SPENGLER CUP DAVOS - Jahrbuch 2022 (70-er Jahre)

94.
Spengler Cup Davos 2022
und Freude. Wenn einer dieser drei
Faktoren nicht mehr stimmt, ist dann
wohl automatisch der Zeitpunkt gekommen,
an dem meine Karriere vorbei ist. Ab
einem Alter von 35 Jahren ist jedes Jahr
eine Zugabe. Es ist nicht selbstverständlich,
dass man so lange spielen darf. Ich
schaue kurzfristig und mache mir nicht
zu grosse Gedanken. Solange mir nicht
alle sagen, dass ich alt bin, habe auch ich
nicht das Gefühl, dass dies der Fall ist.
: Andres Ambühl freut sich, wenn auch Kinder den Eishockeysport lieben.
Hier bei « UBS Jugend trainiert », anlässlich des Spengler Cup.
Im ersten Jahr der Pandemie hatten
wir Meisterschaftsspiele vor leeren
Zuschauerrängen. Das war sehr komisch.
Letztes Jahr waren wir zuversichtlich,
das Turnier wurde jedoch kurzfristig abgesagt.
Für uns als Spieler waren diese
zwei Jahre ein herber Verlust, aber vor
allem auch für den Club. Der Spengler
Cup ist ein sehr wichtiger Teil unserer
Finanzen. Jetzt hoffen wir sehr, dass
dieses Jahr alles wieder gut kommt. Wir
werden mit Sicherheit sehr motiviert
sein, den Eishockeyfreunden einen spannenden
Spengler Cup zu zeigen.
: Wie stellen Sie sich Ihren
14. Spengler Cup vor?
Ambühl: Vor hoffentlich ausverkauften
Rängen werden wir aus sportlicher Sicht
eine starke Leistung zeigen. Ich bin
überzeugt, dass die Atmosphäre rund
um das Eisstadion und im ganzen Dorf
wieder sehr gut sein wird. Wir wünschen
uns das Eishockeyfest, das wir gewohnt
sind, zurück.
: Noch in den 1970er-Jahren, über die
der geschichtliche Teil dieses Jahrbuchs
berichtet, mussten sich die
Spieler oft zwischen Spengler Cup und
Nationalmannschaft entscheiden. Wie
würde bei Ihnen dieser Entscheid
aussehen?
Ambühl: Ich möchte auf keines der
beiden Highlights verzichten! Deshalb
bin ich dankbar, dass wir solche Entscheide
nicht mehr treffen müssen.
: Sie waren Fahnenträger an der
Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele
in Beijing, sind neu WM-Rekordspieler.
Privat wurden Sie zum zweiten Mal
Vater. 2022 ist für Sie ein verrücktes
Jahr.
Ambühl: Das sind alles spezielle Ereignisse,
die man nicht jedes Jahr erlebt.
Wunderschön war, dass ich bei der
Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele
die Schweizer Fahne tragen durfte – ich
rechnete nicht damit und war echt überwältigt.
Die sportlichen Erfolge werde
ich bestimmt erst mit einer gewissen
Distanz realisieren. Im Moment gilt der
Fokus gleich nach den Erfolgen weniger
dem Moment, sondern vielmehr dem
nächsten Ziel.
: Sie sind jetzt 39 Jahre alt. Die Weltmeisterschaften
sind ein Treiber Ihrer
Karriere. Sind sie auch entscheidend
dafür, wie lange die Eishockeyfreunde
Andres Ambühl auf dem Eis sehen
dürfen?
Ambühl: Diese Entscheidung hat nicht
ausschliesslich mit einer Weltmeisterschaft
zu tun. Es ist aber sicher so, dass
die Nationalmannschaft für mich sehr
speziell ist. Sie motiviert mich dazu, dass
ich jede Saison so gut spiele, dass ich
Ende der Saison die Chance habe, einer
der Kandidaten zu sein, der noch an einer
Weltmeisterschaft teilnehmen kann.
Deshalb ist die Nationalmannschaft
sicher ein Teil, der mich antreibt. Entscheidend
sind aber Gesundheit, Fitness
: Was möchten Sie als Profisportler
noch erleben?
Ambühl: Ich schaue nicht zu weit voraus.
Mein Ziel ist es, so lange wie möglich zu
spielen. Ich will mit dem Hockey Club
Davos nochmals einen Titel gewinnen
und in der Nationalmannschaft ist nach
den zwei Silbermedaillen an Weltmeisterschaften
der Hunger ebenso da, noch
weiter zu kommen.
: Und dann heisst es im kommenden
Jahr 100 Jahre Spengler Cup.
Ambühl: Aber ja, bei 100 Jahre Spengler
Cup möchte ich natürlich auch auf dem
Eis stehen und zu einem Eishockeyfest
beitragen.
: Die Liebe zum Eishockey ist beinahe
greifbar. Wo ist deren Ursprung?
Ambühl: Der Sport hat mir viel gegeben.
Das Spielerische aus der Jugend ist bis
heute geblieben: Ein Stück weit ermöglicht
mir das Eishockey, Kind zu sein, egal
wie alt ich bin. Das ist es, was für mich
den Sport ausmacht.
: Bisher dominierte auch in Ihrer Freizeit
das Eishockey. Hat sich das geändert,
seit Sie zweifacher Familienvater sind?
Ambühl: Die Familie, der Hund und Kollegen
– ich geniesse auch meine Freizeit.
Die Zeit mit den Kindern ist ebenso
schön. Deshalb ist es mir inzwischen
auch egal, wenn ich einmal ein Spiel weniger
sehe. Oft sagen mir Kollegen, dass
man mit Kindern nach dem Sport schneller
abschalten könne. Bei mir ist es nicht
so. Wenn mich zum Beispiel in einem Eishockeyspiel
etwas aufregt, nervt es
mich auch noch, wenn ich zu Hause bin.
Es ist aber sicher so, dass eine glückliche
Familie alles relativiert und man
spürt, dass es noch anderes gibt als das
Eishockey.
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