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Wozzeck - Institut für Szenische Interpretation von Musik + Theater

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die der Tambourmajor ihr geschenk hat. Ihr Wiegenlied verwandelt sich in einen frechen und<br />

selbstbewu×ten Gesang. Ihre Phantasien tragen sie auf sanften Flügeln hinauf in die Umkleideräume<br />

der gro×en Madamen.<br />

Maries Ausbruchsversuch ist so angelegt, da× er <strong>von</strong> allen NachbarInnen wahrgenommen<br />

werden kann. Alban Berg selbst spricht einmal <strong>von</strong> Verführung (BERG 1929, S. 161), einmal<br />

<strong>von</strong> Vergewaltigung (ebenda S. 162). Die Regieanweisungen zeigen eine ambivalente Marie:<br />

Spott und Bewunderung, Anmache und Abwehr. Die szenische <strong>Interpretation</strong> aktiviert das<br />

Interesse der SchülerInnen an den psychologischen Details dieser ambivalenten "Rühr mich<br />

nicht an!"-Situation, mit der sich die bisherige musikwissenschaftliche Literatur noch kaum<br />

auseinandergesetzt hat. Die Frage nach der Schuld wird nicht ausbleiben: Wer verführt wen?<br />

Ist Marie an der Vergewaltigung selbst (mit) Schuld? Auch moralische Aspekte spielen eine<br />

Rolle: Warum freut sich Marie nach einer Vergewaltigung an den Liebesgeschenken? Warum<br />

tanzt Marie später in aller Öffentlichkeit mit dem Tambourmajor (vgl. 1. Unterrichtseinheit)?<br />

In der szenischen <strong>Interpretation</strong> wird Maries Ausbruchsversuch eingeleitet durch eine Begegnung<br />

mit <strong>Wozzeck</strong>. Dadurch bildet der Kreislauf <strong>von</strong> Arbeitshetze, Zusatzverdienst, Kindergeld<br />

und Beziehungsentfremdung die "objektive" Basis des Geschehens. Die SchülerInnen<br />

können das punktuelle Verführungs-Vergewaltigungsgeschehen auf seinen Entstehungshintergrund<br />

projizieren.<br />

5.1. <strong>Musik</strong>alische Reflexion zur Beziehung <strong>Wozzeck</strong>-Marie<br />

Am Ende der 3. Unterrichtseinheit haben sich die SchülerInnen zu Maries ambivalenten Phantasien<br />

geäu×ert. In die Idylle dieser Phantasiereise bricht <strong>Wozzeck</strong> herein. Der Dialog beginnt<br />

freundlich und sachlich, bricht aber bald auseinander. Die SchülerInnen versetzen sich durch<br />

die szenische <strong>Interpretation</strong> des auseinanderbrechenden Dialogs in die Situation Maries und<br />

entwickeln ein differenziertes Verständnis <strong>für</strong> deren Erwartungen an den Tambourmajor.<br />

Vorbereitungen: Der Spielraum wird hergerichtet wie in der 3. Unterrichtseinheit (Fenster<br />

nach drau×en, im Innern Wiege oder Bett, Stuhl und Tisch). Marie, <strong>Wozzeck</strong> verkleiden sich.<br />

Marie sitzt am Bett ihres Kindes und singt das Wiegenlied. Die <strong>Musik</strong> (1. Akt, Takt 372-425,<br />

HB10) wird eingespielt. Nach dem Zwischenspiel (Takt 425) stoppt die <strong>Musik</strong>.<br />

Einfühlung und Befragung: Zum Beispiel: "Marie, woran denkst Du jetzt? Meinst Du, da×<br />

<strong>Wozzeck</strong> heute Abend noch kommt? Freust Du Dich darauf? Was erwartest Du <strong>von</strong> <strong>Wozzeck</strong>s<br />

Besuch?" - "<strong>Wozzeck</strong>, Du gehst auf dem Weg zum Hauptmann bei Marie vorbei. Warum<br />

tust Du das? Willst Du Marie etwas <strong>von</strong> dem erzählen, was Du drau×en beim Stöcke-<br />

Schneiden erlebt hast? Meinst Du, Marie wird Dich verstehen? Hast Du noch immer Angst?<br />

Kann Marie Dir helfen?"<br />

<strong>Szenische</strong> Improvisation ohne <strong>Musik</strong> (MET19):<br />

* <strong>Wozzeck</strong> klopft, Marie bittet ihn herein.<br />

* <strong>Wozzeck</strong> bleibt aber drau×en. Er hat's eilig.<br />

* <strong>Wozzeck</strong> will Marie nur <strong>von</strong> dem erzählen, was er erlebt hat.<br />

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