2021-06_RegioBusiness
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10 Firmen & Märkte
Juni 2021 I Jahrgang 20 I Nr. 225
Dank Grillkäse ist das Milchwerk im Plus
Die schwierigen Rahmenbedingungen setzen den heimischen Milchbauern erheblich zu. Für 2021 aber sind sie zuversichtlich.
Zukunft: In den Standort wurde in den letzten Jahren kräftig investiert. Zuletzt etwas mehr als 2,9 Millionen Euro.
Eine gute Nachricht konnten
die 49 Teilnehmer der 83.
Generalversammlung der
Milchwerk Crailsheim-Dinkelsbühl
eG, die Mitte Mai in der Jagstauenhalle
in Jagstheim stattfand,
zur Kenntnis nehmen: Trotz Coronapandemie
konnten Absatz und
Umsatz gesteigert werden.
Dabei hatte das Jahr 2020 der
Landwirtschaft in vielerlei Hinsicht
ihre Grenzen aufgezeigt:
Preissteigerungen bei den Eiweißfuttermitteln
und Einbrüche für
die Produkte auf der Erlösseite
machen den Landwirten das Leben
schwer. Deutschlandweit liegen
die Milchpreise erneut unter
dem Vorjahreswert, was angesichts
steigender Betriebskosten
in der Milchviehhaltung keineswegs
befriedigt, wie Vorstandsvorsitzender
Gerd Moser ausführt.
Viele Betriebe litten nicht
nur unter enormen Preisdruck
und einem hohen Maß an Regulierungen,
sondern auch unmittelbar
an den Auswirkungen und
Folgen der Corona-Pandemie auf
den Milchmarkt.
Dennoch habe sich das Milchwerk
Crailsheim-Dinkelsbühl positiv
entwickelt. Es wurden 150,5
Millionen Kilogramm Milch verarbeitet,
davon 144 Millionen Kilogramm
zu Käse. Trotz Preiseinbrüchen
vor allem bei Rahm und
Molkekonzentrat wurde ein Umsatz
von 87,9 Millionen Euro erwirtschaftet,
was einem Plus von
3,8 Millionen Euro zum Vorjahr
entspricht. Damit konnte ein
Milchpreis an die Landwirte ausbezahlt
werden, der deutlich über
dem deutschen und süddeutschen
Durchschnitt liegt.
Aus dem Bericht des Geschäftsführers
Josef Vögele geht hervor,
dass im Berichtsjahr 20 831 Tonnen
Käse (plus 4,5 Prozent) in Zusammenarbeit
mit dem Vertriebspartner,
der Garmo AG in Stuttgart
abgesetzt werden konnten.
Der Food-Service Bereich sei
jedoch in den ersten Lockdown-Monaten
deutlich eingebrochen
und das Vor-Coronaniveau
konnte nicht erreicht werden.
Eine erfreuliche Entwicklung
gab es infolge des boomenden
Marktes an Grillerzeugnissen.
Investitionen in Substanz
und Zukunft
Die Grillkäseabsätze verzeichneten
ein Absatzplus von 19 Prozent
auf 4800 Tonnen und brachte das
Milchwerk an die Kapazitätsgrenze
bei der Grillkäseverpackung.
Foto: Milchwerk / Gündisch & Friends
2020 wurden 2,92 Millionen
Euro, hauptsächlich in eine neue
Vorpresswanne mit automatischer
Einformung für die Grillkäseproduktion
investiert. Die Instandhaltungen
belaufen sich auf 1,6 Millionen
Euro. Durch eine Vorwegzuweisung
in die Rücklagen liegt die
Eigenkapitalquote bei 63,4 Prozent.
Der Anteil der Rücklagen am
Eigenkapital beträgt 65,5 Prozent,
was nach Angaben der Geschäftsführung
für eine solide Finanzstruktur
spricht. Die Generalversammlung
beschließt einstimmig,
den Bilanzgewinn von 126 184,61
Euro den Rücklagen zuzuweisen.
Bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen
wurden Karl Hoffmann
aus Dentlein-Kaierberg,
Andreas Engelhard aus Jagstzell-Dankoltsweiler
und Rainer
Meyer aus Burgoberbach Niederoberbach
wiedergewählt. In den
Aufsichtsrat wurden Robert Butz
aus Crailsheim-Tiefenbach und
Albert Holl aus Crailsheim-Eichelberg
wiedergewählt. Neu im Aufsichtsrat
sitzt jetzt Mathias Braun
aus Leutershausen-Winden. Für
2021 ist die Stimmung positiv.
Eine gute Nachfrage, auch auf den
internationalen Märkten, habe die
Preise in Bewegung gebracht. Für
das zweite Halbjahr werden auch
steigende Milchauszahlungspreise
erwartet. Rege diskutiert wurde
außerdem über die zukünftigen
Produktionsbedingungen in
der Landwirtschaft und die Ansprüche
an eine tierwohlgerechte
Milchproduktion, sowie über
alternativen Produkte wie Haferdrinks
oder Sojaaufstrich. pm
www.milchwerk-crailsheim.de
Bühlertal wird Fabrik 5.0
Damit Kärcher auch in Zukunft in Deutschland produziert, wandelt das Unternehmen
sein Werk Bühlertal in eine vollvernetzte Produktion um. VON HEIKO FRITZE
Ein bisschen unheimlich ist
es ja schon, wenn der Gabelstapler
voll beladen an
einem vorbeizieht – und niemand
sitzt drauf. Oder der kleine,
flache Transporter durch die
Gänge rollt, um schwere Reinigungsgeräte
von der Endmontage
zur Funktionskontrolle zu
bringen. Die Mitarbeiter von
Kärcher im Werk Bühlertal weichen
routiniert aus. Sie kennen
das. Fahrerlose Transportsysteme,
kurz FTS, sind hier schon
seit 2019 im Einsatz.
Was Kärcher in diesem Produktionsstandort
einführt, wird einige
Zeit später auch in den anderen
16 Werken des Konzerns umgesetzt.
Bühlertal läuft dabei unter
dem Projektnamen „Fabrik 5.0“.
Der Name wurde bewusst gewählt,
erläutert Vorstand Dieter
Grajer, zuständig für Produktion
und Logistik: „Man muss sich
das Unmögliche vornehmen, um
das Bestmögliche zu erreichen.“
Im ersten Schritt sei es darum
gegangen, den mehr als 800 Mitarbeitern
Ängste vor einem Arbeitsplatzverlust
zu nehmen.
„Zum Glück haben fast alle privat
Smartphones“, erzählt Wolfgang
Thomar, Bereichsleiter
Produktion. „Sie waren also auf
die Technologie vorbereitet.“ Inzwischen
steht fest, dass die Belegschaft
nach der Umstellung
nicht zurückgegangen ist. Allerdings
werden nun mehr Mitarbeiter
mit höheren Qualifikationen
benötigt: Die Abteilungen
Technologieentwicklung und
Fertigungsplanung werden ausgebaut,
berichtet Grajer.
Das Werk in Bühlertal
ist der Blueprint
4,4 Millionen Euro hat die gesamte
Umrüstung und Vernetzung
des Werks gekostet, berichtet
Grajer. Was das in der Praxis
bedeutet, wird schon am Haupteingang
sichtbar: Es gibt keine
schwarzen Bretter mit Dutzenden
Zetteln mehr. Stattdessen
hängen in den Gebäuden großformatige
Bildschirme, an denen
jeder auf dem Touchscreen
antippen kann, was ihn interessiert.
Auch der zentrale Besprechungspunkt
für die Werksleitung
sieht so aus. Werksleiter
Matthias Wida und sein Team
treffen sich dort regelmäßig und
können alle relevanten Daten
abrufen. „Wir können bis in jede
einzelne Fertigungslinie schauen
und prüfen, ob alles passt“, erzählt
er.
„Bühlertal 5.0 ist der Blueprint.
Hier erproben wir – und rollen
dann sofort weltweit aus.“, sagt
Thomar. Nicht alle Technologien
haben jedoch ihre Premiere
im Landkreis Schwäbisch Hall.
