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BOLD THE MAGAZINE No.65

EXKLUSIV IM INTERVIEW: SCARLETT JOHANSSON | ANNA LOOS IM GESPRÄCH | LEE MILLER | GUCCI: REVIVAL OF AN ICON | RANKIN EXHIBITION | JOSEPHINE BAKER | KARIM HABIB: DIE STIMME DES DESIGNS | 48 STUNDEN: BUDAPEST | HINTER DEN KULISSEN DER FORMEL 1

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ART / INTERVIEW<br />

<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 47<br />

Wurde Ihnen das zu Hause so vorgelebt?<br />

Gefühlt schon. Von meinen Eltern, aber auch<br />

vom Leben. Meine Eltern waren ja keine<br />

Künstler, die haben nicht einen Tag lang<br />

einfach nur in die Luft geschaut. Ich habe<br />

lange gedacht, sowas macht man nicht. Das<br />

ist ein verlorener Tag. Heute weiß ich: Nein,<br />

das sind ganz wichtige Tage! Manchmal<br />

muss man einfach mal einen Tag in die Luft<br />

starren. Dadurch, dass ich das für mich so<br />

gelernt habe, lebe ich das jetzt auch meinen<br />

Kindern vor – und das ist ja sowieso das<br />

Wichtigste. Wir müssen unseren Kindern<br />

nichts erzählen, wir sind ihre Spiegel. Eine<br />

Mutter zu haben, die immer versucht, alles<br />

perfekt zu machen, ist für Kinder wahnsinnig<br />

anstrengend. Ich habe gemerkt, dass meine<br />

Kinder richtig gestresst waren von mir und<br />

meinem Hyperperfektionismus.<br />

Nach dem Motto: „Jeder ist seines<br />

Glückes eigener Schmied“ ...<br />

Genau. Das ist schön zu begreifen: Es gibt<br />

niemanden, der für mein Glück verantwortlich<br />

ist, außer mir. Ich bin der Mensch, der<br />

mein Leben schöpferisch gestaltet, niemand<br />

sonst. Ich habe mir dann Bücher bestellt über<br />

Meditation. Das hatte mich immer schon<br />

interessiert, und jetzt hatte ich endlich mal<br />

Zeit, mich damit zu beschäftigen. Das hat<br />

es bei mir total gebracht. Dadurch, dass ich<br />

eine morgendliche Meditation mache, denke<br />

ich nicht ständig, was gestern war und was<br />

morgen ist, sondern ich bin einfach da. Und<br />

wenn die Küche morgens aussieht wie Sau,<br />

weil die Kinder mitten in der Nacht gekocht<br />

haben, sage ich mir, ich gehe jetzt mit den<br />

Hunden raus und gucke mal, ob es jemand<br />

aufräumt. Wenn es danach immer noch so<br />

aussieht, frage ich vielleicht mal freundlich.<br />

Und ansonsten gehe ich in mein kleines Büro<br />

und lese ein schönes Buch – aber ich räume<br />

nicht auf. Und wie gesagt, vielleicht geht das<br />

in gewisser Weise auch mit dem Alter einher.<br />

Das hängt irgendwie alles zusammen.<br />

Wie ist es Ihnen gelungen, das abzulegen<br />

und sich zu entspannen?<br />

Für mich war die Meditation ein Schlüssel.<br />

Als Corona losging, stand auch ich vor der<br />

Frage: Was mache ich jetzt? Ich hatte viel Zeit<br />

mit der Familie, aber dadurch das Gefühl,<br />

dass ich jetzt noch mehr aufräumen muss,<br />

weil alle zu Hause sind. Ich war nur noch am<br />

Hinterhertragen, und irgendwann dachte<br />

ich: „Anna, stopp, da läuft was schief.“ Das ist<br />

nicht das Problem der anderen, das ist mein<br />

Problem. Ich muss das bei mir ändern.<br />

Sie sind vor zwei Jahren 50 geworden.<br />

Ist Älterwerden also etwas Gutes?<br />

Älterwerden ist auf jeden Fall total gut<br />

(lacht). Weil einem Dinge bewusster werden,<br />

weil man bestimmte Sachen aufgeben und<br />

abgeben kann, an denen man ganz doll<br />

festhält, wenn man jung ist. Das Schöne<br />

am Älterwerden ist, dass man einen Peace-<br />

Modus mit sich selbst findet. Früher hat es<br />

mich extrem gestresst, wenn sich mir ein<br />

Ereignis in den Weg stellte, wenn ich einen<br />

komplett neuen Plan entwerfen musste.<br />

Ich habe dann erst mal allen anderen die<br />

Schuld gegeben und gesagt, wenn dies nicht<br />

gewesen wäre ... Hätte hätte Fahrradkette.<br />

So denke ich heute gar nicht mehr. Wenn<br />

heute ein Stein in meinem Weg liegt, denke<br />

ich: ‚Aha, interessant, dass du da jetzt liegst.<br />

Was soll mir das sagen, welche Lektion willst<br />

du mir beibringen?’ Ich gehe dann zwei<br />

Schritte zurück, schaue mir das in Ruhe an<br />

und suche einen neuen Weg. Früher haben<br />

mich Probleme gequält, heute habe ich<br />

Spaß an ihnen. Das bringt einen Frieden mit<br />

sich, anders kann ich das nicht ausdrücken.<br />

All diese Dinge spiegeln sich auch in<br />

Ihrem Album wieder – die Songs sind<br />

sehr persönlich, sehr nah bei Ihnen,<br />

oder?<br />

Absolut. Was mich dazu gebracht hat, Solokünstler<br />

sein zu wollen, ist, dass ich mir überlegt<br />

habe: Warum mache ich überhaupt<br />

Musik? Warum quäle ich mich in diesem<br />

Songwriting-Prozess? Mir ist Authentizität<br />

sehr wichtig. Ich versuche, in meinem Unterbewusstsein<br />

etwas zu finden, das mir nahe<br />

ist. Oft sind das schwerere Themen, und<br />

nach dem Prozess des Schreibens fühlt es<br />

sich in mir auf einmal viel leichter an. Das ist<br />

also ein bisschen auch eine Selbsttherapie.<br />

Ich habe einen extremen Bezug zu meinen<br />

Songs. Ich wäre sonst auch keine gute Interpretin,<br />

ich erzähle gern ehrliche Geschichten,<br />

die ich selbst erlebt habe und somit wirklich<br />

spüren kann. Alles andere interessiert mich<br />

einfach nicht.<br />

Im Großen und Ganzen ist Ihr Album<br />

von Optimismus geprägt, in „Schatten“<br />

allerdings singen Sie von düsteren<br />

Momenten. Wann haben Sie denn

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