auswirkungen hat. Die Lösung der sich daraus entwickelnden Probleme stellt<br />
aus Expertensicht eine wichtigere Rolle dar als Fragen der Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
<strong>und</strong> Prävention. Den Experten zufolge gewinnt jedoch<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung auf der Ebene der Mitarbeiterges<strong>und</strong>heit an Stellenwert.<br />
Nutzerorientierte Ges<strong>und</strong>heitsförderung ist hingegen ein noch relativ<br />
unvertrautes Thema. Das zeigt sich nicht nur an begrifflichen Unklarheiten<br />
sondern auch in der Unsicherheit, wie Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Prävention<br />
konzeptionell zu fassen sind <strong>und</strong> wie sie sich von Qualitätsbemühungen <strong>und</strong><br />
„guter aktivierender <strong>Pflege</strong>“ unterscheiden. Vorstellungen über das wie <strong>und</strong> was<br />
von Ges<strong>und</strong>heitsförderung sind unklar <strong>und</strong> zeichnen sich durch konzeptionelle<br />
Vagheit aus.