2021-06_RegioBusiness
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Juni 2021 I Jahrgang 20 I Nr. 225
Kapital & Finanzen 15
Maskottchen: Seit 1975 ist der Fuchs neben den vier Steinen ein Logo der Bausparkasse. Die Schlauheit des Tieres steht für den klugen Gedanken hinter der Geschäftsidee.
Grafik: Bausparkasse Schwäbisch Hall
Die Heimatmacher
Die Bausparkasse Schwäbisch Hall kennt in Deutschland wohl fast jeder. Für viele ist sie ein Symbol
für Solidität und Verlässlichkeit. Vor 90 Jahren wurde sie gegründet. VON HERIBERT LOHR
Sie ist wohl eine der bekanntesten
Marken Deutschlands
und hat die Entwicklung
der Stadt am Kocher geprägt
wie kaum ein anderes Unternehmen
seit dem II. Weltkrieg. Sie ist
formidabler Arbeitgeber und Immageträger
in einem. Die Rede
ist von der Bausparkasse Schwäbisch
Hall.
Spätestens seit der Slogan „Auf
diese Steine können Sie bauen“
in den 60er-Jahren des vergangenen
Jahrhunderts via Bildschirm
in die deutschen Wohnstuben
flimmerte, war Schwäbisch Hall
nicht länger nur eine sehenswerte
Stadt in der hohenlohisch-fränkischen
Provinz, sondern auch das
Sy nonym für ein durch und durch
solides Finanzierungskonzept,
das Millionen Menschen die kleinen
oder größeren Träume von
Wohneigentum wahrwerden ließ.
Stiller Wegbegleiter
ganzer Generatioen
Die „Füchse“ machten das Bausparen
erst wirklich salonfähig
und bildeten in ihrem modernen
Anstrich den äußerst erfolgreichen
aber bodenständigen Gegensatz
zu den kühlen Auswüchsen
einer ausschließlich an Rendite
orientierten Finanzwelt. Bausparen
war nie besonders hipp, aber
generationenübergreifend zielführend.
Etwas, was der Großvater
für den Enkel abschloss, die
Eltern an die Kinder weitergaben.
Für eine ganze Generation war
der Bausparvertrag, meist mit Beginn
einer Berufsausbildung, die
erste Geldanlage ihres Lebens.
Das Prinzip ist seit den Anfängen
weitgehend unverändert. Ideen,
die funktionieren, benötigen allenfalls
marginale Änderungen
im Detail. Die Kunden sparen die
erste Hälfte ihres Bausparvertrags
an, die zweite Hälfte erhalten sie
als Darlehen von der Bausparkasse,
die dafür die Spareinlagen der
Bau sparer gemeinschaft nutzt.
Die Bausparkasse wurde so im
„Land der Häuslesbauer“ auch
zum Sinnbild einer tief verwurzelten
Lebensphilosophie. Dabei war
sie ursprünglich gar keine Marke
des Südweststaates. Die Anfänge
führen ins Rheinland, ganz genau
Baugeschichte: Der Blick auf den Neubau der Hauptverwaltung im Jahr 1956.
Strukturiert: Täglich gehen allein im Kundencenter bis zu 15 000 Anfragen ein. Nur mit modernster Technik,
einer ausgeklügelten Organisation und genau abgestimmten Prozessen lassen sich die Daten und die
einzelnen Vorgänge der mittlerweile mehr als sieben Millionen Kunden verwalten. Fotos: Bausparkasse Schwäbisch Hall
nach Köln. In der Domstadt wurde
vor 90 Jahren, exakt am 16.
Mai 1931, der Grundstein für die
heutige Bausparkasse Schwäbisch
Hall gelegt.
Gemeinsam mit der Wirtschaftsstelle
für den Handwerkskammerbezirk
Köln eG gründeten ein
paar genosenschaftliche Handwerker
und Bankiers die „Deutsche
Bausparer AG, Bau-, Sparund
Entschuldungskasse“. Schon
das erste Firmenlogo zeigt Bausteine,
die später das zentrale Element
der Marke bilden. Über Berlin,
ab 1934 Firmensitz, kommt
die damalige Bausparkasse der
Deutschen Volksbanken bedingt
durch die Kriegswirren 1944
nach Schwäbisch Hall.
Die Anfänge nach dem II.Weltkrieg
sind schwierig. Im zerstörten
Deutschland ist Wohnraum
Mangelware, viele Menschen haben
ihr Zuhause verloren, allein
auf dem Gebiet der späteren
Bundesrepublik fehlen geschätzt
etwa fünf Millionen Wohnungen.
Weil die Not groß ist und das Geld
knapp, kommt das Bauspargeschäft
nur mühsam in Gang. Ende
1946 verwaltet die Bausparkasse
gerade einmal 12 697 Verträge.
Etwas mehr als 20 Jahre später
sieht das schon ganz anders aus.
