3-Länderkonferenz Pflege und Pflegewissenschaft - Amiando
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Abstracts<br />
„Es geht mir gut, wenn es ihm gut geht“ – Das Erleben der<br />
pflegenden Angehörigen von Schädel-Hirn-Trauma-PatientInnen<br />
Herta Plöderl, Institut für <strong>Pflege</strong>wissenschaften, Universität Wien<br />
Menschen im Wachkoma, oder in einem Folgezustand nach einem schweren Schädel-<br />
Hirn-Trauma, stellen für <strong>Pflege</strong>nde <strong>und</strong> Betreuende, eine besondere Herausforderung<br />
dar. Eine Herausforderung auch für die Gesellschaft, da diese Menschen für lange Zeit<br />
versorgt <strong>und</strong> betreut werden müssen <strong>und</strong> diese Betreuung sehr kosten- <strong>und</strong><br />
personalintensiv ist. Mehr als die Hälfte der Betroffenen werden in häuslicher<br />
Umgebung versorgt <strong>und</strong> gepflegt. In qualitativen Interviews wurden für diese Arbeit das<br />
Erleben der <strong>Pflege</strong>situation, die Motive der Angehörigen für die Übernahme der <strong>Pflege</strong>,<br />
auf welche Weise sie Unterstützung in Anspruch nahmen erhoben, sowie die<br />
Änderungen die sich im Leben der pflegenden Angehörigen dadurch ergeben haben.<br />
Die Datenauswertung erfolgte durch die Zusammenfassende Qualitative Inhaltsanalyse<br />
nach Philipp Mayring (Mayring, 2007). Die Betroffenen eines Schädel-Hirn-Traumas<br />
sind häufig sehr jung. Daher ist die Dauer der <strong>Pflege</strong>tätigkeit schwer einschätzbar <strong>und</strong><br />
kann über viele Jahre <strong>und</strong> Jahrzehnte andauern. Eine Besonderheit stellt der Umstand<br />
dar, dass es auch viele Jahre nach der Verletzung noch zu Verbesserungen des<br />
Zustandes kommen kann.<br />
Als Ergebnis kann gesagt werden, dass die pflegenden Angehörigen alle eine<br />
dauerhafte Veränderung ihrer Lebenssituation erfuhren. Die Verletzungen <strong>und</strong> die<br />
daraus resultierenden Beeinträchtigungen eines nahen Angehörigen <strong>und</strong> die<br />
Übernahme der <strong>Pflege</strong> bewirkten eine völlig neue Lebenssituation für die <strong>Pflege</strong>nden.<br />
Sie gaben zum Teil den Beruf auf, es veränderte ihre soziale Situation, den<br />
Fre<strong>und</strong>eskreis, die finanzielle Lebensplanung <strong>und</strong> die Zukunft.<br />
Angehörige die es schafften mit diesen schwierigen Situationen umzugehen, sich<br />
Entlastungen zu organisieren <strong>und</strong> soziale Kontakte aufrecht erhielten, kamen mit den<br />
Belastungen am besten zurecht.<br />
Die ersten zwei Jahre nach Übernahme der <strong>Pflege</strong>tätigkeit erwiesen sich für die<br />
Angehörigen als die schwierigste Zeit. Sie mussten lernen mit dem Verlust der<br />
Ges<strong>und</strong>heit des Betroffenen zu leben, Einschränkungen finanzieller <strong>und</strong> sozialer Art<br />
verkraften <strong>und</strong> mit verschiedenen schwierigen Situationen im Alltag der <strong>Pflege</strong> fertig zu<br />
werden.<br />
Unterstützung bekommen die pflegenden Angehörigen vor allem von weiteren<br />
Familienmitgliedern, aber auch durch Mobile Dienste, ÄrztInnen <strong>und</strong> TherapeutInnen.<br />
Verbesserungen würden sich die pflegenden Angehörigen vor allem in finanzieller<br />
Hinsicht wünschen, sowie Erleichterungen bei bürokratischen Abläufen.<br />
Analyse ehrenamtlicher Tätigkeiten zur Entlastung pflegender<br />
Angehöriger: eine Mixed Methods Studie<br />
A. Fringer (1), W. Schnepp (2), (1) Institut für Angewandte <strong>Pflege</strong>wissenschaft<br />
der FHS St. Gallen, (2) Department für <strong>Pflege</strong>wissenschaft,<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Einleitung<br />
