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2021-06_RegioBusiness

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06 Blickpunkt

Juni 2021 I Jahrgang 20 I Nr. 225

Auf Worte folgen Taten

Vom Nebenschauplatz zum Unternehmensziel: warum nachhaltiges Wirtschaften wichtig

ist und wie sich heimische Unternehmen an die Umsetzung machen. VON ADINA BAUER

Nachhaltigkeit ist in aller

Munde. Doch die Unternehmen

aus Heilbronn-Franken

setzen nicht nur

auf Lippenbekenntnisse. Vielmehr

lassen sie Taten folgen. Mit vielen

„grünen“ Projekten ergänzen sie

ihr Alltagsgeschäft.

Klimawandel, Hungersnöte, Plastikmüll

in den Meeren und Artensterben

– eine Schreckensbotschaft

nach der anderen, führt vor

Augen, dass ökologische und soziale

Nachhaltigkeit zu einer Frage

des Überlebens der Menschheit

geworden ist. Selbst wenn aktuell

die Covid-19-Pandemie die

drängendste Herausforderung für

die Wirtschaft ist, so ist doch nach

wie vor das Bewusstsein für die

Bedrohung durch den Klimawandel

in den heimischen Unternehmen

stark ausgeprägt.

GREEN DEAL Dass Normalität

nach der Corona-Krise

nicht die Rückkehr zu bisherigen

Wirtschaftsprinzipien bedeuten

wird, davon ist auch Reinhard

Klein,Vorsitzender des Vorstands

der Bausparkasse Schwäbisch

Hall, überzeugt. „Denn die

Europäische Union hat im vergangenen

Jahr weitreichende Initiativen

für das Ziel der nachhaltigen

Entwicklung und Klimaneutralität

bis 2050 auf den Weg gebracht.

Das betrifft sowohl Ernährung

und Mobilität als auch Themen

wie Energie, Gebäude und Finanzen

– und damit unmittelbar auch

unser Kerngeschäft.“

Rund 35 Prozent des Energieverbrauchs

und 30 Prozent der

CO 2

-Emissionen in Deutschland

gehen auf das Konto von Gebäuden.

Wie der Nachhaltigkeitsbericht

der Bausparkasse zeigt, sind

die Schwäbisch Hall-Experten

aber auf einem guten Weg hin zur

Klimaneutralität: 538 000 Tonnen

CO 2

haben die Kunden 2020

vermieden, weil sie nachhaltig gebaut

oder energieeffizient modernisiert

haben.

Und auch die Bausparkasse selbst

trägt ihren Anteil zur Umweltschonung

bei: Seit genau zehn Jahren

ist die Hauptverwaltung in Schwäbisch

Hall klimaneutral und mindestens

50 Prozent der Lebensmittel

für die Betriebsverpflegung

werden aus der unmittelbaren

Umgebung bezogen.

EMISSIONEN Auch die Hakro

GmbH aus Schrozberg unternimmt

große Anstrengungen,

um Treibhausemissionen zu reduzieren.

Zu diesem Zweck startete

der Textilien-Spezialist jüngst

eine Zusammenarbeit mit der niederländischen

Initiative „Good-

Shipping“.

Die Zusammenarbeit mit „Good-

Shipping“ startet zunächst mit Lieferungen,

die Hakro aus seinem

Produktionsstandort Kambodscha

erhält. „GoodShipping“ ersetzt

fossile Brennstoffe durch umweltfreundliche

Alternativen. Hakro

meldet sein Frachtaufkommen an

den Partner und bezahlt dafür anteilig

Biotreibstoff für die Betankung

von Schiffen. „So reduzieren

wir CO 2

-Ausstöße beim Transport

nach Deutschland um 100

Prozent“, betont Anna Rüchardt,

Team Qualität, Werte & Nachhaltigkeit.

Und sie führt aus: „Auf

den Transportwegen von Kambodscha

nach Deutschland werden

durch unsere Transporte circa

60 Tonnen CO 2

pro Jahr emittiert.

Durch den Einsatz von Biokraftstoffen

lässt sich der Ausstoß um

90 Prozent reduzieren. Um komplett

CO 2

-neutral zu fahren, betankt

,GoodShipping’ Frachtschiffe

mit zehn Prozent zusätzlichem

Biokraftstoff und gleicht damit die

Differenz aus.“

RESSOURCEN SCHONEN Gesellschaftliche

Verantwortung

wird bei Hero Textil aus Crailsheim

ebenfalls groß geschrieben.

