HUK 333 November 2020
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Fotoreportage<br />
ENGLAND: Sidney Owen Kendrick wurde 1917 geboren. Als der Krieg ausbrach, beschloss er,<br />
zu den Royal Marines zu gehen. Gleich zu Beginn war er an der Besetzung Islands beteiligt. „Wir konnten die<br />
Insel kontrollieren, und wenn wir das nicht getan hätten, dann hätten die Nordatlantikkonvois, die Lebensmittel<br />
und Munition aus Amerika und Kanada brachten, nicht funktionieren können. Die Menschen in England<br />
wären also wahrscheinlich verhungert.“ Ende 1940 lag sein Bataillon in Freetown vor Anker, bereit für einen<br />
möglichen Angriff auf die Kapverdischen Inseln. Sein Vater war in der Handelsmarine und „ich erkannte sein<br />
Schiff beim Einlaufen in den Hafen“. Welch Überraschung! „Beim Abschied stand er an Deck und winkte mir<br />
zu. Das war das letzte Mal, dass ich ihn sah. Sein Schiff wurde kurz vor Irland von deutschen Flugzeugen<br />
bombardiert.“ Später wurde der Major Ausbilder, „wie man navigiert und wie man Truppen an Land bringt. Viele<br />
Leute, die ich ausgebildet habe, waren beim D-Day. Einige wurden getötet, andere kehrten zurück.“<br />
•<br />
Hals“. Denn: „Mir wurde klar, dass meine<br />
Interviews für manche eine Art letzte<br />
Chance waren, etwas zu erzählen. Was<br />
sie erst jetzt, in der letzten Phase ihres<br />
Lebens, teilen können oder wollen.“<br />
Es gab lustige, es gab traurige Gespräche<br />
und eine Menge dazwischen.<br />
Viele Geschichten ähnelten sich. „Und<br />
manche Leute habe ich irgendwie …<br />
verachtet für das, was sie getan haben“,<br />
sagt der Fotograf.<br />
Doch Sasha Maslov hebt nicht den<br />
Zeigefinger. Ihm ging es nicht um Täter*<br />
innen oder Opfer, um Schuld oder<br />
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Unschuld oder darum, Menschen für<br />
ihre Vergangenheit zu feiern oder zu<br />
verurteilen. Kamen Emotionen hoch,<br />
konnte er sich hinter seiner Kamera<br />
verstecken. •<br />
Kontakt: annette.woywode@hinzundkunzt.de