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Arabische Pferde IN THE FOCUS 2/2022 (Vol. 30) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter arabischer Pferde

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Von Kunst und Künstlern<br />

Die Identität der <strong>Pferde</strong><br />

Da die Angabe des „Stammes“ auf Importe<br />

aus den Ursprungsländern hindeutet, kommen<br />

also alle <strong>Pferde</strong> in Betracht, die als „Original-Araber“<br />

vor 1831 von Nicolas Gliocho<br />

importiert wurden – und das sind eine ganze<br />

Menge! Um die Herkunft bzw. den Verbleib<br />

der <strong>Pferde</strong> weiter zu erforschen, müssen<br />

wir uns daher mit dem bei Albrecht Adam<br />

erwähnten <strong>Pferde</strong>händler Nicolas Gliocho<br />

(1792-1848) näher befassen. Er arbeitete<br />

als Dragoman (Übersetzer) für den holländischen<br />

„Levantse Handel”, wurde aber 1817<br />

entlassen. Danach machte er sich als <strong>Pferde</strong>händler<br />

einen Namen, und war für die französische<br />

(1819-1820), ungarische (1824), und<br />

spanische (1847-1848) Regierung, für polnische<br />

Züchter (ca. 18<strong>30</strong>-1840) sowie für König<br />

Wilhelm v. Württemberg (1828, 1833), tätig,<br />

indem er arabische <strong>Pferde</strong> beschaffte.<br />

Sein erster Transport nach Frankreich fand<br />

1819 statt und beinhaltete 23 <strong>Pferde</strong> und ein<br />

Stutfohlen, die über Marseille ankamen. Von<br />

diesen <strong>Pferde</strong>n wurden 12 im Auftrag der französischen<br />

Regierung gekauft, die anderen (11)<br />

<strong>Pferde</strong> wurden nach Paris gebracht, um sie an<br />

Privatleute zu verkaufen – ob sie alle an private<br />

Liebhaber gingen oder die französische Regierung<br />

noch weitere <strong>Pferde</strong> aufkaufte, ist nicht<br />

bekannt. Im August 1820 kam ein weiterer<br />

Transport mit 24 <strong>Pferde</strong>n in Marseille an, die<br />

aber weiter nach Polen gebracht werden sollten.<br />

1824 importierte Gliocho dann 13 Hengste<br />

und eine Stute für die ungarischen Staatsgestüte<br />

und dann nochmals 2 Hengste und 2<br />

Stuten im Jahr 1827. Ein Jahr später, 1828, kam<br />

der Schimmelhengst Sultan Mahmud von<br />

Constantinopel über Wien im Gestüt Weil von<br />

König Wilhelm I. an.<br />

Für die <strong>Pferde</strong>, die nach Ungarn gingen, liegen<br />

Namen und Beschreibung (Farbe und Abzeichen)<br />

vor, aber da lassen sich keine Übereinstimmungen<br />

zu den Lithografien finden.<br />

Hingegen gibt es im französischen Stutbuch<br />

die Eintragung von 17 Hengsten und 2 Stuten,<br />

die von Nicolas Gliocho gekauft wurden<br />

und ab 1820 in den staatlichen Hengstdepots<br />

und im Königlichen Gestüt Pompadour aufgestellt<br />

waren. Leider wurden aber im französischen<br />

Stutbuch keine „Stämme“ verzeichnet,<br />

sodass kein Hinweis auf die Identität der<br />

<strong>Pferde</strong> gegeben ist, denn die Namen, die in<br />

den Lithografien genannt werden, kommen<br />

im Stutbuch nicht vor. Vielmehr haben die<br />

<strong>Pferde</strong> alle mehr oder weniger französisch<br />

klingende Namen bekommen: Actif, Aimable,<br />

Badin, Colosse, Courageux, Coureur, Diligent,<br />

Effilié, Fou, Foudre, Glorieux, Heureux, Impétueux,<br />

Lion, Majestueux, Pacifique, Téméraire<br />

und die Stuten Heureuse und Gazelle.<br />

Aber es gibt Hinweise, dass es sich um diese<br />

