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Zukunft Forschung 02/2019

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

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GEOTECHNIK

sperren mit Porenwasserdruckgebern

und Erddruckmessgebern instrumentiert.

„Diese Messungen führen wir derzeit

an unterschiedlichen Standorten in Tirol

durch. Es ist wichtig, die Einwirkungen

auf diese Schutzbauwerke zu kennen,

damit man sie standsicher dimensionieren

und die Notwendigkeit des Einschneidens

in die Böschung minimieren

kann“, so Hofmann. „Im Lattenbach im

Tiroler Oberland befindet sich der ‚Friedhof

der Wildbachsperren‘. Über 30 Sperren

wurden bei Murgängen zerstört. Bei

der Entwicklung neuer Bauwerke sollen

unsere neuen Berechnungen berücksichtigt

werden“, betont der Wissenschaftler.

Ziel der Forschungen ist es, mithilfe der

Berechnungen, standsichere und wirtschaftlichere

Bauwerke, die über einen

längeren Zeitraum die enormen Beanspruchungen

schadlos überstehen sollen,

zu entwickeln. So wird nicht nur das Eingraben

des Baches in die Sohle reduziert,

sondern auch die Kriechbewegung des

Hanges aufgehalten.

ROBERT HOFMANN arbeitet gemeinsam

mit seinem Team an Schutzmaßnahmen

vor Naturgefahren, wie hier am Eiblschrofen

in Schwaz, wo es im Jahr 1999

zu einer Massenbewegung gekommen ist.

WILDBACHSPERREN sollen das Eingraben

des Baches in den Boden, aber auch

das Rutschen von Hängen verhindern.

Brückenschlag

Die Verbindung von Wissenschaft und

Praxis ist dem Ziviltechniker ein großes

Anliegen. Neben den unterschiedlichen

Druckeinwirkungen auf Wildbachsperren

arbeiten Hofmann und sein Team

auch daran, beispielsweise Sturzbahnen

von Felsstürzen genauer zu berechnen

und auch so neue Schutzbauwerke zu

entwickeln. „Wir untersuchen, wie weit

Auslaufbereiche reichen müssen und wie

groß die Drücke auf Schutzbauwerke wie

Dämme oder Stahlbetonbauwerke sein

werden“, verdeutlicht der Wissenschaftler,

der unter anderem an Berechnungen

von Schutzbauwerken in Tirol beteiligt

war. Neben der Wahl des geeigneten Ortes

für eine solche Maßnahme, Berechnungen

für die Transportzone und Auslaufbereiche,

ist auch der Vergleich zwischen

Modellversuch, der Berechnung und

der Beobachtung in der Natur wichtig.

„Auch hier sind die Beobachtungen eine

wesentliche Ergänzung zur Theorie. Für

Parameterstudien arbeiten wir aber auch

mit Modellversuchen, um Schutzdämme

bestmöglich zu dimensionieren“, so Hofmann.

So geschehen auch im Jahr 1999

nach dem Steinschlag am Eiblschrofen in

Schwaz.

Robert Hofmann war damals schon für

die Beratung zur Errichtung des Schutzdamms

im Einsatz. „Die Möglichkeiten

zur Bemessung solcher Schutzbauwerke

sind heute ganz andere. Mithilfe einer

Schussanlage können Steinschlagschutznetze

oder Dämme in einem Eins-zueins-Versuch

überprüft werden. Diese

aufwendige Möglichkeit haben wir aber

nur selten“, erläutert der Experte, der

normalerweise auf Modellversuche angewiesen

ist. „In über 200 Modellversuchen

haben wir untersucht, wie hoch das

Freibord von der Blockoberkante bis zur

Dammkrone sein muss, damit der Block

bei dem Steinschlag den Schutzdamm

nicht überspringt. Zudem haben wir auch

die maximale Neigung berechnet, damit

ein Damm auch nicht zur Sprungschanze

wird“, erläutert der Wissenschaftler. Basierend

auf den Ergebnissen hat Hofmann

ein Diagramm entwickelt, mit dem eine

einfache und schnelle Ermittlung der Eindringtiefe

von Blöcken in unterschiedliche

Dammtypen ermittelt werden kann. Mit

der Entwicklung von Ö-Norm-Regeln für

Wildbachsperren, Steinschlag und Lawinen

nimmt Österreich eine Vorreiterrolle

im Bereich der Naturgefahren ein.

Wandernde Hänge

Mit den Klimaveränderungen beobachtet

Hofmann auch eine Zunahme an Massenbewegungen.

„Der Motor von Massenbewegungen

ist oft das im Schuttstrom

vorhandene Wasser“, so Hofmann. Ein

heikles Beispiel zur raschen Stabilisierung

eines sich bewegenden Hanges ist die

Kerschbaumsiedlung in Navis. „82 Häuser

haben sich mit dem Hang etwa vier

Zentimeter pro Jahr nach unten bewegt.

Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten

von zwei Schuttzungen haben zu Schäden

an den Häusern geführt“, erläutert der Experte.

Mithilfe von 50 Brunnen ist es den

Beteiligten gelungen, das Wasser auszuleiten

und den Wasserdruck abzubauen,

die Bewegung deutlich zu reduzieren

und so den Hang zu stabilisieren. „Durch

die Notwendigkeit rasch zu handeln und

durch fehlende Theorien ist es schwierig,

die Wirksamkeit der Maßnahmen schon

vorab abzuschätzen. Mit unseren Forschungen

und Erfahrungen möchten wir

helfen, Prognosen in Zukunft genauer

gestalten zu können“, so Hofmann. Der

Einsatz von Brunnen hat sich auch in einer

Notsituation beim Gschliefgraben am

Traunsee bewährt, wo eine sich schnell

bewegende Massenbewegung Häuser am

Seeufer bedroht hat.

Eine neue Erosionsanlage zur Untersuchung

von Materialtransport soll zukünftig

die Forschungen im Labor ergänzen.

„Mit der neuen Anlage wird es möglich,

verschiedene Böden zu untersuchen, um

die Veränderungen des Materials und die

Dichte zu messen. Gerade im Hochwasserschutz

in Tirol ist Erosion ein zentrales

Thema. So könnten wir zukünftig auch

dazu beitragen, ein einfaches Kriterium

für Erosionsstabilität zu entwickeln“, verdeutlicht

der Wissenschaftler. Dieses Wissen

gibt der Experte auch gerne an seine

Studierenden weiter, die ihn bei seinen

Forschungen unterstützen. Mit dem Ziel,

die Menschen zu sichern, arbeitet Robert

Hofmann in Kooperation mit unterschiedlichen

Partnern aus der Praxis ständig daran,

Problemstellungen mit Konstruktionen

zu bearbeiten und Siedlungsräume

und Infrastruktur zu sichern. dp

zukunft forschung 02/19 31

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