WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

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Lokal investieren – geht das? Von Ina Brechenmacher Mit Investmentfonds das Ersparte zu Unternehmen auf dem ganzen Globus schicken – eine Möglichkeit, die eigene Altersvorsorge anzugehen. Um die Wertschöpfung vor Ort zu halten, müsste das Geld jedoch regional oder sogar lokal investiert sein. Geht das? Oder ist das nur etwas für karitativ veranlagte Großverdiener oder die wenigen mit einer guten betrieblichen Altersvorsorge, die sich etwas Risiko leisten können? So einfach kann es sein: Man kauft einen ETF und schon gehören einem 1000 Unternehmen auf der ganzen Welt. Zumindest ein bisschen. Will man heutzutage für das Alter vorsorgen, also der Inflation mit dem Ersparten entkommen und die geringe gesetzliche Rente aufstocken, stößt man schnell auf Fonds, beispielsweise ETFs, also „Exchange-Traded Funds“. Die bilden ganze Börsenindizes wie den DAX oder den MSCI World nach. Das geschieht passiv, die Kosten eines aktiven Fondsmanagements entfallen. Relativ bequem ist das Ganze: einmal Sparplan erstellen, monatlich einzahlen, den Gewinn automatisch reinvestieren lassen. Kommen die investitionsfreudigen Digital Natives mal ins Rentenalter, zahlen sie sich dann monatlich aus ihrem Online-Depot eine zusätzliche Rente aus. Klingt zu einfach? Ein gewisses Grundvertrauen in die kryptischen Titel der ETFs braucht man und in die eigenen Fähigkeiten, aus den Datenblättern der Produkte schlau zu werden. Bei über Tausend weltweiten Unternehmen ist es unmöglich, einen genaueren Überblick zu behalten. Versteckt sich im beworbenen Nachhaltigkeits-ETF doch eine Fast-Fashion-Marke oder hält er den Kurs mit Pharmaunternehmen? Der Fonds hat eine super Wertentwicklung, ein paar Rüstungsunternehmen sind aber auch mit dabei? Resigniert man irgendwann angesichts von Portfolios, Online-Ratings und stichprobenartigen Google-Suchen, könnte einem der Gedanken kommen: 58 WIKO Ausgabe 2023
Wie wäre es, in Unternehmen vor Ort zu investieren – Firmen, die man kennt, an denen vielleicht sogar der tägliche Arbeitsweg vorbeiführt? Wie wäre es, das Ersparte in ein Projekt zu stecken, dass die lokale Wirtschaft unterstützt? Ist es möglich, mit einem normalen Einkommen Geld gewinnbringend lokal anzulegen? Also sogar innerhalb der Landkreisgrenzen? In der frisch renovierten Weißenburger Sparkassen-Geschäftsstelle er- Jacqueline Nass: Lokal ist gut, aber man muss das Risiko im Blick halten. klärt die stellvertretende Filialdirektorin Jacqueline Nass die nötigen Zusammenhänge. Mit 27 Jahren hat sie als Sparkassen-Eigengewächs jetzt schon eine steile Karriere hinter sich: 2011 begann sie ihre Ausbildung zur Bankkauffrau, dann folgte die Weiterbildung zur Fach- und Betriebswirtin. Nach ihrer Zeit als Vermögensberaterin ist sie nun seit drei Jahren stellvertretende Filialdirektorin und arbeitet nebenbei als Dozentin für Steuerrecht an der Sparkassenakademie in Landshut. Kann ich lokal investieren? „Na ja, es ist schwierig“, lacht sie, die Rechercheergebnisse vor sich im vorab gebuchten Beratungszimmer. Die Sparkassen-Bonbons scheinen in Reichweite zu stehen, um über die platzende Illusion hinwegzutrösten. „Lokal ist ja schön und gut, man muss sich halt immer über das Risiko bewusst sein.“ „Wir haben hier in der Region nicht so wirklich viele große Unternehmen.“ Der Boden der Tatsachen ist schnell erreicht. „Also die Region ist schon gut aufgestellt“, räumt Jacqueline Nass ein, „aber jetzt nicht so, dass ich hier auf einzelne Werte allein meine Altersvorsorge investieren würde.