Zukunft Forschung 02/2019
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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TITELTHEMA
lich sind. „Es braucht keine neue Heimat,
sondern vielmehr eine vermehrte soziale
Durchmischung in einer Gesellschaft, die
immer mehr zu allerlei Arten von Separatismus
tendiert.“ Es brauche geteilte
Praxis, geteilte Erfahrungen, und dafür
Orte der Durchmischung, Bereiche der
Kooperation statt Ghettoisierung und soziale
Abkoppelung.
„Wenn man heute den Eliten eine Rede
hält, wenn man sie überzeugen, bekehren,
verführen will, dann nicht, indem
man an ihr Gewissen appelliert, sondern
indem man ihnen ihren eigenen Diskurs
entgegenhält. Anders gesagt: Die neuen
Eliten werden nicht durch Moral gewonnen,
sondern durch ihr eigenes Prinzip“,
sagt Charim und verweist auf empirische
Studien, die zeigen, dass gerechte Gesellschaften
besser funktionieren – und zwar
für alle Beteiligten. Auch für Privilegierte
sind gerechtere Gesellschaften besser.
Gleichheit sei daher ein Gebot der Effizienz.
Die letzte und vielleicht wichtigste
Strategie aber ist für Isolde Charim jene,
ZUKUNFTSTHEMA
BARRI
EREN
welche die Fridays-for-Future-Bewegung
eröffnet hat. „Es sind Ansätze eines neuen
Denkens jenseits der neoliberalen Enthemmung,
ohne Rückgriff auf alte Konzepte.
Es ist dies eine Alternative, die
nicht über den Rückgriff auf Gemeinschaft
funktioniert.“ Gleichzeitig eröffnet
es auch die Möglichkeit einer Solidarität
jenseits von Fragen der Ähnlichkeit.
An einem weiteren Thementisch wurde über
den Abbau von BARRIEREN diskutiert: Wie
kann Zugänglichkeit für alle Menschen erreicht
werden? Dabei ging es um die Frage,
wie sind Institutionen, Einrichtungen und
Alltag zu gestalten, so dass Zugänglichkeit
gewahrt ist. Schon heute gibt es Strukturpläne,
mit denen man diese Zugänglichkeit
überprüfen kann. Zum anderen wurde in
der Diskussion aber auch klar, dass niemand
glauben dürfe, nicht von dieser Frage betroffen
zu sein. Denn Barrieren sind keine Frage
für eine kleine Minderheit, im Laufe des
Lebens sind eigentlich alle davon betroffen.
Denn die Gemeinsamkeit beruht weder
auf Herkunft noch auf Moral, sondern
auf der reinen Existenz. „Es geht um Zukunftskräfte,
die mehr sind als der Erhalt
des Gegenwärtigen. Denn um das Gegenwärtige
auch nur zu erhalten, muss es
auf neue Füße gestellt werden. Und das
heißt nichts anderes als Gesellschaft neu
denken.“
cf
ZUKUNFTSTHEMA
R E S
SOUR
C E N
Wir leben in einer vollen Welt, in der wir
die RESSOURCEN oft schon über deren
Grenzen hinaus nutzen. Dem setzt das
Konzept der Donut-Ökonomie ein Handeln
gegenüber, wo einerseits soziale und politische
Bedürfnisse erfüllt und andererseits
die planetarischen Grenzen eingehalten
werden. In der Diskussion wurde betont,
dass es für einen Wandel ganz viele Orte der
Veränderung brauche, zunächst auf individueller
Ebene. Aber auch auf der Ebene des
Marktes seien neue Regeln und Bewertungsmaßstäbe
notwendig, so wie es auch einen
übergeordneten Rahmen und entsprechende
Regeln brauche. Ein Wandel verlangt Veränderung
auf allen diesen Ebenen, es sind aber
auch Schnittstellen zwischen den Ebenen
nötig, um die Aktivitäten zu verhandeln und
mögliche Risiken zu verteilen.
ZUKUNFTSTHEMA
ZUSAM
M E N
LEBEN
Auch über mögliche Formen des ZUSAM-
MENLEBENS haben die TeilnehmerInnen
gesprochen, ausgehend von der Literatur
als Darstellungsraum von verschiedenen
Lebens- und Verbundenheitsmodellen, von
gelungenen bis hin zu tragischen. Dabei
zeigte sich, wie jede Zeit mit bestimmten
Familien- oder Partnerschaftsmodellen
haderte. Auch gegenwärtig haben wir uns
die Frage zu stellen, wie wir die Menschen
zusammenbringen, wie Begegnungszonen
oder Begegnungsräume beschaffen sein
müssen. Und für manche war gerade dieses
Diskussionsforum der Universität Innsbruck
eine sehr gelungene Form einer solchen
Begegnungszone.
ZUKUNFTSTHEMA
ALTER
Die persönliche Angst vor Abhängigkeit im
ALTER war für die TeilnehmerInnen gar
nicht zentral, wichtig waren ihnen zwei andere
Aspekte: Einerseits in Isolation zu geraten
und soziale Beziehungen zu verlieren
und andererseits den Familienmitgliedern
zur Last zu fallen. Es müsse gesellschaftlich
anerkannt werden, dass die Pflege von
Angehörigen eine enorme Last darstelle.
Wichtig sei auch, wie in der Gesellschaft
und in Familien mit Themen wie Tod,
Alterung und Gebrechlichkeit umgegangen
werde. Hier werden diese Themen oft
einfach weggeschoben, weil sie nicht in die
Idealvorstellung vom körperlich und/oder
geistig aktiven Leben passen. Diese Teile
des Lebens sollten deshalb stärker zu einer
Realität gemacht werden, besonders in den
Familien.
Fotos: unsplash/Andreea Popa (1), unsplash/William White (1), unsplash/Dominik Vanyi (1), AdobeStock/gradt (1)
zukunft forschung 02/19 13