Gruppe von <strong>Pferde</strong>n handelt. So ist in dieser<br />

Gruppe der Hengst Aimable ein Rappe,<br />

genau wie „Nr. 6 Abouricha race, Richan“ –<br />

da Rappen sehr selten sind, könnte dies ein<br />

„Treffer“ sein. Zwei Hengste, Diligent und<br />

Heureux, werden im Stutbuch als „Perser"<br />

bezeichnet - einer davon ist Fuchs (Heureux)<br />

und könnte „Nr. 4 Eyen Race, Turkmann" sein.<br />

Ein dritter Hinweis ist, dass die Stute Heureuse<br />

mit einem Stutfohlen namens Mignone<br />

bei Fuß, geboren 1819, im Stutbuch eingetragen<br />

ist – somit könnte also auch Heureuse<br />

aus dem 1819er-Transport stammen, der ja<br />

ein Stutfohlen beinhaltete. Zugegeben - viel<br />

Spekulation, aber vielleicht ergeben sich im<br />

Lauf der Zeit noch weitere Hinweise.<br />

58<br />

Wer ist der Urheber?<br />

Wenn wir davon ausgehen, dass es sich um<br />

den französischen Import von 1819 handelt,<br />

dann wäre Victor Adam als Urheber der Lithografien<br />

wahrscheinlicher und hätte Albrecht<br />

Adam von Victor Adam „abgekupfert“. Dem<br />

widerspricht jedoch zum einen der Hinweis<br />

„nach der Natur gezeichnet von Albrecht<br />

Adam“, was darauf hinweist, dass der Künstler<br />

diese <strong>Pferde</strong> tatsächlich gesehen hat, zum<br />

anderen die „Satteldruckflecken“, die Albrecht<br />

Adam „naturgetreu“ eingezeichnet hat,<br />

die aber bei Victor Adam weitgehend fehlen.<br />

Auch die Tatsache, dass die <strong>Pferde</strong> bei Albrecht<br />

diesen typischen, etwas steifen – oder<br />

hippologischeren – Eindruck hinterlassen<br />

spricht für ihn als Urheber. Dazu kann man im<br />

Kunstblatt (4.1823, Stuttgart) lesen: „In Frankreich<br />

und Deutschland erschienen, besonders<br />

seit Entstehung des Steindrucks, mehrere<br />

Kunstprodukte, in diesem speciellen Theil der<br />

Thierzeichnung [<strong>Pferde</strong>]. Einer der ersten neueren<br />

<strong>Pferde</strong>zeichner auf Stein, war der lebendige<br />

charakteristische [Carle] Vernet, dessen Blätter<br />

so allgemeinen Beyfall gefunden haben, indem<br />

sie durch Genialität und Lebendigkeit in der<br />

Darstellung, etwas besonders Anziehendes fürs<br />

Auge hatten. Aber für den <strong>Pferde</strong>kenner und<br />

für den strengeren Beurtheiler verloren sie an<br />

Werth, bey genauerer Betrachtung, indem er<br />

nicht korrekt und nach der Natur wahr gezeichnete,<br />

sondern mehr lebhafte Phantasie-Bilder<br />

fand; eine Eigenthümlichkeit, die selbst den<br />

späteren Produkten dieses Künstlers, im Vergleich<br />

mit früheren, abzugehen scheint.“ Auch<br />

Victor Adam hatte die eher „lässige“ französische<br />

Art der Darstellung im Vergleich zu<br />

Albrecht Adam, das zeigt sich besonders im<br />

5. Pferd „Djodar Race, El Bedawoui“. Sollte die<br />

Victor’sche Variante wirklich Albrecht Adam<br />

zum Vorbild gedient haben?<br />

Wer auch immer von wem abgekupfert hat,<br />

ist schwer zu sagen, denn beide Künstler waren<br />

„gut im Geschäft". Aber es war durchaus<br />

übliche Praxis und ein Urheberrecht, wie wir<br />

es heute kennen, gab es damals noch nicht.<br />

Gudrun Waiditschka<br />

Gliocho-Importe 1819 nach Frankreich<br />

• Actif, Schimmelhengst, Araber, geb. 1810. Im H. D. von Tarbes von 1820 bis 1832. Verkauft<br />

im Jahr 1832, nach der Decksaison, an M. Sabatier.<br />

• Aimable, Rapphengst, Araber, geb. 1814. Im H. D. von Parantignat von 1821 bis 1824.<br />

