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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Für Weißenburg-Gunzenhausen aber<br />

bedeuten 800 000 Euro <strong>für</strong> den Neubau<br />

faktisch den Anfang vom Ende des<br />

Einfamilienhauses <strong>für</strong> alle. (H)Ausgeträumt<br />

<strong>–</strong> sozusagen.<br />

Vertriebsdirektor Werner Ziegler von<br />

der Sparkasse Mittelfranken-Süd<br />

kennt das. „Zuletzt sind bei uns einige<br />

Träume geplatzt“, erzählt er. Ziegler ist<br />

<strong>für</strong> Immobilien und Immobilienkredite<br />

bei der Regionalbank zuständig. Er<br />

sitzt sozusagen an der vorgezogenen<br />

Front des Häuslebauens. Denn: wo<br />

kein Geld, da kein Haus.<br />

Und genau das ist immer öfter der Fall.<br />

„Die Zeit, wo sich Leute ein Haus leisten<br />

konnten, das sie mit einer Zahlung<br />

in Höhe einer vergleichbaren Miete<br />

abzahlen konnten, die sind vorbei“,<br />

sagt der Sparkassen-Mann. „Aktuell ist<br />

Mieten wieder günstiger als kaufen.“<br />

Woran das liegt, kann einem Ziegler<br />

schnell vorrechnen. Jahrelang hatte<br />

man Zinsen um die ein Prozent, mittlerweile<br />

sind 3,5 Prozent realistisch.<br />

Allein dieser Anstieg sorgt da<strong>für</strong>, dass<br />

man <strong>für</strong> 100 000 Euro, die man finanziert,<br />

pro Monat gut 200 Euro mehr<br />

Zinsen zahlt. Braucht jemand 500 000<br />

Euro Kredit <strong>für</strong> seine Immobilie, hat er<br />

vor gut einem Jahr 500 Euro pro Monat<br />

gezahlt, jetzt sind es 1500 Euro.<br />

Nur die Zinsen wohlgemerkt.<br />

Rechnet man die Tilgung drauf, wird<br />

es schnell frustrierend. Mit einer Ein-<br />

Prozent-Tilgung landet man bei einer<br />

Rate von 1900 Euro im Monat, die<br />

man runde 44 Jahre zahlen muss, bis<br />

das Haus schuldenfrei ist. Mit zwei<br />

Prozent Tilgung schießt die Rate auf<br />

knappe 2300 Euro. Zur Belohnung ist<br />

man schon nach knappen 30 Jahren<br />

durch mit der Häuslefinanzierung.<br />

„Im Moment muss man schon sagen,<br />

dass sich jetzt ein bisschen ein Fenster<br />

geschlossen hat“, erklärt Ziegler.<br />

„Die vergangenen Jahre war es einfach<br />

so, dass auch Durchschnittsverdienern<br />

der Hausmarkt offenstand.“<br />

Der Banker drückt sich vorsichtig aus,<br />

will nicht zu hart formulieren, will<br />

vielleicht nicht schon wieder derjenige<br />

sein, der Träume zum Platzen bringt.<br />

Aber im Grunde ruft auch er das Ende<br />

des Einfamilienhauses <strong>für</strong> die Mitte<br />

der Gesellschaft aus.<br />

„Billiger wird es nicht<br />

mehr werden. <strong>Das</strong> hat<br />

sich auf einem hohen<br />

Niveau stabilisert„<br />

Gut, aber das geht doch auch wieder<br />

vorbei, die Preise sinken doch auch irgendwann<br />

wieder? Die Experten vor<br />

Ort schütteln den Kopf. „Billiger wird<br />

es nicht mehr werden. <strong>Das</strong> hat sich<br />

jetzt auf einem hohen Niveau stabilisiert“,<br />

glaubt Horst Beckstein. Und<br />

Immobilienexperte Ziegler gibt dem<br />

Bau-Praktiker recht: „Warten ist <strong>für</strong><br />

Bauwillige keine gute Strategie“, sagt<br />

er. „<strong>Das</strong>s die Preise weiter runtergehen,<br />

das wird man im Neubaubereich<br />

nicht erleben.“<br />

Aber wenn man sich ein Einfamilienhaus<br />

nicht leisten kann und Warten<br />

keine Option ist, was soll man dann<br />

tun? „<strong>Das</strong> Beste wäre es jetzt, seinen<br />

Immobilienwunsch nachzuqualifizieren“,<br />

sagt Ziegler. Eine sehr hübsche<br />

Formulierung <strong>für</strong>s Kleiner-Träumen<br />

der eigenen vier Wände. Doppelhaushälfte<br />

statt Einfamilienhaus, vielleicht<br />

nur eine Wohnung oder was<br />

Gebrauchtes … Anders wird es in der<br />

Masse nicht gehen. Und das ist <strong>für</strong> die<br />

meisten schon eine Herausforderung.<br />

Für ein Reihenhaus in 1B-Lage wür-<br />

den immerhin 600 000 bis 650 000<br />

Euro fällig, <strong>für</strong> eine Neubauwohnung<br />

350 000 bis 400 000 Euro. Auch keine<br />

Summen, die man mal so eben auf dem<br />

Festgeldkonto liegen hat.<br />

So hart das manche Lebensplanung<br />

trifft, so sehr kann das vielleicht auch<br />

eine Chance <strong>für</strong> das große Ganze sein.<br />

Denn dass es nicht immer so weiter<br />

gehen kann, das gilt auch <strong>für</strong> die Ausdehnung<br />

der Städte und Dörfer. Die<br />

vergangenen Jahrzehnte wucherten<br />

die Siedlungen immer weiter in die<br />

Landschaft. Regelmäßig neues Bauland<br />

zur Verfügung zu stellen, gilt auf<br />

dem Land immer noch als eine der<br />

Basis-Aufgaben <strong>für</strong> Bürgermeister. Flächenfraß<br />

hin, Flächenfraß her.<br />

Wie so oft gilt aber vielleicht auch hier:<br />

Verhalten ändert sich in der Masse<br />

selten aufgrund von tieferer Einsicht,<br />

ziemlich schnell geht es dagegen übers<br />

Geld. Und so könnte auch der Hunger<br />

nach den Bauplätzen in den kommenden<br />

Jahren nachlassen. Auch wenn die<br />

Geschichten von massenhaft an die<br />

Kommunen zurückgegebenen Grundstücken,<br />

die seit Monaten schon in<br />

der Region kursieren, offenbar nur<br />

gut erfunden sind. „Bei uns ist noch<br />

gar nichts zurückgegeben worden“,<br />

so Ellingens Bürgermeister Matthias<br />

Obernöder. Die Deutschordensstadt<br />

in der Mitte des Landkreises ist eine<br />

Art Mekka der Bauwilligen. Um die<br />

200 Häuser dürften dort auf dem sogenannten<br />

Karlshofplateau in den vergangenen<br />

Jahren entstanden sein. Für<br />

das nächste Gebiet habe man immer<br />

noch 180 Anfragen <strong>für</strong> nur 50 Plätze.<br />

Aber auch in Ellingen hat die Freude<br />

am Bauen ein paar Kratzer im Lack<br />

bekommen. Die ersten fangen sich an<br />

zu fragen, ob es der Stadt denn so guttut,<br />

immer weiter in die Landschaft zu<br />

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<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2023</strong>

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