Gesund & Leben 2022 / 10
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Wiener <strong>Gesund</strong>heitssystem:<br />
STADT WIEN<br />
SOLL ENDLICH VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN!<br />
Erstaunt hat die Wiener Ärztekammer<br />
die medialen Aussagen von <strong>Gesund</strong>heitsstadtrat<br />
Peter Hacker vernommen,<br />
wonach nun plötzlich der niedergelassene<br />
Bereich Schuld an der Misere im<br />
Wiener Spitalswesen habe. Sowohl Dr. Stefan<br />
Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte<br />
und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien,<br />
als auch Dr. Erik Randall Huber, Obmann der<br />
Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident<br />
der Ärztekammer für Wien, sehen darin eine<br />
völlige Kapitulation seitens der Politik, die Probleme<br />
selbst in die Hand zu nehmen.<br />
Hacker hatte in der ORF-Senudng „Wien<br />
heute“ gesagt: „Der niedergelassene Bereich<br />
verschiebt permanent alle Patientinnen und<br />
Patienten in den Spitalssektor und wir stehen<br />
vor Finanzausgleichsverhandlungen, und da<br />
werden wir Tacheles reden.“ Diese Aussage<br />
erstaunt umso mehr, als der Medizinische<br />
Direktor des Wiener <strong>Gesund</strong>heitsverbunds,<br />
Dr. Michael Binder, im selben ORF-Beitrag über<br />
die schweren Probleme Unfallchirurgie und<br />
Pflege spricht. Huber: „Das Fach Unfallchirurgie<br />
gab es noch nie extramural als Kassenarztfach,<br />
und Pflegemangel hat mit Ordinationen schon<br />
gar nichts zu tun.“<br />
Die derzeitigen Probleme mit der Bettenbelegung<br />
in den Spitälern auf die Ordinationen<br />
abzuwälzen ist aus Hubers Sicht „einfach nur<br />
peinlich“, denn Ordinationen seien gar nicht bettenführend.<br />
„Der Stadtrat soll seine eigenen Statistiken<br />
lesen, aus denen eindeutig hervorgeht,<br />
dass der niedergelassene Bereich ambulant<br />
immer mehr Menschen versorgt und die Spitalsambulanzfälle<br />
seit Jahren stagnieren.“<br />
„Wir schicken niemanden unnötig ins Spital<br />
und arbeiten seit Jahren am Limit, weil die<br />
Wartezeiten in den Spitälern für die Patien-<br />
Die Ärztekammer fordert den Wiener <strong>Gesund</strong>heitsstadtrat auf,<br />
endlich Lösungen aufzuzeigen – „Das ewige Abladen von<br />
Zuständigkeiten muss ein Ende haben“.<br />
Dr. Erik Randall Huber,<br />
Obmann der Kurie<br />
niedergelassene Ärzte<br />
und Vizepräsident der<br />
Ärztekammer für Wien<br />
tinnen und Patienten unerträglich geworden<br />
sind. Operationen werden verschoben oder gar<br />
abgesetzt, Patientinnen und Patienten im Kreis<br />
geschickt“, kritisiert Huber. Man würde ja gerne<br />
helfen und die Spitäler entlasten, aber seit<br />
Monaten würden Gespräche zur Auslagerung<br />
von Leistungen zur Entlastung der Spitäler wie<br />
beispielsweise die Diabetesversorgung von der<br />
Stadt Wien konsequent blockiert. n<br />
„Die Situation ist nicht nur angespannt, sondern<br />
auch gefährlich. Ich fordere konkrete Zusagen,<br />
was die Stadt Wien zu unternehmen gedenkt,<br />
damit 2023 alles besser wird, so wie<br />
Stadtrat Hacker dies ebenfalls vor Kurzem<br />
angekündigt hat.“<br />
Stadt Wien<br />
muss rasch<br />
Lösungen schaffen<br />
Konkret gibt es für Ferenci und Huber<br />
drei zentrale Fragestellungen, die rasch<br />
beantwortet werden müssen:<br />
Dr. Stefan Ferenci,<br />
Obmann der Kurie<br />
angestellte Ärzte und<br />
Vizepräsident der<br />
Ärztekammer für<br />
Wien<br />
