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2021-06_RegioBusiness

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Juni 2021 I Jahrgang 20 I Nr. 225

Firmen & Märkte 21

So richtig Fahrt aufgenommen

Berner Group: Große Investitionen in die Logistik und beachtliche Erfolge im Bereich Automotive.

VON HERIBERT LOHR

Auch wenn die aktuellen Geschäftszahlen

beinahe schon

traditionell erst im Sommer

bekannt gegeben werden, ist bei

der Berner Group derzeit viel in

Bewegung – und das im Großen

wie im Kleinen. So treibt das Familienunternehmen

mit rund

8200 Beschäftigten in 23 Ländern

seine ehrgeizigen Investitionspläne

konsequent voran und steckt

in zwei Großprojekte mehr als

zehn Millionen Euro.

LOGISTIK Im holländischen

Kerkrade ging vor Kurzem ein

europäisches Importlager in Betrieb.

Das neue Waren-Drehkreuz

ist Teil des erst vor einigen Monaten

eröffneten Hauptquartiers

der Region West, das die Benelux-Staaten

bedient. „Wir haben

den Standort so ausgerichtet, dass

wir in den Ballungsräumen bestellte

Produkte innerhalb eines

Arbeitstages an den Kunden ausliefern

können“, sagt Robert Kühl,

als Chief Supply Chain Officer für

den Logistikbereich zuständig.

Dem Importlager kommt zudem

eine strategisch wichtige Funktion

zu. So dient der gewaltige Gebäudekomplex

mit seinen fast 18 000

Millionenprojekt: Das neue Importlager in Kerkrade erfüllt eine wichtige strategische Funktion.

Paletten-Stellplätzen auch als Vorratslager,

in dem ein zentraler Bestand

für die Gesellschaften von

Norwegen bis Portugal vorgehalten

wird. Sämtliche Ländergesellschaften

der Kernmarke Berner

aber auch des Bauhandwerk-Spezialisten

BTI (Ingelfingen) werden

über den Standort Kerkrade

versorgt. Für die europäischen

Vertriebsregionen der Berner

Group hat das Großprojekt

den Vorteil, dass sie ihre lokalen

Warenbestände jetzt „passgenauer

auf die Kundschaft ausrichten“

können. Kleinere Ländergesellschaften

erhalten außerdem

einen verbesserten Zugang zum

Vollsortiment vieler Lieferanten.

Mit dem zweiten Großprojekt in

Braunau am Inn (Österreich) will

die Berner Group ihre Position als

führender B2B-Spezialist in Österreich

und der Region Ost (insgesamt

neun Länder) weiter ausbauen.

Das Herzstück ist hier ein

neues Hochregallager (5500 Paletten-Stellplätze)

mit vollautomatischer

Ein- und Auslagerung.

Foto: Berner

GROSSKUNDEN Die „Logistikoffensive“

ist notwendig, weil Berner

derzeit auch sein internationales

Großkundengeschäft erfolgreich

vorantreibt. Nach der Vertragsverlängerung

mit Tecar, dem

größten Zusammenschluss national

führender Autohauskooperationen

im „internationalen Automotive

Aftermarket“, haben die

Künzelsauer auch ihre „strategischen

Partnerschaften“ in Europa

erweitert.

So werden in Frankreich alle

Werkstätten des japanischen Automobilherstellers

Suzuki mit ausgewählten

Produkten der Kernmarke

Berner ausgestattet. Schon

seit vielen Jahren kooperiert Berner

in Frankreich mit Suzuki. Nun

wird die Zusammenarbeit insbesondere

auf dem Gebiet der Hybrid-

und Elektrofahrzeuge weiter

intensiviert. Berner versorgt

ab sofort das französische Netzwerk

von Suzuki, fast 170 zugelassene

Werkstätten, mit Spezialprodukten.

Und in Italien wurde eine umfangreiche

Zusammenarbeit mit der

Hyundai Motor Company (ebenfalls

Japan) vereinbart. Im Rahmen

der strategischen Partnerschaft

beliefert Berner ab sofort

Hyundai-Vertretungen in ganz Italien,

dass sind aktuell 126 Händler

mit 153 Standorten.

FORSCHUNG Auch in Sachen

Forschung- und Entwicklung ist

Berner gerade sehr aktiv, um seine

Marktposition auf dem Gebiet

chemischer „All in One“-Helfer

für Kfz- und Bauprofis weiter zu

stärken. Dazu wurde nun ein zentrales

Chemielabor für die Marke

Berner bei der Schwesterfirma

„Caramba“ in Duisburg eröffnet.

