Zukunft Forschung 02/2019
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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PHARMAZIE
ne Nebenrolle spielt. Das soll sich aber
ändern: „Immense Fortschritte in der
LED-Technik führten in den vergangenen
Jahren zu signifikanten Fortschritten
in den Lichtdarbietungsformen, die die
photodynamische Therapie revolutionieren“,
sagt Siewert.
Ein noch bestehender Nachteil dieser
Therapieform ist die limitierte Anzahl
zugelassener Medikamente. Eines, Hypericin,
kommt natürlich im Johanniskraut
vor, alle anderen sind synthetisch
hergestellte Moleküle. Aktuell wird
viel an lichtaktivierbaren Metallverbindungen
geforscht, wie etwa an Platinverbindungen,
die in der Chemotherapie
eingesetzt werden. Diese sind dem
menschlichen Körper jedoch fremd. Eine
Hypothese von Siewert ist, dass lichtaktivierbare
Verbindungen aus Naturstoffen
harmonischer im menschlichen Organismus
wirken.
Pilze
Während von Pflanzen bereits bekannt
ist, dass sie chemische Verbindungen besitzen,
die durch Licht aktiviert werden
und sie so vor Fraßfeinden schützen,
wurden Pilze dahingehend noch nicht
untersucht. Erste Forschungsergebnisse
von Siewert weisen jedoch darauf hin,
dass auch Pilze solche Verbindungen
aufweisen. „Pilze und ihre bunten Farben
üben schon länger eine große Faszination
auf mich aus“, sagt Siewert. „Aus Neugierde
habe ich mich gefragt, was das
für Stoffe sind, die ihre Farben entstehen
lassen. Aufgrund meiner bisherigen
Forschungsarbeit konnte ich sehen, dass
die Pilz-Farbpigmente anderen, bereits
bekannten lichtaktivierbaren Verbindungen
sehr ähnlich sind“, erklärt die
Chemikerin.
Einige Pilzarten ändern ihre Farbe
erst dann, wenn sie beispielsweise von
BIANKA SIEWERT studierte an der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
und promovierte 2013 auf dem
Gebiet der antitumoraktiven Naturstoffe.
Anschließend forschte sie an der
Universität Leiden (Niederlande) auf dem
Gebiet der lichtaktivierbaren metallorganischen
Verbindungen. Seit 2016 ist sie
an der Universität Inns bruck tätig, wo sie
2017 eine Nachwuchsförderung für ihr
Projekt „neue Photosensibilisatoren aus
Pilzen“ erhielt. Darauf aufbauend konnte
sie 2018 erfolgreich ein TWF- sowie ein
FWF-Projekt einwerben und ein hochmotiviertes
Forscherteam aufbauen.
Tieren angebissen werden. Könnten
Siewert und ihr Team zeigen, dass es
sich dabei um lichtaktivierbare Verbindungen
handelt, die der Pilz erst produziert,
wenn er beschädigt ist, wäre das
ein weiterer Fortschritt. „Wenn wir das
nachweisen könnten, ist es in Zukunft
vielleicht möglich, dass das lichtaktivierbare,
natürliche Medikament erst in
der Tumorzelle synthetisiert wird, bevor
es durch das Licht seine Wirkung entfaltet.
Dadurch könnte die unangenehme
Nebenwirkung der Lichttherapie, die
Lichtsensibilität, bezwungen werden“,
erklärt Bianka Siewert. Die ersten drei
Photosensibilisatoren, das sind durch
Licht aktivierbare Verbindungen, konnte
Bianka Siewert mit ihrem Team kürzlich
aus rot-orangen, in Tirol beheimateten
Waldpilzen isolieren und charakterisieren.
Damit sind sie der Frage nach der
ökologischen Bedeutung der Farben in
Pilzen und dem Ziel, neue lichtaktivierbare
Verbindungen zu finden, bereits ein
Stück nähergekommen.
Antimikrobielle Forschung
Pilze spielen in der Medizin spätestens
seit der Entdeckung von Penicilline 1928
eine große Rolle. Denn auch das Antibiotikum
wird durch Pilze, genauer durch
Schimmelpilze, erzeugt. Trotz zahlreicher
Bakterienstämme, die gegen dieses Antibiotikum
mittlerweile resistent sind, ist
es nach wie vor erfolgreich im Einsatz.
„Wirtschaftlich gesehen haben Pilze einen
großen Vorteil: Sie synthetisieren
schnell und kostengünstig chemische
Moleküle“, sagt die Chemikerin. Diese
Eigenschaft von Pilzen will Siewert
nicht nur für die Krebstherapie, sondern
auch für die Behandlung multiresistenter
Bakterieninfektionen nutzen. Gemeinsam
mit Mikrobiologinnen und Mikrobiologen
der Uni Inns bruck geht sie deshalb
auch der Frage nach, ob lichtaktivierbare
Pilz inhaltsstoffe zur antimikrobiellen Behandlung
eingesetzt werden können.
Gefördert wird ihre Forschung vom
FWF und auch vom TWF. Die gute Forschungsinfrastruktur
in Inns bruck und
Siewerts gutes Netzwerk bieten ihr ideale
Voraussetzungen für ihre Projekte: „Ich
forsche interdisziplinär. So arbeite ich zur
genauen Bestimmung meiner zu untersuchenden
Pilze eng mit der Mikrobiologie
zusammen. Die Universität Inns bruck ist
durch den 2002 verstorbenen Mykologen
Meinhard Moser, der den Grundstein für
ein systematisches Pilzregister gelegt hat,
ja quasi prädestiniert für die Forschung
mit und an Pilzen“, sagt Siewert. lm
DREI PHOTOSENSIBILATOREN konnte Bianka Siewert mit ihrem Team kürzlich aus Pilzen isolieren und charakterisieren.
zukunft forschung 02/19 37