gab September 2022
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Sie spielen nun Aaron, einen Anwalt,<br />
der zumindest beruflich nicht so<br />
richtig glücklich ist. Das könnte von<br />
Ihnen, der ziemlich direkt nach dem<br />
Schulabschluss fürs Schauspielstudium<br />
nach New York ging, vermutlich<br />
nicht weiter weg sein, oder?<br />
Es gibt schon auch einige Gemeinsamkeiten<br />
zwischen ihm und mir. Auch ich war als<br />
Jugendlicher in den 1990er-Jahren in einer<br />
Kleinstadt damit beschäftigt, mich mit meinem<br />
Schwulsein zu arrangieren. Und damals<br />
<strong>gab</strong> es dort ein ziemlich eingeschränktes Bild<br />
davon, was Männlichkeit bedeutet. In den Zeiten<br />
von Mark Wahlberg als Calvin Klein-Model<br />
und Abercrombie & Fitch-Werbung konnte<br />
man als schwuler Mann gar nicht anders, als<br />
von Brustmuskeln besessen zu sein. Aber<br />
damit einher ging eben diese Vorstellung,<br />
dass Männer unbedingt kerlig, sportlich, tough<br />
und hart im Nehmen sein müssen. Echte<br />
Bros eben. Das hat damals bei vielen meiner<br />
Generation echt Spuren hinterlassen. Ich<br />
kann froh sein, dass es immer Menschen in<br />
meinem Leben <strong>gab</strong>, die mir vermittelt haben,<br />
dass man dann am erfolgreichsten ist, wenn<br />
man authentisch man selbst ist. In dieser<br />
Hinsicht verletzlich zu sein habe ich zum<br />
Glück viel früher gelernt als Aaron.<br />
Und wie steht’s mit seinem Musikgeschmack?<br />
Dass Aaron – eher gayuntypisch<br />
– auf die Country-Songs<br />
von Garth Brooks steht, ist in „Bros“<br />
ja ein Running Gag …<br />
Ich verrate Ihnen mal ein kleines Geheimnis:<br />
Das mit Garth Brooks habe ich beim Dreh<br />
improvisiert.<br />
Ist es Ihnen ein Anliegen zu zeigen,<br />
dass nicht alle in der Community<br />
immer über einen Kamm zu scheren<br />
sind?<br />
Ich finde das in der Tat enorm wichtig,<br />
und man muss supervorsichtig sein mit<br />
einem Label wie „typisch schwul“. Dass<br />
es „den Schwulen“ natürlich nicht gibt, ist<br />
eigentlich kein Geheimnis mehr, und dank<br />
des Internets ist die Vielseitigkeit unserer<br />
Community ja auch allgemein einsehbar.<br />
Aber mitunter muss man eben doch daran<br />
erinnern, dass ein queerer Mensch in Los<br />
Angeles vielleicht andere Erfahrungen hat<br />
und anders tickt als ein queerer Mensch auf<br />
dem Land. Deswegen mag ich den Podcast<br />
„Rural Gays“ so gerne. Denn da finde ich<br />
mich als Country liebender, Truck fahrender<br />
Hobby-Tischler manchmal eher wieder als<br />
anderswo.<br />
Das gesamte Ensemble von „Bros“<br />
ist queer, selbst in den nicht-queeren<br />
Rollen. Wie hat sich Regisseur Nick<br />
Stoller als Hetero denn in dieser<br />
Konstellation gemacht?<br />
Wie er sich damit gefühlt hat, müssen Sie<br />
ihn fragen. Aber ich fand ihn großartig,<br />
denn er versteht nicht nur viel von Comedy,<br />
sondern ist auch einfach ein enorm offener,<br />
wissbegieriger Mensch. Und er vermittelt<br />
nie das Gefühl, alles zu wissen, sondern <strong>gab</strong><br />
ganz offen zu, in vielen Dingen nicht der<br />
Experte zu sein. Bei einer Sexszene fragte<br />
ich, ob Aaron und Bobby nicht eigentlich<br />
FILM<br />
ein Gespräch über Verhütung und Safe Sex<br />
führen sollten, weil ich das meiner Erfahrung<br />
nach für ein realistisches Szenario<br />
hielt. Da war er der erste, der meinte, dass<br />
er sich da nach uns richtet.<br />
„Bros“ macht sich ein wenig lustig<br />
über die kitschigen Weihnachtsromanzen,<br />
die jedes Jahr von US-<br />
Sendern wie dem Hallmark Channel<br />
produziert werden. Ausgerechnet<br />
in solchen Produktionen spielen Sie<br />
selbst oft mit. Waren diese Gags Ihre<br />
Idee?<br />
Das nicht, aber vielleicht hat Billy noch ein<br />
paar mehr ergänzt, als klar war, dass ich<br />
die Rolle spiele. Und ein paar Gags musste<br />
er auch deswegen anpassen, weil gerade<br />
Hallmark in den letzten paar Jahren bei<br />
seinen Filmen sehr viel inklusiver und weniger<br />
weiß und heteronormativ wurde. Aber<br />
ich würde nie ein schlechtes Wort über<br />
diese Liebesfilme verlieren. Man hat mir<br />
dort Arbeit gegeben, als ich anderswo keine<br />
fand, und dass ich als geouteter schwuler<br />
Mann dort den Feuerwehrmann, Holzfäller,<br />
Eishockeyspieler oder Weihnachtsbaumzüchter<br />
spielen darf, in den sich die Heldin<br />
verliebt, ist doch durchaus bemerkenswert.<br />
*Interview: Patrick Heidmann<br />
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