Aktuell verfolgt das Unternehmen

den ehrgeizigen Plan, zu 100

Prozent auf Garn aus recycelten

PET-Flaschen umzustellen. Die

Flaschen, die aus Ländern ohne

Pfandsystemen wie zum Beispiel

Italien stammen, werden gewaschen,

und zu einem Granulat geschreddert.

Dieses wird anschließend

erhitzt und zu Rohgarn gesponnen,

texturiert und gefärbt.

In Crailsheim wird dieses Rohgarn

schließlich auf Flach- und

Rundstickmaschinen zu Textilien

wie Gürteln oder Dehnungszonen

für Arbeitskleider. Den Strom,

den Hero für seine Produktion

benötigt, gewinnt es zu 100 Prozent

über die eigenen Solaranlage.

TREND Die Aqua Römer GmbH

aus Mainhard hat ganz aktuell ein

zentrales Nachhaltigkeitsziel erreicht:

Der Mineralbrunnen ist seit

Mai klimaneutral. Wo immer es

möglich ist, reduziert das Unternehmen

durch den Bezug von Ökostrom

aus Wasserkraft, den Einsatz

von Elektro-Staplern und umfangreiche

Energiesparmaßnahmen in

allen Bereichen den Ausstoß von

Treibhausgasen. Gänzlich herunterfahren

lassen sich CO 2

-Emissionen

dennoch nicht. Die Experten

von „ClimatePartner“ haben daher

den CO 2

-Fußabdruck von Aqua

Römer ermittelt. Auf Basis dieser

Berechnungen kompensiert der

Traditionsbrunnen seine bislang

nicht vermeidbaren Emissionen

über ein

Klimaschutzprojekt

in Peru.

Mit ihren beispielshaften

Projekten und

Anstrengungen liegen

die heimischen Unternehmen

voll im Trend. Nicht

nur handeln sie damit im

Sinne des „green Deals“

der Europäischen Union,

sondern sie gehen

auch auf das

Kun-

veränderte

denbewusstsein

ein. Denn Ökound

Fairtrade-Produk-

te sind

längst aus

der früheren

Nische

in den

Mainstream

gewandert.

Bewusst: Viele

Betriebe arbeiten hart

daran, ihren

ökologischen

Fußabdruck klein zu

halten. Foto: Shutterstock

„Eines unserer zentralen Strategiefelder“

Wie lässt sich ein Großhandelsunternehmen nachhaltig ausrichten? Norbert Heckmann, Sprecher der Geschäftsleitung der Adolf Würth GmbH & Co. KG,

über Dimensionen, eigene Ansprüche und ehrgeizige Ziele. INTERVIEW VON HERIBERT LOHR

Resourcenschonend und

nachhaltig Wirtschaften

und dabei trotzdem auch

unter ökonomischen Gesichtspunkten

im harten Wettbewerb

weiter erfolgreich sein. Der Weltmarktführer

für Befestigungstechnik

will sich diesen Herausforderungen

stellen und hat sich dazu

für die nächsten Jahre viel vorgenommen.

Neue Materialien, Elektromobilität,

veränderte Prozesse

und Abläufe, energieeffiziente

Technik – mit einem ganzen Bündel

an Maßnahmen will Würth

seinen ökologischen Fußabdruck

konsequent verkleinern.

REGIOBUSINESS Herr Heckmann,

die Adolf Würth GmbH &

Co. KG will bis 2024 klimaneutral

sein. Das Stammhaus soll dafür in

den Konzern ausstrahlen. Das ist

ein ehrgeiziges Ziel. Ist es auch

realistisch?

NORBERT HECKMANN Wir

setzen uns bewusst ehrgeizige

Ziele. Um am Hauptsitz in Künzelsau-Gaisbach

und allen Niederlassungen

in Deutschland klimaneutral

zu werden, hat die Adolf

Würth GmbH & Co. KG weitreichende

Maßnahmen definiert.

Wir beginnen, unsere Fahrzeugflotte

auf batterieelektrischen Antrieb

umzustellen und werden

auch Wasserstofffahrzeuge testen.

Außerdem nehmen wir unseren

Energieverbrauch unter die Lupe

Norbert Heckmann: „Nachhaltigkeit gibt uns finanzielelle Stabilität

und macht uns zu einem zukunftsicheren Arbeitgeber.“

Foto: Würth

und prüfen, wo wir noch effizienter

werden können. Wir werden

das Potential eigener Stromproduktion

ausschöpfen und Photovoltaik-Anlagen

auf den Dächern

am Standort Gaisbach in Betrieb

nehmen – im Endausbau auf einer

Gesamtfläche von 28 000

Quadratmetern.

