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Zukunft Forschung 02/2019

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

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TITELTHEMA

Klimakrise & Digitalisierung

In ihrer Keynote „Ein Europa der grünen

Regionen – Gedanken zu einem neuen

Wohlstandsbegriff im Zeichen veränderter

Anforderungen und technologischer Möglichkeiten“

schlug die dänische Politikerin

Ida Auken einen Bogen zwischen den beiden

großen Herausforderungen der Gegenwart:

Der Klimakrise und der digitalen Disruption.

Dabei bietet die Digitalisierung auch Chancen

und Möglichkeiten, mit der Klimakrise

umzugehen. Themenkurator Martin Stuchtey

bezeichnete Ida Auken in seiner Einführung

als „Mutmacherin par excellence“: Die studierte

Theologin und Autorin ist seit 2007

gewählte Politikerin, erst für die links-grüne

„Socialistisk Folkeparti“, seit Anfang 2014

für die links-liberale „Radikale Venstre“. Von

2011 bis 2014 war sie dänische Umweltministerin,

davor und seither Parlamentarierin.

„Ida Auken gilt als die Architektin der

Energiewende, der Circular-Economy-Wende

in Dänemark, aber auch in Europa“, betonte

Martin Stuchtey in seiner Vorstellung. Hier

ihr Vortrag in einigen Auszügen:

„Die Integration der Energiemärkte steht

an erster Stelle, wenn wir erneuerbare

Energien einsetzen wollen. Ein Beispiel:

Dänemark produziert Windenergie und

nutzt Norwegen als Batterie, weil sie dort

mit Pumpspeicherkraftwerken die Energie

speichern können. Das ist ein guter

Deal für Dänemark und für Norwegen,

da Norwegen die Energie von uns auch

billig bekommt. Österreich mit dem hohen

Wasserkraftanteil hat die Chance,

„Wenn wir ein Geschäftsmodell

für nicht ausgelastete Produkte

entwickeln können, können wir

neues Wachstum ermöglichen,

das vom Material- und

Energieverbrauch entkoppelt ist.“

Ida Auken, Umweltministerin Dänemark 2011 bis 2014

ES GIBT VIELE Möglichkeiten, unseren Lebensstil nachhaltiger zu gestalten.

ebenfalls eine Batterie für die ganze Region

zu werden. Erneuerbare Energien sind

heute sehr viel billiger als die meis ten anderen

Energieformen, wir haben aber ein

Problem der Speicherung, und da kommen

die integrierten Märkte ins Spiel.

Wir sollten auch die Verbraucher dazu

bringen, Energie zum richtigen Zeitpunkt

zu konsumieren: Ziel ist, Stromsicherheit

zu haben und keine Energie dadurch

zu verlieren, dass niemand Strom verbraucht,

etwa nachts. Wenn wir die Leute

dazu bringen könnten, ihre Elektrofahrzeuge

nachts aufzuladen, weil es auch

dort Windkraft gibt, ist das eine Lösung.

Auch mit dem Internet der Dinge und der

Maschine-zu-Maschine-Kommunikation

könnte man das so gestalten – der Kühlschrank

muss nicht um vier bis fünf Uhr

nachmittags kühlen, wenn man Strom für

andere Dinge braucht, er könnte damit

bis später in der Nacht warten. Die Leute

müssen sich darüber nicht einmal selbst

kümmern, die Maschinen machen das

von selbst. Man könnte auch Geschirrspüler

und Waschmaschinen so programmieren,

dass sie zu Zeiten laufen, in denen

Stromnetze wenig ausgelastet sind.“

(…)

„Auch die Mobilität ist ein großer Teil:

Mein Traum wäre, dass wir uns in Richtung

Mobilität bewegen, im Gegensatz

dazu, Autos zu besitzen. Ich habe immer

noch keine dänische Stadt gefunden, die

sich freiwillig dafür einsetzt. Aber ich

bin überzeugt: Wenn man die private

Autonutzung in einer Stadt verbieten

würde, hätte man sehr schnell Mobilitätslösungen,

die auch technologisch unterstützt

würden, etwa durch Rideshare-Anbieter

und automatisch berechnete Routen.

Wir müssen die Menschen auch dazu

bringen, Fahrräder oder Roller zu benutzen.

So eine Stadt wäre sehr attraktiv, es

gäbe keinen Lärm, keinen Stau, Parkplätze

könnten in Grünflächen umgewandelt

werden. Das sind die Dinge, mit denen

wir jetzt anfangen müssen. Wir können

das jetzt schon umsetzen und wir haben

die Technologie dazu.“

(…)

„Ein weiterer Trend ist Konsum und Verbrauch:

In Schweden haben die Leute

vielfach aufgehört, Dinge zu kaufen, sie

weigern sich einfach. Das wird zu einem

großen Trend. Wie gestalten wir Produkte

für diese Welt? Entweder wir konzentrieren

uns auf High-End-Produkte,

von denen man eines statt zehn kauft

und es für eine lange Zeit hat, oder man

geht zu Leasing- oder Leih-Lösungen

über, bei dem man kein Produkt besitzt,

aber für eine Weile Zugang dazu hat.

Denken Sie an Dinge, die Sie besitzen

und die Sie eine Zeit lang nicht benutzen,

wie z.B. eine Bohrmaschine, wenn Sie eine

zu Hause haben – sie läuft insgesamt

drei Minuten, aber sie liegt die ganze Zeit

bei Ihnen zu Hause. Denken Sie über all

die Dinge nach, die Sie nicht benutzen.

Uber hat das mit dem Auto gemacht: Ihr

Auto läuft fünf Prozent der Zeit, das ist

extrem wenig Auslastung. Wenn wir ein

Geschäftsmodell für die nicht ausgelasteten

Produkte entwickeln können, können

wir neues Wachstum ermöglichen,

das vom Material- und Energieverbrauch

entkoppelt ist.“

sh

zukunft forschung 02/19 15

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