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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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wachsen. Die Straßen, die Kanäle, die<br />

Beleuchtung, all das müsse man über<br />

Jahrzehnte und vielleicht Jahrhunderte<br />

hinweg erhalten. Dabei stehe im historischen<br />

Ortskern doch vieles leer.<br />

Womit man zurück bei den Alternativen<br />

wäre. „Grundsätzlich wird man<br />

verstärkt auf ein Bauen im Bestand<br />

gehen müssen“, sagt Innungsobermeister<br />

Klaus Weber zur Zukunft des<br />

Bauens auf dem Land. „Auch Mehrgenerationenhäuser<br />

sollten verstärkt<br />

neu gedacht werden“, findet er. „<strong>Das</strong><br />

kann Kosten sparen, weil man sich<br />

viel Infrastruktur durch gemeinsame<br />

Nutzung spart.“ Auch Horst Beckstein<br />

hat sich so seine Gedanken über<br />

die Zukunft des Bauens gemacht. „Es<br />

wird vielleicht in Zukunft einfach verschiedenes<br />

Wohnen <strong>für</strong> verschiedene<br />

Lebensphasen geben“, spekuliert er.<br />

Warum muss man sich ein Haus <strong>für</strong>s<br />

Leben bauen, wenn man es ohnehin<br />

nur in einer Phase von vielleicht 20<br />

Jahren braucht, wenn die Familie im<br />

Haus ist? Würde da nicht auch Mieten<br />

gehen? Oder Tauschen? Oder mit<br />

Schulden wieder weiterverkaufen <strong>–</strong><br />

wie das auf den Immobilienmärkten<br />

anderer Länder durchaus verbreitet<br />

ist? Und wenn die Kinder aus dem<br />

Haus sind, verkauft man die Burg,<br />

zahlt den Kredit ab und zieht in eine<br />

barrierefreie Wohnung.<br />

Dann bräuchte es aber flexiblere<br />

Wohnangebote auch auf dem Land.<br />

Beckstein hat sich deswegen schon<br />

mal mit dem Thema Tiny Houses beschäftigt.<br />

Warum nicht drei günstige<br />

Tiny-House-Einheiten auf einem Bauplatz<br />

unterbringen und <strong>für</strong> Singles,<br />

Familien ohne Kinder oder auch Senioren<br />

anbieten? Die aktuelle Antwort<br />

hat er unglücklicherweise auch gleich<br />

mit im Gepäck. „Zu kompliziert. <strong>Das</strong><br />

geben die Bebauungspläne nicht her.“<br />

Die Idee hat er erst mal wieder auf Eis<br />

gelegt. Aber vielleicht muss erst der Bedarf<br />

und der Druck wachsen, bis solche<br />

Dinge möglich werden.<br />

Die Baubürokratie ist leider auch <strong>für</strong><br />

das Bauen im Bestand ein Problem.<br />

„Will man ein Haus aufstocken, kommt<br />

man schnell in eine andere Gebäudeklasse,<br />

und dann wird es so kompliziert,<br />

dass es keinen Sinn mehr macht“, gibt<br />

Beckstein ein Beispiel. <strong>Das</strong> hat man<br />

aber auch beim Landkreis schon gemerkt<br />

und ist dabei, die Gemeinden<br />

mit sanftem Druck dazu zu bringen,<br />

ihre Baupläne zu modernisieren, um so<br />

mehr Möglichkeiten <strong>für</strong> Nachverdichtungen<br />

und Ausbauten zuzulassen.<br />

Geht es 2024 wieder aufwärts?<br />

Hier könnten auch die Chancen <strong>für</strong><br />

die Baubranche liegen. Die Zeiten<br />

müssten jetzt genutzt werden, um sich<br />

auf einen verändernden Markt einzustellen.<br />

Es werden andere Wohntypen<br />

gefragt sein, andere Modelle der Bauumsetzung.<br />

Die Zeit des schlüsselfertigen<br />

Bauens sei vielleicht vorbei, glaubt<br />

Beckstein, der damit groß geworden ist.<br />

Aber wenn Altes geht, bedeutet das ja<br />

nur, dass Platz wird <strong>für</strong> neue Modelle.<br />

Tiny-House-Siedlungen mit Gemeinschaftsräumen,<br />

Mehrgenerationenhäuser<br />

in leer stehenden Bauernhöfen in<br />

den Ortskernen, Eigentumswohnungen<br />

in Familiengrößen mit Gemeinschaftsgärten.<br />

Grundsätzlich könnten<br />

großstädtischere Wohnformen aus der<br />

Not heraus auch aufs Land kommen.<br />

Denn in den urbanen Zentren ist man<br />

erfahren im Umgang mit extrem hohen<br />

Baukosten.<br />

All das wird nicht von heute auf morgen<br />

geschehen. Denn dass die Krise<br />

völlig neue Dimensionen annimmt,<br />

das glaubt man im lokalen Baugewerbe<br />

nicht. Schon ab dem Sommer hofft<br />

Beckstein, dass es langsam wieder aufwärtsgehen<br />

könnte. Auch deswegen,<br />

weil er die Immobilien weiter als stabile<br />

Wertanlage sieht <strong>–</strong> auch und gerade in<br />

Zeiten der Inflation. Jetzt aber könnte<br />

die Zeit <strong>für</strong> die Baufirmen der Region<br />

sein, die eigenen Geschäftsmodelle zu<br />

überdenken, sich neue Kompetenzen<br />

an Bord zu holen und gezielt in die Zukunft<br />

zu planen.<br />

<strong>Das</strong>s das gelingen wird, da ist sich<br />

Klaus Weber sicher. „Wir haben bei<br />

uns im Landkreis viele typische Mittelständler,<br />

mit vielleicht fünf bis zehn<br />

Angestellten. Die tun sich leichter, da<br />

schnell zu reagieren, und deren Stärke<br />

liegt auch in der Vielseitigkeit.“ <strong>2023</strong><br />

werde schwierig, aber er hoffe, dass<br />

man spätestens 2024 vielleicht schon<br />

wieder nach vorne schauen können.<br />

Und bei aller Krise der Auftragslage,<br />

eines sagt Weber auch: „Der Fachkräftemangel<br />

wird die größte Krise<br />

bleiben.“ Wer jetzt gute Leute gehen<br />

lässt, werde das später sicher bereuen,<br />

wenn der Markt wieder anzieht. Und<br />

das ist <strong>für</strong> die Gesamtlage dann doch<br />

eine gute Nachricht. <strong>Das</strong>s die Bauwirtschaft<br />

ihre Mitarbeiter auf die Straße<br />

setzt und sie auf dem Arbeitsmarkt landen,<br />

das steht <strong>–</strong> im Gegensatz zu früheren<br />

Krisen <strong>–</strong> eher nicht zu be<strong>für</strong>chten.<br />

Da<strong>für</strong> sind Arbeitskräfte heute einfach<br />

ein zu rares Gut. <strong>Das</strong> bedeutet aber<br />

auch, dass die Baufirmen in Zukunft<br />

gar nicht so einfach mit Verkleinerung<br />

durch die Krise kommen können, sondern<br />

mehr Kreativität an den Tag legen<br />

müssen, um ihre Mitarbeiter mit neuen<br />

Modellen mit Arbeit zu versorgen.<br />

Nicht die schlechtesten Perspektiven<br />

<strong>für</strong> die Region … Bei allen Weltuntergangsszenarien.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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