Zunehmend entwickelt sich die Freiwilligenhilfe zu einem wichtigen Partner in der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsversorgung. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des zunehmenden <strong>Pflege</strong>notstands<br />
schließen sie in nahezu allen Bereich der Ges<strong>und</strong>heitsversorgung Lücken. Vonseiten<br />
der professionellen <strong>Pflege</strong> wird diese Entwicklung mit Sorge verfolgt. Die Befürworter<br />
von Freiwilligeninitiativen betonen stets, dass es nicht um eine Übernahme<br />
pflegerischer Tätigkeit geht, sondern um eine Ergänzung.<br />
Ziel dieser Untersuchung war es, die Tätigkeiten von freiwilligen Helfern in der<br />
häuslichen Entlastung pflegender Angehöriger zu untersuchen. Dabei war folgende<br />
Fragestellung zielführend: Welche Tätigkeiten werden wie häufig durchgeführt <strong>und</strong><br />
welche Bedeutung haben diese aus Sicht der freiwilligen Helfer?<br />
Methodik<br />
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde ein sequenzielles Mixed Methods Design<br />
gewählt. In einem ersten Schritt wurde eine Dokumentationsanalyse aller<br />
Verrichtungsprotokolle eines Modellprojekts zur Entlastung pflegender Angehöriger<br />
durchgeführt, die bei n=80 Leistungsnehmern von freiwilligen Helfern protokolliert<br />
wurden. Der vollständige Datensatz wurde mit der Statistiksoftware SPSS deskriptiv<br />
analysiert.<br />
Anschließend wurde mit n=16 freiwilligen Helfern qualitative Interviews teils in Gruppen-<br />
als auch in Einzelinterviews durchgeführt. Die Interviews wurden transkribiert <strong>und</strong> mit<br />
der Software MAXqda2010 im Stil der Gro<strong>und</strong>ed Theory offen <strong>und</strong> axial ausgewertet.<br />
Ethische Standards fanden in der Untersuchung stets Berücksichtigung.<br />
Ergebnis<br />
Die Analyse der Verrichtungsprotokolle ergab, dass bei den n=80 Leistungsnehmern<br />
insgesamt n=5817 einzelne Tätigkeiten dokumentiert wurden, die sich auf 12 Items<br />
verteilen lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere kommunikative,<br />
unterstützende <strong>und</strong> vertretende Tätigkeiten dokumentiert wurden. Die qualitativen<br />
Ergebnisse beleuchten die Verrichtungen in ihrer Tiefe, so wird beispielsweise deutlich,<br />
dass „Gespräche führen“ in erster Linie Zuhören bedeutet <strong>und</strong> hierzu eine passive<br />
Haltung eingenommen werden muss.<br />
Diskussion<br />
Die Studie zeigt, dass die Freiwilligen eine wertvolle Ergänzung neben den Leistungen<br />
der professionellen darstellen können, jedoch eine Trennung von pflegerischen<br />
Tätigkeiten gegenüber unterstützenden <strong>und</strong> begleitenden Verrichtungen nicht möglich<br />
ist. Insgesamt stellen die Tätigkeiten eine grosse Herausforderung für die Freiwilligen<br />
dar.<br />
33<br />
Outcomes im pflegerisch-psychiatrischen Case Management:<br />
ein systematischer Review<br />
U. Lindwedel-Reime, T. Beer (1), J. Keogh (2), (1) Katharinenstift<br />
Wiesbaden, (2) Hochschule Fulda<br />
Wir führten eine systematische Übersichtarbeit über die Outcomes in Studien<br />
zum pflegerisch-psychiatrischen Case Management durch. Dafür wurden<br />
Studien, der letzten zwölf Jahre, systematisch ausgewertet. Nach Festlegung<br />
der Ein- <strong>und</strong> Ausschlusskriterien konnten mit Hilfe einer Literaturrecherche in<br />
elektronischen Datenbanken 16 randomisierte kontrollierte Studien mit<br />
psychiatrischen Klienten identifiziert werden. Die Mehrzahl der Studien<br />
untersuchte Assertive Community Treatment <strong>und</strong> Intensive Case Management.<br />