Mit einem Neugeschäft von rund
273 000 Verträgen mit einer Bausparsumme
von 6,1 Milliarden
Mark setzt sich „Schwäbisch Hall“
im Jahr 1969 erstmals an die Spitze
der boomenden Branche. Eine
Position, die die Bausparkasse
der Volks- und Raiffeisenbanken
in der Folge nicht mehr abgeben
wird.
Noch im gleichen Jahr überschreitet
der Vertragsbestand
ertsmals die Millionengrenze. Mit
einem Marktanteil von 30 Prozent
ist Schwäbisch Hall bis heute die
größte Bausparkasse und gemeinsam
mit den Genossenschaftsbanken
einer der führenden Baufinanzierer
in Deutsch land.
Allein im vergan genen Jahr haben
die Kunden Baufinanzierungen
über ein Volumen von insgesamt
19 Milliarden Euro und Bausparverträge
in Höhe von mehr als
24 Milliarden Euro abgeschlossen.
Seit der Währungsreform
im Jahr 1948 hat die Bausparkasse
Schwäbisch Hall allein in
Deutschland mehr als neun Millionen
Wohnungen mitfinanziert.
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis –
die enge Verbindung zu den genossenschaftlichen
Banken – ist
bis heute gültig. Denn Kunden
mit einem zuteilungsreifem Bausparvertrag
wurden schon Anfang
der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts
an „befreundete“ Genossen
schaftsbanken weitergeleitet.
Die Bank vergab das Hypothekendar
lehen, „Schwä bisch Hall“ das
Bauspardarlehen im Nachrang.
Dieses Modell wurde ab Ende
der 30er-Jahre zum verbindlichen
Standard bei Finanzierun gen
mit Bauspardarlehen erklärt und
gilt als Faustregel noch heute: 25
Pro zent Eigenkapital, 50 Prozent
Hypo thekendarlehen der Bank
und 25 Prozent Bauspardarlehen.
Das war letzlich auch der Motor
für die enge Zusammenarbeit der
Bausparkasse mit den Genossenschaftsbanken
in ganz Deutschland;
zunächst gemeins am mit
den Volksbanken, ab dem 1956
auch mit den Raiffeisen banken.
Der Einstieg der Raiffeisengruppe
ist ein Meilenstein in der Geschichte
der Bausparkasse. Denn
die neue Zusammenarbeit markiert
gleichzeitig den Anfang
der Marke „Schwäbisch Hall“.
Seit 1956 nennt sich das Institut
nach dem Ort, an dem es nach
dem Zweiten Weltkrieg so richtig
„durchstartete“. Praktisch mit
dem Neuanfang setzt das Unternehmen
konsequent auf die Marke
und kann damit seinen Bekanntheitsgrad
über die Jahre
kontinuierlich steigern. Das
Logo mit den Bausteinen als Symbol,
ab dem Jahr 1962 in Kombination
mit dem Slogan „Auf diese
Steine können Sie bauen“, wird
zum Inbegriff des Wiederaufbaus
und des Wirtschaftswunders.
„Der Fuchs“ als Maskottchen betritt
erstmals 1975 die öffentliche
Bühne und im Jahr 1984 ertönt
dann zum ersten Mal der Jingle,
den auch heute noch Millionen
Menschen in Deutschland mitsingen
können.
Längst ist Schwäbisch Hall seinen
Anfängen entwachsen und
steht dabei nicht mehr allein nur
für das Bausparen, obwohl der
Branchenprimus diese Sparvariante
sogar ins Ausland exportierte
(unter anderem nach Ungarn und
China). Die Bandbreite der Finanzdienstleistungen
ist groß geworden
und reicht zwischenzeitlich
vom Riester-Bauspar vertrag
über Eigenkapitalaufbau bis zum
An nuitätendarlehen für Bau, Kauf
oder Modernisierung.
Das Geschäftsfeld
konsequent erweitert
Dass die Aufgaben und damit
auch lukrative Geschäftsfelder
selbst nach 90 Jahren nicht kleiner
werden, zeigt allein schon der
Blick auf den künftigen Finanzierungsbedarf
im Gebäudesektor.
Die Nachfrage nach Wohnraum
wird das Bauvolumen – gerade
in Ballungsräumen herrscht vielfach
Wohnungsnot – noch lange
Zeit übersteigen. Auch ist der
Wunsch nach Wohneigentum,
wie sich auch während der Corona-Pandemie
erneut zeigte, weiter
gestiegen.
Die Energiewende spielt dem Haller
Vorzeigeunternehmen ebenfalls
in die Karten. Die Bundesrepublik
hat sich bekanntlich dazu
verpflichtet, den Gebäudebestand
bis zum Jahr 2050 klimaneutral
zu gestalten. Das ist viel zu sanieren.
Die Kosten dafür bewegen
sich je nach Szenario, das die
Experten durchspielen, in einer
Bandbreite von rund 500 Milliarden
bis zu 1000 Milliarden Euro.
So lange die Menschen auf die
vier Steinen bauen, gibt es für die
rund 3500 Mitarbeiter und Auszubildende
in Schwäbisch Hall noch
reichlich zu tun.
www.schwaebisch-hall.de