Heft 2, Jahrgang 140 - Canisianum
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THEOLOGIE UND KIRCHE<br />
Mission als Grundvollzug der Kirche nachdenken.<br />
„Ein Grundwort kirchlichen Lebens kehrt<br />
zurück: Mission. Lange Zeit verdrängt, vielleicht<br />
sogar verdächtigt, oftmals verschwiegen,<br />
gewinnt es neu an Bedeutung.“ (Kardinal<br />
Karl Lehmann) Unserer katholischen Kirche in<br />
Tirol fehlt es nicht so sehr an Geld. Unserer<br />
katholischen Kirche fehlt hierzulande die<br />
Überzeugung, neue Christen gewinnen zu<br />
können. In unseren Pfarrgemeinden besteht<br />
bis in deren Kernbereich hinein die Ansicht,<br />
dass Mission etwas für Afrika oder Asien sei,<br />
vielleicht noch für Wien, aber schon gar nicht<br />
für Tirol. Wie weit ist die tief greifende<br />
Veränderung gerade hinsichtlich der<br />
„Weitergabe des Glaubens“ an kommende<br />
Generationen oder generell an Nichtchristen<br />
schon ins allgemeine Bewusstsein der<br />
Gläubigen gedrungen? Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene wachsen eben nicht mehr in<br />
ein von Eltern, Großeltern und dem ganzen<br />
Milieu selbstverständlich übernommenes<br />
christliches Erbe hinein. Wie weit wird die<br />
reale Entwicklung der Orden und des<br />
Priesterberufes wirklich wahrgenommen? Ist<br />
nicht der Glaube bei uns müde geworden? Die<br />
Lebendigkeit des Glaubens einer Ortskirche<br />
drückt sich nicht zuletzt in geistlichen Berufen<br />
aus.<br />
Mission: das kann für gegenwärtige Pastoral<br />
bedeuten, dass wir von einer reagierenden,<br />
defensiven, stagnierenden Haltung zu einer<br />
proaktiven Dynamik kommen. Es stellt sich<br />
die Frage, ob wir Probleme haben, um unsere<br />
Krisen kreisen, auf das Negative fixiert sind,<br />
oder ob wir eine Botschaft haben. Mission ist<br />
ein, nein das „Weitersagen, was für mich<br />
selbst geistlicher Lebensreichtum geworden<br />
ist und dies – im Sinn von „Evangelisierung“ –<br />
auf die Quelle zurückführen, die diesen<br />
Reichtum immer neu speist; auf das<br />
Evangelium, letztlich auf Jesus Christus selbst<br />
und meine Lebensgemeinschaft mit ihm.“<br />
(Medard Kehl) Letztlich geht es bei der<br />
Weitergabe des Glaubens und bei Mission<br />
darum, das zeigen, was man liebt: Jesus zeigen,<br />
von dem wir sicher sein dürfen, dass er<br />
uns liebt.<br />
Schluss<br />
Leiten ist für mich wie das Vorangehen beim<br />
Bergsteigen: Ich habe die Spur zu ziehen, die<br />
nicht zu steil ist, aber doch nach oben führt.<br />
Das Wetter ist einzuschätzen, das Ziel im<br />
Auge zu behalten, die Kräfte einzuteilen. Von<br />
Zeit zu Zeit ist es notwendig, die Landschaft<br />
von oben in den Blick zu nehmen und zu<br />
schauen, wo es blühende Landschaften gibt<br />
und wo der Boden verkarstet und austrocknet<br />
ist. – Dann hat Leiten mit einer guten Nase<br />
zu tun: Spüren und Riechen, was in der Luft<br />
liegt; erahnen, welche Richtung die Kirche von<br />
Innsbruck nimmt, welche Kräfte am Werk sind;<br />
unterscheiden, was zu einem Mehr an Leben<br />
führt und was auf der Stelle tritt. – Leiten ist<br />
wie Nachdenken und Vordenken: hinter Jesus<br />
her denken und ihm nachfolgen, eine theologische<br />
Nachdenklichkeit in den Betrieb einbringen;<br />
proaktiv voraus denken, Vordenker<br />
ermutigen. – Leiten hat etwas mit der Kunst zu<br />
tun, den Spagat zwischen Personen, Gruppen<br />
und Positionen, die Zerreißproben in Konflikten<br />
und Machtkämpfen als Raum der positiven<br />
Spannung und Beziehung zu koordinieren.<br />
Konflikte ergeben sich aus der ganz normalen<br />
Tatsache, dass unterschiedliche Interessen<br />
nicht unter einen Hut zu bringen sind.<br />
Personalentscheidungen sind immer mit<br />
Ermessensurteilen verbunden, die den einen<br />
den Vorzug geben und andere nicht zum Zug<br />
kommen lassen. Konfliktzonen eröffnen sich<br />
auch zwischen den Interessen der Ortskirche<br />
und den Vorgaben der Weltkirche. Die einen<br />
akzeptieren mich nur als Vertreter „unserer<br />
Interessen“ gegenüber Rom, die anderen<br />
erwarten in regelmäßigen Abständen das<br />
große Machtwort, mit dem dann wieder alle<br />
„katholisch“ werden sollen. Da fühle ich mich<br />
als Bischof wie ein Puffer oder ein<br />
Stoßdämpfer. Die Kirchenvorstellungen in der<br />
Diözese selbst lassen sich nicht harmonisieren.<br />
Die einen sehen meine Aufgabe als<br />
Bischof im Anschaffen und Diktieren, die<br />
anderen erwarten ausschließlich Anerkennung<br />
und Akzeptanz. Für nicht wenige soll ich<br />
der sein, der das je eigene absegnet und zu<br />
allem Ja und Amen sagt. Konkret: „Wenn du<br />
als Bischof nicht unserer Meinung bist, dann<br />
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