immobilia 2021/05 - SVIT
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BAU & HAUS<br />
INTERVIEW VOLTANORD-AREAL<br />
«WIR BAUEN ETWAS<br />
BESONDERES FÜR<br />
BASEL»<br />
Die Umgestaltung eines ehemaligen<br />
Industriegebietes am nördlichen<br />
Stadtrand von Basel schreitet zügig<br />
voran. Stadtplaner und Projektleiter<br />
Steven Cann erklärt, wie Basel-Stadt<br />
erfolgreich urbane Areal- und Quartierentwicklungen<br />
betreibt.<br />
TEXT—ANGELO ZOPPET-BETSCHART*<br />
Neben dem Bau- und Planungsgesetz gibt<br />
es im Kanton Basel-Stadt eine grössere<br />
Anzahl von Erlassen, die in begrenzten Gebieten<br />
bessere Bebauungen gewährleisten<br />
als die baurechtliche Grundordnung. Seit<br />
2001 bestehen diese speziellen Bauvorschriften<br />
unter dem Namen Bebauungspläne.<br />
Sie sollen die Koordination der Nutzungsplanung<br />
erleichtern. Wurden diese Sonder -<br />
bau vorschriften nicht zuletzt wegen der sehr<br />
begrenzten bebaubaren Flächen des<br />
Kantons geschaffen?<br />
Steven Cann: Die Weiterentwicklung von Basel<br />
läuft fast ausschliesslich über die Innenentwicklung.<br />
Arealentwicklungen bieten dabei oft Potenzial<br />
für eine bauliche Verdichtung. Wie viel Potenzial<br />
jeweils vorhanden ist, hängt primär vom<br />
städtebaulichen Kontext ab. Wir verlangen deshalb<br />
immer, dass ein städtebauliches oder architektonisches<br />
Varianzverfahren (vorgelegtes Verfahren wie<br />
Wettbewerbe oder Studienaufträge) durchzuführen<br />
ist. Falls die Ergebnisse des Varianzverfahrens<br />
nicht zonenkonform sind, erarbeiten wir einen Bebauungsplan.<br />
Wir machen mit Bebauungsplänen<br />
gute Erfahrungen. Insbesondere bei grösseren Entwicklungen<br />
konnten wir dafür sorgen, dass die<br />
Grundeigentümer auch öffentliche Interessen berücksichtigen,<br />
wie etwa das Schaffen von neuen öffentlichen<br />
Grünflächen.<br />
Bei Areal- und Quartierentwicklungen<br />
wendet Basel-Stadt in der Regel ein zweistufiges<br />
Verfahren für die Bebauungspläne<br />
an. So auch beim Projekt VoltaNord. Warum<br />
dieses Vorgehen und hat sich dieses Vorgehen<br />
bewährt?<br />
Zweistufige Verfahren kommen nur bei grösseren<br />
Transformationsgebieten zum Einsatz. Bei Transformationsgebieten<br />
ist der ganze Planungsprozess<br />
in der Regel ziemlich lang. Zweistufige Verfahren<br />
haben den Vorteil, dass wir in einem ersten Schritt<br />
die grundsätzlichen planerischen und politischen<br />
Fragen beantworten können, bevor wir in der<br />
zweiten Stufe ins Detail gehen. Dadurch spart man<br />
aufwendige und teure Ressourcen. Für Grundeigentümer<br />
und Anwohner bedeutet dies frühzeitige<br />
Planungssicherheit.<br />
Bereits 2012 führte man für die Gebiete<br />
Lysbüchel und VoltaNord eine Testplanung<br />
durch. Durch wen erfolgte dies und was<br />
war das Ergebnis dieser Testplanung?<br />
Die Testplanung entstand aus einer Planungsvereinbarung<br />
zwischen dem Kanton Basel-Stadt, SBB<br />
Immobilien und Coop Immobilien. Sie brachte den<br />
Nachweis, dass eine Wohnnutzung an diesem ehemaligen<br />
Industrie- und Gewerbestandort möglich<br />
ist. Die Stadt und die private Stiftung Habitat haben<br />
daraufhin das Coop-Areal erworben. Der Kanton<br />
BIOGRAPHIE<br />
STEVEN CANN<br />
(*1979) wuchs in<br />
Grossbritannien auf<br />
und studierte Raumplanung<br />
in Glasgow,<br />
Manchester sowie an<br />
der ETH Zürich. Von<br />
2007 bis 2014 begleitete<br />
er in einem Raumplanungsbüro<br />
im Baselland<br />
verschiedene<br />
Zonen- und Quartierplanungen.<br />
Seit 2014<br />
ist Steven Cann bei der<br />
Abteilung Städtebau &<br />
Architektur im Bauund<br />
Verkehrsdepartement<br />
des Kantons<br />
Basel-Stadt tätig, wo<br />
er verschiedene Arealentwicklungen<br />
leitet.<br />
entwickelte aufgrund des Ergebnisses der Testplanung<br />
das Areal weiter – zusammen mit SBB Immobilien.<br />
Die Stiftung Habitat hat ihren Teil des Areals<br />
(Lysbüchel Süd) separat entwickelt und geplant,<br />
da dieser bereits in einer Wohnzone lag.<br />
Gegen die frühere Planung Pro Volta im<br />
Quartier St. Johann gab es Widerstand aus<br />
der Bevölkerung. Wie bindet die Stadt Basel<br />
die Quartierbewohner in die Projekte ihrer<br />
Stadtentwicklung mit ein?<br />
Der Widerstand der Quartierbevölkerung richtete<br />
sich vor allem gegen die Mietpreise der Wohnungen,<br />
die vor gut zehn Jahren entlang der Achse der<br />
neuen unterirdischen Nordtangente entstanden.<br />
Beim Projekt VoltaNord haben wir darauf reagiert:<br />
Mindestens zwei Drittel der neuen Wohnungen sollen<br />
preisgünstig sein. Die Stadt realisiert dabei auch<br />
Wohnungen selber und gibt Baufelder an Genossenschaften<br />
ab. Um die übrigen Bedürfnisse des<br />
Quartiers besser zu verstehen, haben wir bereits<br />
nach der Testplanung drei Stakeholder-Workshops<br />
organisiert. Dabei konnten die Quartiervertreter<br />
und das Gewerbe ihre Anliegen vorbringen und verschiedene<br />
Themen und Bereiche wie Nutzung und<br />
Verkehr in Kleingruppen diskutieren. Die aktuelle<br />
Planung berücksichtigt diese Wünsche und Anliegen<br />
der Quartierbewohner.<br />
Im Vorfeld des Bebauungsplans gab es von<br />
verschiedenster Seite Kritik am Vorhaben.<br />
Gegen den Grossratsbeschluss vom<br />
Mai 2018 wurde das Referendum ergriffen.<br />
Allerdings hat das Basler Stimmvolk am<br />
25. November 2018 mit 61%-Ja-Stimmen den<br />
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IMMOBILIA / Mai <strong>2021</strong>