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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Im Land der Nein-Sager<br />

Von Uwe Ritzer<br />

Wenn Naturschutz zum<br />

Feigenblatt <strong>für</strong> Egoismus<br />

wird <strong>–</strong> die Ellinger Hetzner-Debatte<br />

wirft<br />

exemplarisch die Frage<br />

auf, wer am Ende<br />

entscheiden sollte: die<br />

Bevölkerung direkt oder<br />

die gewählten Gremien.<br />

Ellingen wächst und wächst. 2019 lebten<br />

3851 Menschen in der Deutschordensstadt,<br />

2022 wurde die 4000er<br />

Marke übersprungen und einer Prognose<br />

des Freistaats Bayern zufolge<br />

wird es in zehn Jahren 4200 Ellingerinnen<br />

und Ellinger geben. Die Zunahme<br />

ist vor allem dem Umstand geschuldet,<br />

dass die Kommune seit Jahrzehnten ein<br />

Baugebiet nach dem anderen ausweist<br />

und mit günstigen Grundstücken Zuzügler<br />

anlockt. In Rathaus und Stadtrat<br />

ist man darüber verständlicherweise<br />

froh; klammheimlich freut man<br />

sich auch, wenn die exzessive Ellinger<br />

Baulandpolitik bei politischen Debatten<br />

in der benachbarten Kreisstadt<br />

Weißenburg bisweilen als vorbildlich<br />

dargestellt wird. In den vielen Jahren,<br />

in denen Ellingen günstige Baugebiete<br />

am Fließband entwickelte, spielte ein<br />

Thema nie eine nennenswerte Rolle:<br />

Flächenfraß.<br />

Weder mahnte eine Bürgerinitiative,<br />

noch stellte der Bund Naturschutz<br />

öffentlichkeitswirksam infrage, ob es<br />

ökologisch verträglich und nachhaltig<br />

ist, die Landschaft mit einer Siedlung<br />

nach der anderen zuzubauen. <strong>Das</strong> Argument<br />

Flächenfraß wird in Ellingen<br />

erst bemüht, seit die Firma Hetzner<br />

sich <strong>für</strong> das Gewerbegebiet am Karlshof<br />

interessiert, um dort ein Rechenzentrum<br />

samt großem Solarpark zu<br />

bauen. Nun lehnen plötzlich selbst solche<br />

Ellinger, die beim eigenen Hausbau<br />

gehörig vom Ellinger Flächenfraß<br />

profitierten, Hetzner als schrecklichen<br />

Flächenfresser ab und machen gegen<br />

die Ansiedelung mobil. Was <strong>für</strong> eine<br />

auf absurde Weise verkehrte, kleine<br />

Welt.<br />

„In den Jahren, in<br />

denen die Stadt Bauland<br />

auswies, spielte ein<br />

Argument nie eine Rolle:<br />

Flächenfraß„<br />

Dergleichen kommt landauf, landab<br />

immer häufiger vor. <strong>Das</strong> hohe Gut des<br />

Umwelt-, Natur- und Artenschutzes<br />

wird immer häufiger als Scheinargument<br />

missbraucht, um etwas zu verhindern.<br />

Um zu kaschieren, dass man aus<br />

höchst eigennützigen Motiven seine<br />

Aussicht in die Landschaft bewahren,<br />

oder auch nur den Weg bewahren will,<br />

auf dem man selbst gerne entlangradelt,<br />

joggt oder den Hund Gassi führt.<br />

Mit Natur- und Artenschutz hat das<br />

nichts zu tun. Aber viel damit, dass es<br />

im wohlhabenden Deutschland ein<br />

auch durch die demoskopische Entwicklung<br />

wachsendes, saturiertes<br />

Kleinbürgertum gibt, dem sein Einfamilienhausidyll,<br />

die eigene Ruhe und<br />

Beschaulichkeit über alles gehen. Und<br />

<strong>für</strong> das wirtschaftliche Wertschöpfung<br />

wenig oder gar keine Bedeutung mehr<br />

haben. Da lehnt man dann selbst Investitionen<br />

ab, die der Gesellschaft dienen<br />

und die nicht stinken, lärmen oder verkehrsintensiv<br />

sind. <strong>Das</strong> Sankt-Florians-<br />

Prinzip greift um sich in dieser Gesellschaft,<br />

neudeutsch heißt der Slogan:<br />

„Not in my backyard“.<br />

Nur ist kaum jemand so ehrlich, diese<br />

eigennützigen Motive auch zuzugeben.<br />

Gegnerschaft wird als Naturschutz<br />

getarnt. Ökologie wird zum<br />

Totschlagargument, gerade so wie früher<br />

Arbeitsplätze herhalten mussten,<br />

um Unangenehmes durchzudrücken.<br />

Also wird selbst der intensivst bewirtschaftete<br />

Maisacker zum angeblich<br />

unverzichtbaren, weil ökologisch wertvollen<br />

Biotop gehypt. Und Menschen,<br />

die sich vorher nie nennenswert <strong>für</strong> die<br />

Nöte unserer Bauern interessierten,<br />

warnen plötzlich mit Inbrunst davor,<br />

den armen, gebeutelten Landwirten<br />

10<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2023</strong>

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