immobilia 2021/05 - SVIT
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FOKUS INTERVIEW<br />
SPEZIALIMMOBILIEN<br />
Ort der Welt» geworden war. Also fuhren wir, als ich<br />
16 Jahre alt war, nach Goldau, wo ich im örtlichen<br />
Hotelrestaurant Union arbeiten sollte. Die Besitzerin<br />
sagte mir in militärischem Ton, dass ich zwei<br />
Schichten zu absolvieren hätte: von sechs Uhr morgens<br />
bis Mittag sowie von zwei Uhr nachmittags bis<br />
acht Uhr abends. Als ich am nächsten Morgen zur<br />
Réception hinunterging, erfuhr ich, dass mein Vater<br />
bereits abgereist war. In diesem Moment fühlte<br />
ich mich mutterseelenallein in einer kalten, fremden<br />
Welt. Jahre später begriff ich, dass er mich auf<br />
diese Weise dazu bringen wollte, erwachsen zu werden.<br />
So wie einige Väter ihre Söhne einfach ins Wasser<br />
werfen, damit sie das Schwimmen lernen.<br />
Sind Sie damals allein in der Schweiz<br />
geblieben?<br />
Ja, aber ich wechselte ins Walchwiler Restaurant<br />
Hörnli. Als ich wieder einmal, frustriert von meiner<br />
Kochlehre, auf der Terrasse sass, fuhr eine Gruppe<br />
von Sportradfahrern an mir vorbei. In diesem Augenblick<br />
beschloss ich, mit dem Velo nach Oslo zurückzukehren.<br />
Dann, zwei Jahre nach meiner Ankunft<br />
in der Schweiz, an einem Sonntagmorgen bei<br />
Sonnenaufgang, war es so weit. Ich radelte in Richtung<br />
der deutschen Grenze los. Nach dreizehn Tagen<br />
kam ich in Kiel an. Ohne einen Rappen in der<br />
Tasche fragte ich einen norwegischen Lastwagenfahrer,<br />
ob ich mit ihm auf dem Schiff in Richtung<br />
Oslo fahren könnte. Dank seiner freundlichen Hilfe<br />
schlief ich auf einem Sofa im Schiffsrestaurant<br />
und wusste, dass ich bald zu Hause sein würde.<br />
Wie ging es dann in Oslo weiter?<br />
Ich habe dort ein Marketing-Studium an der «Norwegian<br />
School of Management» begonnen und<br />
nebenbei in der IT-Branche gearbeitet. Kurz vor<br />
dem Diplom starb meine Mutter. Der Tod meiner<br />
BIOGRAPHIE<br />
HANS R.<br />
HOLDENER<br />
(*1966) ist Mitgründer<br />
sowie CIO der Helvetica.<br />
Der Schweizer<br />
Unternehmer mit norwegischen<br />
Wurzeln<br />
verfügt über mehr als<br />
20 Jahre Erfahrung<br />
im Immobilien- und<br />
Finanzbereich. Er<br />
gründete die Helvetica<br />
im 2006 und hat diese<br />
zu einer der führenden<br />
Schweizer Investment-<br />
Plattformen für Immobilienanlagen<br />
entwickelt.<br />
Ende 2019 wurde<br />
der HSC Fund mit Fokus<br />
auf kommerzielle<br />
Immobilien an der<br />
SIX Swiss Exchange<br />
kotiert, zeitgleich<br />
lancierte er zwei weitere<br />
Schweizer Immobilienfonds.<br />
Mutter hat mich so tief erschüttert, dass ich meine<br />
Siebensachen ins Auto geworfen habe und nach<br />
Paris fuhr, etwas später dann in die Schweiz, um<br />
dort nochmals neu anzufangen.<br />
Wie kam es zur Gründung von Helvetica?<br />
Es begann mit der Weitervermietung meiner Wohnung<br />
in Zürich. Ich war erstaunt, als ich sah, dass<br />
ich mit diesem Geschäft am Monatsende einen kleinen<br />
Batzen auf dem Konto hatte. 2006 gründete ich<br />
mit meinem Freund Thomas C. Holst das Unternehmen<br />
Helvetica, zuerst in Norwegen, später in<br />
der Schweiz, obwohl ich wenig Erfahrung im Finanz-<br />
und Immobiliensektor mitbrachte. Aber ich<br />
hatte ja auch nie eine Langstreckenfahrt absolviert,<br />
als ich mit dem Rad nach Oslo aufbrach. In der Anfangszeit<br />
von Helvetica setzte ich mutig alles Geld<br />
ein, das ich besass. Heute managen wir ein Portfolio<br />
von über 744 Mio. CHF.<br />
Stichwort Mut. Seit rund 15 Monaten hält die<br />
Covid-Pandemie unsere Welt an. Fast<br />
gleichzeitig hat ein neuer CEO die Geschäfte<br />
der Helvetica übernommen. Mit welchen<br />
besonderen Herausforderungen waren oder<br />
sind Sie konfrontiert?<br />
Die aktuelle Situation ist für uns – wie für fast alle<br />
anderen Unternehmen – eine grosse Herausforderung.<br />
Unser Glück war, weil wir kurz vor dem Ausbruch<br />
der Pandemie in neue Büroräume umziehen<br />
wollten, dass wir neues Equipment für die Mitarbeiter<br />
bestellt hatten. So waren die Mitarbeiter ausgerüstet<br />
und der der Umstieg ins Homeoffice verlief<br />
für uns problemlos. Auf der wirtschaftlichen<br />
Seite haben wir unsere Investments gestoppt, weil<br />
wir beobachten wollten, wie sich der Markt entwickelt.<br />
Das hat uns natürlich Geld gekostet – und<br />
auch ein paar irritierte Verkäufer.<br />
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IMMOBILIA / Mai <strong>2021</strong>