Zukunft Forschung 02/2019
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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TITELTHEMA
WORDCLOUD AUS DER MENTIMETER-UMFRAGE: Beim Diskussionsforum startete Mike Peters, Professor am Institut für Strategisches
Management, Marketing und Tourismus, eine Mentimeter-Umfrage, um den TeilnehmerInnen und Teilnehmern die Möglichkeit zu geben,
zu sagen, was sie tun, um dem Klimawandel zu begegnen: Jene Argumente, die groß sichtbar sind, wurden am meisten genannt: Neben
der Vermeidung von Plastik betreffen die meisten nachhaltigen Aktionen die Mobilität, den Konsum, häufig auch den Fleischkonsum.
So bewerten Menschen beispielsweise Situationen
grundsätzlich intuitiv und nicht
faktenbasiert. Was den Menschen in der
Evolution weitergebracht hat, funktioniert
jedoch angesichts der Komplexität
des Klimawandels nicht mehr.
Klimaschutz-Diät
Ein weiteres Beispiel sei die sogenannte
menschliche Verlustaversion, also die Tatsache,
dass der Großteil von uns Verluste
emotional stärker bewertet als potenzielle
Gewinne: Der Verzicht aufs Auto wird also
emotional stärker wahrgenommen als
die Vorstellung, welchen positiven Effekt
dieser aufs Klima hat. Hinzu kommt, dass
der subjektive Wert für etwas, das man
gleich haben kann, höher ist, als wenn
der positive Effekt zu einem späteren
Zeitpunkt eintritt, vielleicht sogar erst die
Nachkommen betrifft.
„Wir müssen deshalb den Klimawandel
als unmittelbares, lokales und persönliches
Risiko veranschaulichen und
seine emotionale und greifbare Erlebbarkeit
steigern“, ist einer der Vorschläge,
die Lamm am Schluss seines Vortrags
machte, den er mit der Idee einer Klimaschutz-Diät
abschloss. Er sieht viele Analogien
zwischen einem wirksamen Abnehmprogramm
und einem Programm
für mehr Nachhaltigkeit. Wie bei einer
Diät müsse man klare persönliche Ziele
definieren, diese niederschreiben, in regelmäßigen
Abständen überwachen und
bei Fehlverhalten Ausgleichsmaßnahmen
IN BEWEGUNG GESETZT
Um unser Verhalten zu reflektieren und zu
hinterfragen, lud Theaterpädagoge und
Politologe Armin Staffler nach der Pause
das Publikum zu einem Experiment ein,
bei dem er Anweisungen gab, welche die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst
befolgen sollten, in einer weiteren Runde
sollten sie das Gegenteil des Kommandos
tun. In einer öffentlichen Feedbackrunde
konnten alle Interessierten ihre Beobachtungen
teilen.
setzen. Sich mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen
ist eine weitere Möglichkeit,
die es erleichtern kann, persönliche
Ziele zu erreichen. „Natürlich muss man
das Vorhaben auch positiv framen“, verdeutlichte
Lamm eine weitere Parallele
zur Diät.
Diese Diät will der Neuropsychologe
nicht nur jedem einzelnen Menschen verordnen,
sondern auch dem politischen
System. Alle EntscheidungsträgerInnen
in den Institutionen müssten sich zu dieser
Klima-Diät verpflichten. „Denn die
beschriebenen Handlungsmechanismen
können wir nicht nur auf individueller
Ebene, sondern auch auf gesellschaftlicher
und politischer Ebene anwenden“,
sagte Lamm: „Entscheidend ist allerdings,
dass wir jetzt damit beginnen!“ Denn
sonst ist irgendwann in naher Zukunft jener
Punkt erreicht, an dem das Klima der
Erde kippt und Mechanismen in Gang
gesetzt werden, die jeder möglichen Kontrolle
durch den Menschen entzogen sind.
Lamm legte mit seinem Vortrag beim
Diskussionsforum klar dar, dass der Klimawandel
keineswegs nur ein physikalisches,
sondern vor allem auch ein zutiefst
soziales Phänomen ist. ef
20 zukunft forschung 02/19
Foto: Uni Innsbruck; Screenshot: mentimeter.com