In dem „Lab“ am Rhein arbeiten

Produkt-Ingenieure gemeinsam

mit Mitarbeitern aus den Ländergesellschaften,

Kunden oder Kooperationspartnern

an speziellen

Kundenlösungen und führen

Testreihen, Trainings und Tagungen

durch.

VERBINDUNG Die Wahl des

Standortes für das neue Chemielabor

wurde bewusst getroffen.

„Caramba ist einer der führenden

Hersteller chemischer Spezialprodukte“,

sagt der verantwortliche

Vorstand Carsten Rumpf. Und

er führt aus: „Durch die räumliche

und inhaltliche Nähe rücken

die beiden Marken noch näher

zusammen.“

ENGAGEMENT Trotz der Covid-19

Pandemie setzt die Berner

Group ihr soziales Engagement

nicht aus. Weil Corona auch den

Alltag im Kindergarten auf dem

Garnberg unweit des Stammsitzes

stark durcheinanderbrachte,

spendete das Unternehmen

auf Wunsch von Leiterin Ariane

Schuler einen CD-Player mit Mp3-

, USB- und Bluetooth-Funktion.

Das bisherige Gerät war schon etwas

in die Jahre gekommen.

www.berner-group.com

„Wir sind viel weiter als die Branche“

Christian Berner ist seit Kurzem alleiniger Gesellschafter der Berner Group. Der Unternehmer im Gespräch über Frauenquoten, Verantwortung,

Nachhaltigkeit und perspektivisch angelegte Strukturen. INTERVIEW VON HERIBERT LOHR

REGIOBUSINESS Gestatten Sie,

dass wir ein wenig provokant beginnen.

Der Vorstand, der Aufsichtsrat,

der Gesellschafter – alles

Männer. Zufall oder gehört

Berner doch (noch) zu den Unternehmen,

die in die Führungsqualitäten

von Frauen (noch)

nicht das ganz große Vertrauen

haben?

CHRISTIAN BERNER Ganz im

Gegenteil. Unsere Branche ist

Jahrzehnte eine reine Männerwelt

gewesen. Ich habe von Anfang an

am Markt offen gesucht. Ich finde

das Wort Diversität falsch und

auch Quoten. Wir können in Ländern

wie Südafrika sehen, wie

Quoten das Gegenteil von dem bewirken,

was eigentlich beabsichtigt

war. Wir bei Berner sind eine

Equal-Company. Das heißt, alle

werden am gleichen Maß gemessen,

das heißt Leistung und Werte.

Deshalb ist unsere CHRO (Chief

Human Ressources Officer)

eine Frau, ebenso unsere globale

IT-Chefin, die Logistikleiterin

in Italien, die Kommunikationschefin

in Frankreich. Wir sind

hier viel weiter als Branche und

Wettbewerb. Und nicht vergessen,

an der Spitze aller sitzt meine

Frau als Verwaltungsratsvorsitzende.

REGIOBUSINESS: Herr Berner,

Sie sind nun Alleingesellschafter

der Berner Group. Was sprach

denn dagegen, dass die Firmenanteile

in mehreren Händen der

Familie bleiben?

CHRISTIAN BERNER: Gar

nichts und so sind wir neun Jahre

erfolgreich gefahren. Wir haben

im Vergleich zu den meisten

Familienunternehmen und im

Vergleich zur Majorität der Familienunternehmen

im Hohenlohischen

von Anfang an einen sauberen

Übergang geplant. Hier muss

ich vor allem meinen Vater hervorheben,

der sehr weitsichtig ist.

Das wichtigste für uns ist den Mitarbeitern

Klarheit und Planungssicherheit

zu geben. Bei einem

Gespräch für die Zukunft haben

wir uns bewusst gemeinsam dafür

entschieden, dass in Anbetracht

der jeweiligen Präferenzen

und Nachfolgewünsche die Übergabe

an mich der richtige Weg ist.

Wir sind nun das einzige Unternehmen

in der Branche mit klar

geregelten Verhältnissen, das sauber

übergeben ist. Ich stehe für

die nächsten 30 Jahre.

REGIOBUSINESS: Schon vor

zwei Jahren hatte Ihre Schwester

ihre Geschäftsanteile verringert.

Warum eigentlich die Übernahme

der gesellschaftlichen Verantwortung

in Etappen?

CHRISTIAN BERNER: So haben

wir den Plan gemeinsam entwickelt

und konnten die Übergabe

weich und ohne zu große Belastungen

für das Unternehmen organisieren.

REGIOBUSINESS: Herr Berner,

Sie haben gesagt, dass Sie mit

Blick auf die Verantwortung mit

einem Zeithorizont von 30 Jahren

planen, um Berner noch erfolgreicher

zu machen. Halten Sie es

für realistisch, perspektivisch in

solchen Zeitachsen arbeiten? Unternehmen

müssen sich ja mittlerweile

dramatisch schnell verändern.