Die ersten Fahrerlosen Transportsysteme
waren zum Beispiel
in den chinesischen Werken
des Konzerns im Einsatz. Inzwischen
hätten aber auch die Kärcher-Standorte
in den USA und
Italien weitgehend aufgeholt, das
Werk in Rumänien mache große
Fortschritte. An den deutschen
Standorten sei man unterschiedlich
weit, räumt Grajer
ein. Das gegenüber von Bühlertal
stehende Werk Obersontheim
bekomme demnächst sein erstes
FTS-Fahrzeug. „Man muss
erst einmal die Voraussetzungen
schaffen“, erklärt Thomar dies.
In Bühlertal selbst sind mittlerweile
17 FTS unterwegs, zudem
drei „Unterfahr-FTS“, die rollenden
Tischen gleichen. Sie werden
ergänzt durch 34 Bildverarbeitungs-
und Kamerasysteme
im Werk, 53 Elektroschrauber,
deren Drehmoment automatisch
überwacht wird, 49 Montage-
und Handlingsroboter sowie
21 Portalroboter. Im laufenden
Jahr sollen weitere Automatikanlagen,
Spritzgießmaschinen
und eine weitere Dampfreiniger-Montagelinie
angeschafft
werden – für insgesamt knapp
fünf Millionen Euro. Dass dadurch
die Produktionszeit pro
Gerät um zwei Minuten sinkt, sei
mitentscheidend. Denn Kärcher
will auch weiter in Deutschland
produzieren.
www.kaercher.com
Modell: Die Produktion im Werk im Oberen Bühlertal soll richtungsweisend
für alle anderen Kärcher-Standorte werden.
Foto: Kärcher
Ehre: Die UNESCO erkennt das Handwerk als Kulturerbe an.
Alte Handwerkskunst
wird aufgewertet
32 Uhrmacher und 10 Buchbinder in der Region gehören
nun zum „Immateriellen Kulturerbe“.
Das Handwerk der Uhrmacher
und der Buchbinder
ist vor kurzem in die Liste
des Immateriellen Kulturerbes
in Deutschland aufgenommen
worden. „Das ist eine schöne
Anerkennung für die 10 Buchbinder
und 32 Uhrmacher in der
Region“, freut sich Ralf Schnörr,
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.
„Schließlich halten
die Betriebe diese Techniken
mit ihrer Arbeit am Leben und
tragen damit zum Erhalt des kulturellen
Erbes bei.“
Das Buchbinderhandwerk hat
trotz zahlreicher Herausforderungen
wie der Digitalisierung nicht
an Lebendigkeit verloren. Die Betriebe
binden unterschiedliche
Druckerzeugnisse, reparieren
und restaurieren alte Bücher oder
fertigen neue kunsthandwerkliche
Bucheinbände. Das Uhrmacherhandwerk
erfordert breite
Kenntnisse von historischen bis
zu elektronischen Zeitmessgeräten.
Dazu gehört etwa Wissen
Foto: NPG-Archiv
über Materialien wie Eisen, Stahl
oder Messing und deren Bearbeitung
sowie den Techniken Sägen,
Feilen, Bohren, Drehen, Schleifen
und Polieren. Die Weitergabe von
diesem Wissen sowie der vielfältigen
handwerklichen Techniken
und Fähigkeiten zur Restauration
und Wartung erhält die Lebendigkeit
des Uhrmacherhandwerks.
Die Organisation der Vereinten
Nationen für Bildung, Wissenschaft
und Kultur (UNESCO) unterstützt
seit 2003 den Schutz, die
Dokumentation und den Erhalt
von lebendigen Traditionen aus
den Bereichen Tanz, Theater, Musik,
mündliche Überlieferungen,
Naturwissen und Handwerkstechniken.
Deutschland ist dem UN-
ESCO-Übereinkommen zum Erhalt
des Immateriellen Kulturerbes
2013 beigetreten. Insgesamt
gab es 20 neue Einträge in das nationale
Register, das nun 126 Kulturgüter
umfasst.
pm
www.hwk-heilbronn.de