“ „Lokal ist ja schön und gut, man muss sich halt immer über das Risiko bewusst sein„ Leoni, Schaeffler, Sanmina, Plastic Omnium, KraussMaffei: Will man nicht ganz so weit von der ursprünglichen Idee eines Investmentfonds abweichen, bleiben Aktien von Unternehmen mit lokalen Niederlassungen. Schnell stellt sich aber die Frage: Wie regional ist es, wenn mitunter nur einer von mehreren deutschland-, wenn nicht weltweiten Standorten im Landkreis liegt oder das Unternehmen hinter der Niederlassung nur über ein Firmengeflecht zum börsennotierten Teil gehört? Es fällt dann schon eher unter Liebhaberei, einen kleinen Teil des Ersparten in Aktien dieser Unternehmen zu stecken – rein aus Verbundenheit zum Standort einer Niederlassung. Die Rente mit Mieten aufstocken Nachgesagt wird den Deutschen, dass sie Aktienmuffel sind und lieber in Betongold investieren. Eine Wohnung zur Altersvorsorge kaufen und vermieten ist eine Variante: Vor wenigen Jahren war das schon fast ein Trend, nicht nur unter Jungen Liberalen. Den vielen Immobilien-Podcasts nach zu urteilen, ist das immer noch ein Gedanke, der Menschen umtreibt. Auch im Landkreis haben einige dieses Modell für sich entdeckt. Ein lokaler Experte erklärt, wie es funktionieren kann. Er besitzt und vermietet mittlerweile mehrere Dutzend Wohnungen im Landkreis. Ihm ist es lieber, anonym zu bleiben. „Nein, das lohnt sich nicht“, kommt es wie aus der Pistole geschossen, wenn man ihn fragt, ob es sich als Einzelperson lohnt, in eine Wohnung zu investieren. „Die Rechnung geht nur auf, wenn du selbst Handwerker bist oder Handwerker kennst.“ Das ist sein Geschäftsmodell: Er kauft alte Häuser und renoviert sie. Er kennt viele Handwerker und kommt so leichter an freie Termine. Vieles macht er aber selbst. Man trifft ihn, wenn er Briefkästen an seinen Häusern repariert. Zeigt er potenziellen neuen Mietern eine Wohnung, fällt schon mal der Satz: „Die Küchenarbeitsfläche haben wir selbst gebaut. Meine Frau hatte die Idee.“ „Einkauf ist alles“, erklärt er tiefenentspannt in seinem Büro nahe einer grünen Wiese, vor sich eine Tasse Kaffee, an den Wänden hängen Pläne von Renovierungsarbeiten für seine Wohnungen. „Was du vorwiegend brauchst, ist Glück. Du streckst einfach deine Fühler aus. Du hast ja keinen Stress.“ Einfach die Fühler ausstrecken … Direkt vom Verkäufer finden sich immer wieder Wohnungen auf Kleinanzeigenportalen. Mit dem Landkreis als Suchradius erscheinen einige Optionen. Überschlägt man es grob, geht die Rechnung aber bei keinem Objekt wirklich auf. „Die Rechnung geht nur auf, wenn du selbst Handwerker bist oder Handwerker kennst„ Zurück im Beratungsraum der Sparkasse fasst Jacqueline Nass zusammen: „Da ist man ein Jahr zu spät dran.“ Das verdeutlicht sie anhand einer Immobilie, die die Bank vor Kurzem im Verkauf hatte: 100 Quadratmeter in Weißenburg für 300 000 Euro, Baujahr 1985. Vor nur einem Jahr hätte man einen Darlehenszins von 1,5 Prozent bekommen. Mit einer Tilgung von ebenfalls 1,5 Prozent müsste man monatlich eine Miete von mindestens 750 Euro verlangen. Dabei sind die Steuern auf die Mieteinnahmen, notwendige Rücklagen für künftige Sanierungsarbeiten und Nebenkosten, die man nicht auf die Mieter umlegen kann, noch nicht miteinberechnet. Alles in allem aber ein realistischer Mietpreis. Heute bekommen Kaufwillige einen Zinssatz von 3,5 Prozent. Somit müssten also bei gleicher Tilgung auf einmal mindestens 1250 Euro pro Monat über die Miete hereinkommen, um den Kre- Wirtschaftsmagazin WIKO 59
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