n Welche Aktivitäten setzt die Stadt Wien, um die Versorgung der<br />
Bevölkerung nachhaltig zu verbessern?<br />
n Wie stellt die Stadt Wien sicher, dass offene Planstellen bei<br />
Ärztinnen und Ärzten sowie bei der Pflege nachbesetzt werden?<br />
n Welche Aktivitäten setzt die Stadt Wien, um Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter im öffentlichen <strong>Gesund</strong>heitswesen zu halten?n<br />
FOTOS: ISTOCK_VIOLETASTOIMENOVA_FLASH VECTOR; ÄRZTEKAMMER FÜR WIEN/ STEFAN SEELIG<br />
COVID-MEDIKAMENTE:<br />
„Deutsche Pläne zum Vorbild nehmen!“<br />
Deutschland plant eine ärztliche Medikamentenabgabe bei antiviralen<br />
COVID-Medikamenten. „Das sollte sich Österreich zum Vorbild nehmen“,<br />
fordert Ärztekammerpräsident Dr. Johannes Steinhart.<br />
In Deutschland zeichnet sich immer mehr ab,<br />
dass man bei der Abgabe von antiviralen COVID-<br />
Medikamenten nicht nur die niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzte stark einbinden will, sondern<br />
auch bereit ist, die Abläufe für Patientinnen und<br />
Patienten zu vereinfachen. So sieht ein Verordnungsentwurf<br />
die ärztliche Abgabe für antivirale<br />
COVID-Medikamente vor, um einen schnelleren und<br />
häufigeren Einsatz dieser Medikamente zu erreichen.<br />
„Deutschland setzt hier ganz klar auf das richtige<br />
Pferd“, betont Ärztekammerpräsident Dr. Johannes<br />
Steinhart: „Das Dispensierrecht ist die beste Lösung<br />
für alle Beteiligten – vor allem für die Patientinnen<br />
und Patienten, die so rasch und unkompliziert zu ihrem<br />
Medikament kommen und sich zusätzliche Wege<br />
ersparen. Damit kann auch das Infektionsrisiko für die<br />
Bevölkerung minimiert werden, wenn sich infizierte<br />
Menschen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf<br />
den Weg zu ihrem Medikament machen müssen.“<br />
Dr. Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen<br />
Ärztekammer und Bundeskurienobmann der<br />
niedergelassenen Ärzte, erinnert dabei an das der<br />
Regierung angebotene „COVID-Package“ der niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzte: „Wir geben unseren<br />
positiv getesteten Patientinnen und Patienten gleich<br />
alles mit, was sie für einen möglichst milden und erträglichen<br />
Krankheitsverlauf brauchen: Schmerzmittel,<br />
fiebersenkende und eventuell hustendämpfende<br />
Mittel und gegebenenfalls natürlich auch gleich antivirale<br />
COVID-Medikamente“, so Wutscher.<br />
Dr. Johannes<br />
Steinhart,<br />
Präsident der<br />
Ärztekammer für<br />
Wien<br />
Dr. Edgar Wutscher,<br />
Vizepräsident der<br />
Österreichischen<br />
Ärztekammer und<br />
Bundeskurienobmann<br />
der<br />
niedergelassenen<br />
Ärzte<br />
ANGEBOT FÜR PATIENTINNEN<br />
UND PATIENTEN<br />
Im Hinblick auf den deutschen Verordnungsentwurf,<br />
der für Ärztinnen und Ärzte eine Vergütung<br />
von 15 Euro pro abgegebene Packung antiviraler<br />
COVID-Medikamente vorsieht, sagt Wutscher: „Wir<br />
stehen auch in diesem Punkt zu unserem Angebot:<br />
Wir Ärztinnen und Ärzten geben die Medikamente<br />
kostenlos ab. Unseren Aufwand sehen wir durch die<br />
Honorierung des ärztlichen Beratungsgesprächs<br />
abgedeckt.“ Auch rechtlich sehe man durch den<br />
im Ärztegesetz schon jetzt vorgesehenen „Notfallapparat“<br />
an vorrätig zu haltenden Medikamenten<br />
zur Hilfeleistung in dringenden Fällen bereits alle<br />
Voraussetzungen zur Abgabe gegeben. n<br />
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