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Gesund & Leben 2022 / 10

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BALLAST LOS WERDEN<br />

jungen Jahren viel Verantwortung übernehmen mussten<br />

oder nie gelernt haben, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen“,<br />

erläutert die Expertin. „Diese Personen tun sich<br />

auch als Erwachsene schwer, diese Rolle abzustreifen. Sie<br />

tun alles für andere, sagen selten Nein, stellen sich selbst und<br />

die eigenen Wünsche hinten an. Auf Dauer kann das belasten<br />

und zu Frustration führen.“ Gefahr bestehe vor allem<br />

dann, wenn Menschen regelmäßig mehr helfen, als ihnen<br />

guttut und dadurch außer Balance geraten. „Sehr pflichtbewusste<br />

Menschen haben meist nicht gelernt, Hilfe anzunehmen<br />

und selbst einmal schwach zu sein“, so Rimmele.<br />

Wer sich jedoch dem Lernprozess stelle, alte Glaubenssätze<br />

abzulegen, Hilfe anzunehmen und die persönlichen Bedürfnisse<br />

zu entdecken, könne neue Türen in Richtung Leichtigkeit<br />

und <strong>Leben</strong>sfreude öffnen. „Ich rate Betroffenen auf<br />

Entdeckungsreise in ihr Innerstes zu gehen: Wer bin ich?<br />

Was macht mich aus? Was ist mir wichtig? Was brauche ich,<br />

damit es mir gut geht? Das sind die Fragen, deren Antworten<br />

es zu entdecken gilt“, so Rimmele. „So kann es allmählich<br />

gelingen, die Strenge des Pflichtbewusstseins abzulegen und<br />

Mitgefühl für uns selbst, unsere Wünsche und auch unsere<br />

Schwächen zu entwickeln.“ Andere um Hilfe zu bitten, sei ein<br />

wesentlicher Aspekt, so Rimmele. „Das fällt anfangs schwer,<br />

aber oft hilft der Gedanke, dass wir, wenn wir um Hilfe bitten,<br />

auch einmal anderen die Chance geben, die Befriedigung zu<br />

erleben, die im Helfen liegen kann.“<br />

NOBODY IS PERFECT<br />

Eigene Schwächen zu akzeptieren, damit tut sich auch eine<br />

weitere Personengruppe schwer: Jene der Perfektionistinnen<br />

und Perfektionisten. „Sie müssen immer mehr arbeiten<br />

als andere Menschen und brauchen für alles mehr Zeit<br />

und Energie, denn sie streben immer weiter<br />

nach Verbesserung, nach dem perfekten Ergebnis“,<br />

so Rimmele. Ein Einsatz, der dauerhaft zu<br />

Belastungen führen kann. „Perfektionismus<br />

kann sämtliche <strong>Leben</strong>sbereiche betreffen: die<br />

Erwerbsarbeit, Aktivitäten im Freizeitbereich, die<br />

Kindererziehung und auch die Freundschaften.<br />

Alle Tätigkeitsfelder bieten Anlass, besonders gut<br />

zu sein“, so die Expertin. Ein strenger innerer Kritiker<br />

flüstere Perfektionisten dabei stetig ins Ohr,<br />

dass es eigentlich noch besser ginge. Der Weg zu<br />

mehr Leichtigkeit und <strong>Leben</strong>sfreude führe auch<br />

hier darüber, neue Maßstäbe für sein Handeln<br />

zu finden, Fehler zuzulassen und Schwächen<br />

zu akzeptieren. „Eine praktische Übung ist die<br />

80-zu-20-Regel“, erklärt Rimmele jenes Prinzip,<br />

dass auf den italienischen Wissenschafter Vilfredo<br />

Pareto zurückgeht. Demnach werden 80<br />