Die von Ihnen angeschobene

Transformation Ihres Hauses

ist dafür ja ein beredtes Beispiel.

CHRISTIAN BERNER: Das ist

der große Vorteil von Familienunternehmern:

Ich hafte für alles

und muss für alles geradestehen.

Wenn ich eine Logistikstrategie

falsch entscheide, fällt sie

mir in zehn Jahren brutal auf die

Füße und vor allem die Mitarbeiter

müssen drunter leiden. Deshalb

sind Familienunternehmen

so nachhaltig, ökologisch und

ökonomisch wie keine andere

Unternehmensform und ein Aushängeschild

für Deutschland. Leider

machen linke und rechte Parteien

dieses Modell seit Jahren gezielt

kaputt. Die andere Seite sind

unsere flachen Hierarchien und

die schnelle und dynamische Unternehmenskultur,

die wir geschaffen

haben. Und, ganz wichtig

die eignerseitige und finanzielle

Unabhängigkeit. Die macht uns

gleichzeitig reaktionsfähig und

sehr schnell. Das heißt, nachhaltig

denken und sich einen Rahmen

setzen und dann darin reagieren,

dass ist der richtige Weg.

Familienunternehmen sind deshalb

Konzernen überlegen, die

ständig Richtungswechsel einschlagen.

REGIOBUSINESS: Sie wollen

als „Familienunternehmer

authentisch, direkt und nahbar

sein“. Ihre Firmengruppe beschäftigt

in 23 Ländern und 46

Christian Berner: „Wir müssen als Vorbild vorangehen.“

Foto: Berner

Gesellschaften mittlerweile mehr

als 8200 Menschen und macht

über 1,1 Milliarden Euro Umsatz.

Da denkt der Außenstehende eher

an Konzernstrukturen, nüchternes

Controlling, kühl-kalkuliertes

Management.

CHRISTIAN BERNER: Als wir

unsere Unternehmens-Werte ausgerollt

haben, habe ich 4500 Leuten

persönlich die Hand geschüttelt

und Ihnen die neuen Werte

präsentiert. Ich war Wochen unterwegs

und war jeden Tag in einem

anderen Land. Kurz und gut,

wenn man viel Liebe und Passion

für sein Team und seine Leute

hat, dann geht man raus und

schafft die Verbindung. Vielleicht

nicht zu 8200 Mitarbeitern, aber

zu 1000 bis 2000, die man besser

kennt und die mit mir in Kontakt

bleiben. Das ist mir wichtig.

Die andere Seite ist unsere offene

Kultur. Alle Mitarbeiter haben

meine E-Mail und können mich

direkt anschreiben. Und das tun

sie auch. Wir haben wirklich starke

Leute.

REGIOBUSINESS: Nachhaltigkeit

ist eines der Megathemen

mit denen Firmen aktuell nicht

nur in der Außenwirkung punkten.

Glauben Sie, dass sich eine

an mehr Nachhaltigkeit ausgerichtete

Geschäfts- und Unternehmensphilosophie

leichter umsetzen

lässt?

CHRISTIAN BERNER Nachhaltigkeit

ist für die Familie Berner

aufgrund unserer unternehmerischen

Verantwortung tief in unserer

DNA. Der Gedanke kurzfristig

und nicht nachhaltig zu handeln,

widerstrebte meinen Eltern

und widerstrebt mir. Auch unsere

Mitarbeiter verlangen danach

und sind froh um unsere aktiven

Arbeiten an Ökologie und sozialer

Verantwortung. Das Umsetzen einer

nachhaltigen Strategie jedoch

ist eine Welt für die Mutigen und

nicht leicht, sondern ein Kampf

gegen Windmühlen. Neben vielen

Projekten europaweit, von Solarenergie,

Bienenschutz, ökologischem

Bauen und elektrischer

Fortbewegung hin, die wir in den

letzten zehn Jahre umgesetzt haben,

waren wir immer ein Vorläufer

und mussten uns die Welt

zurecht machen. Ein Beispiel: Als

die Bundesregierung noch über

die richtige Antriebsstrategie spekuliert

hat, haben wir, als erster in

der Branche, die Dienstwagen unseres

gesamten Topmanagements

auf Elektromobilität umgestellt.

Es gab kaum adäquate Fahrzeuge

und wir mussten unseren Parkhausbetreibern

mit Klagen drohen,

um die Lademöglichkeiten

zu bekommen. Aber wir haben

es einfach gemacht. Auch weil ich

denke, wir können uns auf die

Politik nicht verlassen und müssen

als Vorbild voran gehen.

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