Gestorben 1824, vor der Decksaison.<br />

• Badin, Fuchshengst, Araber, geb. 1813. Im H. D. von Grenoble von 1820 bis 1824. Gestorben<br />

1824, nach der Decksaison.<br />

• Colosse, Fuchshengst, Araber, geb. 1811. Im H. D. von Pau von 1820 bis 1834. Verkauft<br />

1834, nach der Decksaison, an M. Gandom.<br />

• Courageux, Brauner Hengst, Araber, geb. 1814. Im H. D. von Perpignan von 1820 bis<br />

1832. Verkauft 1832, nach der Decksaison.<br />

• Coureur, Schimmelhengst, Araber, geb. 1813. Im H. D. von Rodez von 1820 bis 1828; im<br />

H. D. d‘Arles von 1829 bis 1832. Verkauft 1832, nach der Decksaison, an M. Benoist.<br />

• Diligent, Schimmelhengst, Perser, geb. 1813. Im. H. D. d’Aurillac ab 1820. Gestorben<br />

1831, vor der Decksaison.<br />

• Effilé, Schimmelhengst, Araber, geb. 1813. Im H. D. d‘Aurillac von 1820 bis 1829; im H. D.<br />

d'Arles im Jahr 18<strong>30</strong> und 1831. Verkauft 1831, nach der Decksaison, an M. Picot.<br />

• Fou, Fuchshengst, Araber, geb. 1810. Im H. D. von Cluny von 1820 bis 1825. Verkauft<br />

1826, vor der Decksaison, an M. Cuister.<br />

• Foudre, brauner Hengst, Araber, geb. 1812. Im H. D. d’Arles von 1820 bis 1825. Nach Korsika<br />

gesandt im Jahr 1826.<br />

• Glorieux, brauner Hengst, Araber, geb. 1813. Im H. D. von Lîbourne von 1820 bis 1828.<br />

Verkauft 1829, vor der Decksaison, an M. Fresque.<br />

• Heureux, Fuchshengst, Perser, geb. 1813. Im H. D. von Langonnet von 1820 bis 1823.<br />

Verkauft 1821, vor der Decksaison, an M. Roger.<br />

• Impetueux, Schimmelhengst, Araber, geb. 1812. Im Königl. Gestüt von Rosières von<br />

1820 bis 1837.<br />

• Lion, Fuchshengst, Araber, geb. 1811. Im Königl. Gestüt von Pompadour von 1820 bis<br />

1827; im H. D. von Tarbes von 1828 bis 1837.<br />

• Majestueux, Schimmelhengst, Araber, geb. 1809. Im Königl. Gestüt von Pompadour von<br />

1820 bis 1824; im H. D. von Tarbes 1825 bis 18<strong>30</strong>; au H. D. D'Arles im Jahr 1831 und 1832;<br />

verkauft 1832, nach der Decksaison, an M. Benoist.<br />

• Pacifique, Fuchshengst, Araber, geb. 1813. Im H. D. von Villeneuve d‘Agen von 1820 bis<br />

1826. Verkauft 1826, nach der Decksaison, an M. Fafoury.<br />

• Téméraire, Schimmelhengst, Araber, geb. 1810. Im H. R. du Pin im Jahr 1820 (fünf Stuten);<br />

im H. D. d'Auxerre von 1821 bis 1827; im H. D. von Saint-Jean-d'Angely 1828 und<br />

1829. Verkauft 1829, nach der Decksaison, an M. Postal.<br />

• Gazelle, Schimmelstute, Araber, geb. 1814, verkauft 1824.<br />

• Hereuse, braune Stute, Araber geb. 1813, ausgeschieden 1824.<br />

© ARABISCHE PFERDE - <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong> 2/<strong>2022</strong>

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