REGIOBUSINESS Sie wollen

dem Umweltgedanken die gleiche

hohe Bedeutung beimessen wie

man es bereits von Ihrem Haus im

sozialen und kulturellen Engagement

kennt. Warum hat der Umweltgedanke

so an Bedeutung gewonnen?

NORBERT HECKMANN Nachhaltigkeit

ist eines der zentralen

Strategiefelder, um unser Unternehmen

zukunftsfähig zu machen.

Nachhaltiges Handeln heißt, sich

in den Bereichen Ökonomie,

Ökologie und Soziales stark aufzustellen.

Ökonomisch betrachtet

ist Würth ein gesundes Unternehmen:

Das durchschnittliche jährliche

Umsatzwachstum liegt seit

1954 bei 20,1 Prozent. Unser Eigenkapital

beträgt 5,9 Milliarden

Euro. Das gibt uns finanzielle Stabilität

und macht uns zu einem

zukunftssicheren Arbeitgeber. Unser

soziales Engagement – sei es

in Form von Museen, Bildungsangeboten

oder die Integration von

Menschen mit Behinderung – ist

seit jeher in der DNA unseres Unternehmens

verwurzelt. Auch im

ökologischen Bereich wollen wir

unseren Beitrag für eine bessere

Umwelt leisten.

REGIOBUSINESS Bis 2025 soll

bereits die Hälfte aller Verpackungen

auf kreislauffähige Lösungen

umgestellt sein. Wie darf

man sich das vorstellen?

NORBERT HECKMANN Zur

Kernkompetenz von Würth gehört

die Logistik. Verpackungen

und Verpackungsmaterial spielen

daher eine große Rolle. Wir haben

uns in den letzten Jahren mit

nachhaltigen Möglichkeiten auseinandergesetzt.

Ein Beispiel: Bis

zuletzt war PU-Schaum Füllmaterial

Nummer eins in der Logistik.

Pro Jahr summierte sich der

Verpackungsmüll der Adolf Würth

GmbH & Co. KG durch den PU-

Schaum auf 40 000 Tonnen. Das

entspricht einer Füllung von fünf

großen Turnhallen. Durch die

Umstellung auf Luftpolsterfolie reduziert

sich der Verpackungsmüll

auf 4600 Tonnen, was einer Füllung

von einer halben Turnhalle

entsprechen würde. Die Luftpolsterfolie

ist außerdem kreislauffähig,

kann also recycelt werden.

Seit Januar 2020 gibt es hier

am Standort Künzelsau-Gaisbach

keinen Schaum mehr. Daneben

prüfen wir kontinuierlich weitere

Möglichkeiten für kreislauffähige

Alternativen.

REGIOBUSINESS Die Produkte

von Würth müssen aus ganz

unterschiedlichen Gründen verpackt

werden. Sie setzen auch auf

Verpackungen aus Post-Consumer-Rezyklat

(PCR). Warum?

NORBERT HECKMANN Um

bis zum Jahr 2030 möglichst

komplett kreislauffähig zu wirtschaften,

starten wir bewusst mit

der Umstellung der Verpackungen,

da es hier bereits eine bestehende

Infrastruktur für die

Rücknahme, also das Schließen

des Kreislaufs, gibt. Auch für den

Verpackungshersteller Rose Plastic

spielen nachhaltige Lösungen

eine wichtige Rolle. So kam eine

Kooperation zustande. Zusammen

entwickelten wir Verpackungen

aus 100 Prozent PCR, in diesem

Fall Müll aus dem Gelben Sack.

Zunächst werden unsere Zerspanungswerkzeuge

in PCR-Verpackungen

angeboten, Produkte

aus weiteren Bereichen werden

folgen. Dank dieser Umstellung

können pro Jahr rund 45 Tonnen

neuer Kunststoff eingespart und

die CO2-Emission um 77 Prozent

gesenkt werden.

REGIOBUSINESS Die gesamte

Fahrzeugflotte soll in Bälde elektrisch

angetrieben sein. Sie testen

auch Wasserstofffahrzeuge.

NORBERT HECKMANN Das ist

wichtig, um unser Ziel der Klimaneutralität

bis 2024 zu erreichen.

Hierfür bauen wir die nötige Infrastruktur

aus. Am Firmensitz

werden 200 Ladesäulen installiert

und 200 an den verschiedenen

Standorten der Niederlassungen

in ganz Deutschland. Um weitere

Erfahrungen mit alternativen Antrieben

zu sammeln, werden wir

einen Test mit Wasserstofffahrzeugen

starten.

www.wuerth.de

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