Prozent der Ergebnisse in 20 Prozent der Gesamtzeit<br />

eines Projektes erreicht. Die verbleibenden<br />

20 Prozent der Ergebnisse verursachen 80 Prozent<br />

des Einsatzes, also unverhältnismäßig viel<br />

Arbeit. „Überlegen Sie sich, welche Teilaufgaben erfüllt werden<br />

müssen, um vielleicht kein perfektes, aber ein zufriedenstellendes<br />

Ergebnis zu erreichen. Es hilft dabei, den eigenen<br />

Ressourceneinsatz besser zu steuern, Energie zu sparen und<br />

22<br />

Stress zu minimieren“, so Rimmele. Melde sich der strenge<br />

Kritiker, rät die Expertin dazu, diesen freundlich, aber klar<br />

in die Schranken zu weisen. „Lassen Sie ihn ruhig wissen,<br />

dass es nicht in Ordnung ist, so zu mit Ihnen zu reden“, so die<br />

Expertin. Manchen Menschen helfe es auch, ihrem Kritiker<br />

gedanklich einen Parkplatz außerhalb des Arbeitsbereiches<br />

zuzuweisen und sich dazwischen eine Tür vorzustellen, die<br />

sie abschließen können. Tauche er doch wieder auf, gelte es<br />

Freundschaft zu schließen. „Sagen Sie ruhig: Ah, da bist du<br />

ja wieder. Nimm erst einmal kurz Platz und warte auf mich.<br />

Ich will noch meine Arbeit abschließen und dann nehme<br />

ich mir Zeit für dich.“ Schließlich gelte es auch, sich und<br />

auch anderen die eigene Fehlerhaftigkeit einzugestehen.<br />

„Unvollkommenheit ist menschlich. Wer lernt, sich mit allen<br />

Fehlern und Schwächen zu lieben, braucht anderen keine<br />

perfekte Welt mehr vorspielen und kann die Angst vor Enttarnung<br />

ablegen.“ Außerdem: Wer sich anderen mit eigenen<br />

Schwächen öffne, erteile auch den Mitmenschen die Erlaubnis,<br />

nicht perfekt sein zu müssen!<br />

UNERREICHTE LEBENSZIELE<br />

Die erfolgreiche Karriere, Kindersegen, das Traumhaus, die<br />

glückliche Beziehung oder am besten eine Mischung aus all<br />

dem – wir alle kennen das: <strong>Leben</strong>sziele, die wir uns als junge<br />

Menschen bildhaft vorgestellt und ausgemalt haben. Doch in<br />

vielen Fällen weicht die Realität von den Wunschvorstellungen<br />

ab. Das <strong>Leben</strong> passiert, während man damit beschäftigt<br />

ist, es zu planen, wusste schon John Lennon. Während sich<br />

resilientere Menschen leichter damit<br />

n<br />

tun,<br />

BUCHTIPP<br />

Wunschträume<br />

an die Realität anzupassen, gesteckte Ziele anzupassen und<br />

neue Perspektiven einzunehmen, bereitet es anderen größere<br />

Schwierigkeiten, die einstigen <strong>Leben</strong>sentwürfe und<br />

„Ich rate auf<br />

Entdeckungsreise in Ihr<br />

Innerstes zu gehen: Wer<br />

bin ich? Was macht mich<br />

aus? Was ist mir wichtig?<br />

Was brauche ich, damit<br />

es mir gut geht? Das sind<br />

die Fragen, deren<br />

Antworten es zu<br />

entdecken gilt.“<br />

Gabi Rimmele<br />

MIT LEICHTIGKEIT ZUR<br />

LEBENSFREUDE<br />

Patmos Verlag, <strong>2022</strong><br />

18,50 Euro<br />

Sehnsüchte loszulassen. Das belastet nicht nur, sondern bindet<br />

auch so viel Energie, dass das gegenwärtige <strong>Leben</strong> darunter<br />

