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HUK 333 November 2020

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Fotoreportage<br />

„Die ganzen<br />

Erzählungen<br />

waren immer<br />

überhöht.“<br />

Maslov macht es für die Betrachter*innen<br />

spannend: Sofort steht die<br />

Frage im Raum, aus welchem Land die<br />

Veteran*innen stammen. Wie ist ihr<br />

kultureller Hintergrund, wie ihre soziale<br />

Stellung? Und wie werden diese älteren<br />

Menschen, Täter oder Opfer, mit<br />

ihren oft traumatischen Kriegserfahrungen<br />

von der Gesellschaft, in der sie<br />

leben, behandelt? Nichts an den Bildern<br />

ist inszeniert. Maslov hat seine<br />

Protagonist*innen auch nie darum gebeten,<br />

ihre alte Uniform aus dem<br />

Schrank zu holen. „Die Leute sind<br />

selbst auf die Idee gekommen“, sagt er.<br />

Am Anfang seines Projektes plante<br />

Sasha Maslov, fünf oder sechs der am<br />

stärksten in den Zweiten Weltkrieg verwickelten<br />

Länder zu besuchen. Doch<br />

immer mehr Menschen wurden auf seine<br />

Arbeit aufmerksam und meldeten<br />

sich bei ihm, sogar Veteranenorganisationen<br />

empfahlen ihm Gesprächspartner*innen.<br />

Am Ende bereiste der Fotograf 23<br />

Länder. Immer auf eigene Kosten. Und<br />

trotz aller Empfehlungen musste er teilweise<br />

dicke Bretter bohren, auch weil in<br />

fernen Ländern manchmal ungewohn­<br />

UKRAINE: Dmytro Verholjak, Jahrgang 1928, schloss sich schon als Teenager der ukrainischen Aufstandsarmee<br />

an, um gegen die russischen „Befreier“ zu kämpfen. Im Wald wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei aufgespürt und<br />

verwundet. Er konnte entkommen, aber um die Wunde kümmerte sich niemand. „Als eine Krankenschwester den Verband abnahm,<br />

wimmelte es darunter vor Insekten. Danach wurden wir darin ausgebildet, uns gegenseitig zu behandeln. Auch nach Kriegsende<br />

kämpften wir weiter gegen die Sowjets. Sie waren genauso schlimm wie die Deutschen, wenn nicht schlimmer.“ 1952 wurde Verholjak<br />

verraten und verhaftet. „Erst 1980 kam ich in die Ukraine zurück.“ Aber er blieb unter Arrest: Er durfte sein Dorf nicht verlassen und<br />

nach 22 Uhr nicht mal vor die Tür. Erst die Unabhängigkeit des Landes 1991 brachte ihm echte Freiheit – und eine kleine Rente. •<br />

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