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HUK 333 November 2020

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Kunzt&Kult<br />

„Die Hosen waren<br />

unser Vorprogramm“<br />

Einst rockte sie zusammen mit den Toten Hosen und Fehlfarben durch das Rheinland.<br />

Anschließend ließ sich Martina Weith auf St. Pauli nieder. 40 Jahre später zieht es<br />

die Musikerin mit ihrer Frauen-Punkband Östro 430 zurück auf die Bühnen der Republik.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTOS: ANDREAS HORNOFF, PRIVAT/TAPETE RECORDS<br />

A<br />

ls Ende der 1970er-Jahre<br />

die Punkwelle aus Großbritannien<br />

und Amerika<br />

rüberschwappte, war<br />

Martina Weith mittendrin.<br />

Östro 430 hieß ihre Band – die<br />

vermutlich erste reine Frauen-Punkband<br />

Deutschlands. „Die Hosen waren<br />

unser Vorprogramm“, erinnert sich die<br />

60-Jährige an ihren ersten Auftritt und<br />

schmunzelt. Das war im Mai 1980. Die<br />

Toten Hosen hießen noch ZK, Campino<br />

und Kuddel waren nicht einmal<br />

volljährig und deswegen auf Mitfahrgelegenheiten<br />

bei älteren Punkern<br />

an ge wiesen.<br />

An deren Auftritt erinnert sich<br />

Campino noch gut: „Vier junge Frauen<br />

standen auf der Bühne und ballerten<br />

einfach los“, schreibt er auf der Homepage<br />

des Hamburger Plattenlabels<br />

Tapete Records. Das hat im Frühjahr<br />

alte Östro-430-Songs neu auf Vinyl gepresst.<br />

Ein Re-Release, zu dem die Idee<br />

vor ein paar Jahren backstage bei<br />

den Fehlfarben aufkam. Dass aus der<br />

Schnapsidee mal Ernst werden würde,<br />

hätte sie damals nicht geglaubt, sagt<br />

Weith.<br />

Seit ein paar Monaten hängt sich<br />

Weith nun also wieder das Saxofon um<br />

den Hals, greift nach dem Mikrofon<br />

und singt wie früher von „Randale und<br />

Bier“ und dem „quietschenden Bett“.<br />

Bislang allerdings im Proberaum.<br />

Ihr Bühnen-Comeback<br />

wurde durch Corona ausgebremst,<br />

ansonsten hätten sie<br />

Pfingsten ein großes Wiedersehen<br />

im Düsseldorfer Haus der<br />

Jugend mit Male, den Toten<br />

Hosen und Fehlfarben gefeiert.<br />

Sie alle stammen wie Östro<br />

430 aus Düsseldorf. Hausbesetzungen,<br />

Punk und ein<br />

bisschen Anarchie, das verbinden<br />

die meisten wohl eher mit<br />

der Hafenstraße und Berlin-<br />

Kreuzberg. Aber das musikalische<br />

Zentrum der Bewegung<br />

lag damals tatsächlich<br />

in Düsseldorf – im Ratinger<br />

Hof zwischen Altstadt und<br />

Kunstakademie, beliebter<br />

Treffpunkt auch für Künstler<br />

wie Jörg Immendorff, Christof<br />

Kohlhöfer oder auch Joseph<br />

Beuys. „In dieser Kneipe<br />

hatte praktisch jeder<br />

Gast eine Band. Das gehörte<br />

einfach zum guten Ton“,<br />

erinnert sich Martina Weith an<br />

ihre damalige Stammkneipe. „Wir haben<br />

da abgehangen und Bands, die wir<br />

gut fanden, spielen sehen.“<br />

Selbstverständlich griffen auch die<br />

Frauen zum Instrument. „Ich konnte<br />

nur Blockflöte und Akkordeon spielen,<br />

49<br />

Die vermutlich erste reine Frauen-<br />

Punkband Deutschlands: oben<br />

Martina Weith, unten Bettina<br />

Flörchinger und rechts die erste<br />

Schlagzeugerin Marita Welling.

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