leidet. „Ich begegne diesen Themen häufig in der Praxis<br />

und rate in diesem Fall dazu, sich einmal ausreichend Zeit<br />

FOTOS: ISTOCK_ NUTHAWUT SOMSUK<br />

zu nehmen, um das nicht erreichte Ziel zu betrauern und<br />

sich aktiv mit den enttäuschten Gefühlen und Erwartungen<br />

auseinanderzusetzen“, so die Beraterin. So werde es möglich<br />

den Schmerz loszulassen, den Blick von der Vergangenheit<br />

in die Gegenwart zu richten und Energien für die Umsetzung<br />

von noch erreichbaren Zielen bereitzustellen. „Betrachten<br />

Sie zudem Ihre aktuelle <strong>Leben</strong>ssituation und machen Sie<br />

sich klar, was Ihnen stattdessen gelungen und was in Ihrem<br />

<strong>Leben</strong> gut gelaufen ist. Das lenkt Ihre Wahrnehmung in die<br />

Realität und auf eigene Stärken und Ressourcen!“<br />

WENN DAS LEBEN ZUSCHLÄGT<br />

Der Tod geliebter Menschen, eine schwere Krankheit, finanzielle<br />

Sorgen oder eine Trennung – oft präsentiert sich das<br />

<strong>Leben</strong> in aller Härte und es fällt uns schwer zu glauben, dass<br />

wir irgendwann wieder Freude empfinden können werden.<br />

„In solchen Fällen ist es sehr wichtig, sich mit Verlust und<br />

Trauer auseinanderzusetzen und diesem Prozess viel Zeit zu<br />

geben“, so Rimmele, die auch dazu rät, professionelle Hilfe<br />

zu suchen. „Sich seinen schmerzhaften Gefühlen zu stellen<br />

und Abschied zu nehmen ist schwierig, hilft aber dabei,<br />

abschließen und den Blick nach vorne richten zu können“,<br />

so Rimmele. „Das kann lange dauern, aber es kommt die<br />

Zeit, in der man wieder Tritt fasst, ins <strong>Leben</strong> zurückkehrt<br />

und sich mit den Möglichkeiten beschäftigt, die jetzt noch<br />

offenstehen.“<br />

MEINE ART<br />

HARMONIE<br />

ZU FINDEN.<br />

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DAS KLEINE GROSSE GLÜCK<br />

Das perfektionistische Ich abzulegen, aus der Rolle des<br />

pflichtbewussten Helfers auszusteigen, die Vorstellung,<br />

immer stark sein zu müssen, aufzugeben, belastenden<br />

Besitz loszulassen, unerreichte <strong>Leben</strong>sziele abzuhaken<br />

und sich auf die Suche nach noch erreichbaren zu<br />

machen – bei all diesen Vorhaben hilft Entrümpelungsberaterin<br />

Gabi Rimmele. Abseits von den individuellen<br />

Belastungen, die es auf dem Weg zu <strong>Leben</strong>sfreude und<br />

Leichtigkeit abzubauen gilt, gibt sie in ihrem neuen<br />

Buch auch essenzielle Tipps, die für alle Menschen gelten.<br />

Einer davon: sich auf das kleine, alltägliche Glück<br />

zu fokussieren. „Halten Sie täglich inne und beobachten<br />

Sie, was sie selbst glücklich und zufrieden macht, was<br />

Ihnen Freude bereitet. Das bringt uns auch raus aus der<br />

Geschäftigkeit und Ablenkung, hin zu mehr Ruhe und<br />

zu uns selbst“, so die Expertin. Ein tägliches Glückstagebuch<br />

helfe dabei, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen.<br />

Weiters rät die Autorin, zu überlegen, was man zu<br />

einem guten <strong>Leben</strong> beitragen könne – für sich selbst wie<br />

für andere. „Der dritte Punkt ist mein Herzenspunkt:<br />

Wohlwollen“, betont Rimmele. „Ich glaube, dass wir<br />

Glück finden, indem wir uns selbst und andere annehmen,<br />

indem wir weniger kritisieren und urteilen und<br />

stattdessen wohlwollend zu uns und unseren Mitmenschen<br />

sind.“ <br />

CLAUDIA SEBUNK n<br />

www.slovenia.info<br />

kur-slowenien.com

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