Nur drei Studien erhoben andere Case Management Arten. Zahlreiche<br />
Outcomes konnten identifiziert werden, wobei die Lebensqualität, die<br />
Einweisungsrate <strong>und</strong> Verweildauer, erfüllte <strong>und</strong> unerfüllte Bedürfnisse der<br />
Klienten, die Klientenzufriedenheit <strong>und</strong> soziale Netzwerke am häufigsten<br />
untersucht wurden. Die Effekte von Case Management auf die verschiedenen<br />
Outcomes wurden uneinheitlich bewertet. Keines der Outcomes konnte<br />
durchgängig in allen Studien durch Case Management positiv oder negativ<br />
beeinflusst werden. Vielmehr liegen zu allen Outcomes kontroverse Ergebnisse<br />
vor. Wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der einzelnen Studien bezogen auf<br />
die Operationalisierung der Outcomes, die Stichprobe, den<br />
Beobachtungszeitraums <strong>und</strong> die Auswertungsverfahren sind weitergehende<br />
Studien dringend angeraten.<br />
Einfluss von Harninkontinenz auf Sexualität <strong>und</strong><br />
Partnerschaft<br />
D. Hayder, Bielefeld<br />
Studien zur Thematik Harninkontinenz konzentrieren sich häufig auf<br />
physiologische Faktoren. Sensible <strong>und</strong> komplexe Fragen, z. B. hinsichtlich der<br />
Auswirkungen der Inkontinenz auf intime Beziehungen <strong>und</strong> Sexualität der<br />
Betroffenen, sind in Studien, Publikationen <strong>und</strong> Diskussionen unterrepräsentiert.<br />
In einer qualitativen Studie, angelehnt an die Methode der Gro<strong>und</strong>ed Theory,<br />
wurde das Alltagserleben von Personen mit Harninkontinenz untersucht. Mit 32<br />
Personen konnten problemzentrierte Interviews geführt werden. Es handelte sich<br />
um 22 Frauen <strong>und</strong> 10 Männer, im Alter zwischen 38 <strong>und</strong> 83 Jahren, mit<br />
unterschiedlicher Dauer <strong>und</strong> Schwere der Inkontinenz.<br />
Harninkontinenz verursacht Veränderungen in der Sexualität der Betroffenen. Sie<br />
erleben einen (teilweisen) Verlust ihrer männlichen bzw. weiblichen <strong>und</strong> somit<br />
ihrer sozialen Identität. Die daraus resultierenden Beeinträchtigungen der<br />
sexuellen Attraktivität wie Aktivität führen zu Irritationen in bestehenden<br />
Partnerschaften. Nicht alle Paare können Strategien entwickeln, um trotz<br />
Inkontinenz ein erfülltes Miteinander zu genießen. Kommt es zu einer Trennung,<br />
die von Betroffenen als verletzend wahrgenommen <strong>und</strong> von Gefühlen der<br />
Hoffnungslosigkeit begleitet wird, hat diese Auswirkungen auf künftige<br />
partnerschaftliche <strong>und</strong> sexuelle Entwicklungen.<br />
Die in diesem Zusammenhang auftretende Scham <strong>und</strong> Sprachlosigkeit betrifft<br />
jedoch nicht nur die Personen die an Inkontinenz leiden oder ihre Partner,<br />
sondern auch professionelle Ges<strong>und</strong>heitsdienstleister. Diejenigen Betroffenen,<br />
die nach Unterstützung suchen, finden sie kaum. <strong>Pflege</strong>kräfte werden selten als<br />
beratend wahrgenommen, doch gerade sie könnten innerhalb einer<br />
interdisziplinären Kontinenzberatung zu Ansprechpartnern für Betroffene <strong>und</strong><br />
Paare werden. Dazu ist es jedoch nötig, das Wissen <strong>und</strong> die Fähigkeiten der<br />
professionell <strong>Pflege</strong>nden neben der Thematik Inkontinenz um Theorien der<br />
Beratung, des Geschlechts, der Sexualität oder des Alters zu erweitern. Studien<br />
zeigen, dass geschulte <strong>Pflege</strong>nde die sich im Themenfeld sicher fühlen, eine<br />
deutlich höhere Bereitschaft zeigen, die Patienten aktiv anzusprechen <strong>und</strong> zu<br />
beraten.