Festspielzeit Sommer 2023 - 1
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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Wiener<br />
Melange<br />
Shimoda um 1853. Die japanische Stadt war einer der ersten Vertrags-<br />
häfen, die für den westlichen Handel geöffnet wurden.<br />
zu können, muss man einen Blick<br />
in die Vergangenheit werfen.<br />
Ab 1853 wurde das sich selbst von<br />
der westlichen Welt abschottende<br />
Japan gezwungen, seine Häfen<br />
zu öffnen und Handelsverträge<br />
zu unterzeichnen, in erster Linie<br />
mit den Vereinigten Staaten.<br />
Die Folgen waren eine Inflation im<br />
Land und ein sich zunehmend verschärfender<br />
Hass auf Ausländer<br />
in der Bevölkerung. Als Townsend<br />
Harris als erster US-amerikanischer<br />
Botschafter in die Stadt<br />
Shimoda kam und gegen den<br />
Willen der Eliten einen Handelsvertrag<br />
durchsetzen wollte,<br />
wurde die Geisha Okichi zwangsverpflichtet,<br />
für den Diplomaten<br />
den Haushalt zu machen. Sie<br />
wurde jedoch nach nur drei Tagen<br />
krank, verließ ihre Anstellung und<br />
wurde dennoch von der Gesellschaft<br />
für den kurzen Dienst bei<br />
einem Ausländer verachtet und<br />
verschmäht.<br />
In der Oper bleibt sie bei Harris<br />
und kann durch ihre selbstlose<br />
Aufopferung die Bombardierung<br />
ihrer Heimat verhindern. Aber<br />
die Gesellschaft verzeiht auch<br />
hier nicht und treibt Okichi in den<br />
Alkoholismus. Ganz am Ende der<br />
Oper singt sie in Lumpen gekleidet:<br />
»Man hat mich gepeinigt und<br />
genötigt, und jetzt schimpft man<br />
mich Närrin.« Ihr Frust ist mehr<br />
als verständlich und berührt<br />
uns daher als Figur umso mehr.<br />
Ganz ähnlich wie Cio-Cio-San als<br />
Madame Butterfly wird sie verzwecklicht<br />
und am Ende einfach<br />
weggeworfen.<br />
Die historische Okichi ertränkte<br />
sich nach ihrem finanziellen<br />
Ruin im Alter von nicht einmal<br />
50 Jahren im Fluss Inozawa. Ihr<br />
Grab befindet sich im Tempel<br />
Hōfuku-ji in Shimoda, wo auch ein<br />
Museum ihr Schicksal in lebhafter<br />
Erinnerung hält.<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
DIE JUDITH VON SHIMODA<br />
Fabián Panisello<br />
Musikalische Leitung<br />
Walter Kobéra<br />
Insze nie rung Philipp M. Krenn<br />
Bühne | Kostüme | Video<br />
Susanne Brendel<br />
Wiener Kammerchor<br />
amadeus ensemble-wien<br />
PREMIERE<br />
17. August <strong>2023</strong> – 20.00 Uhr<br />
VORSTELLUNG<br />
19. August – 20.00 Uhr<br />
Werkstattbühne<br />
Bertolt Brecht, der eine Zeit<br />
lang in Wien lebte, soll über<br />
die Donaumetropole gesagt<br />
haben, sie sei »um einige Kaffeehäuser<br />
herum gebaut, in denen<br />
die Bevölkerung beisammen sitzt<br />
und Zeitung liest«. Als alternativer<br />
Wohn- und Arbeitsraum war das<br />
typische Wiener Kaffeehaus ganzjährig<br />
von früh bis spät geöffnet.<br />
Hier konnte man stundenlang bei<br />
einer Wiener Melange in Zeitschriften<br />
blättern, eigene Stücke verfassen<br />
oder sich mit Gleichgesinnten<br />
intellektuell austauschen.<br />
Fabián Panisellos Oper Die Judith<br />
von Shimoda ist eine Koproduktion<br />
der Bregenzer Festspiele mit der<br />
Neuen Oper Wien und beruht auf<br />
einem Stück, das von Brecht und der<br />
finnischen Schriftstellerin Hella<br />
Wuolijoki bearbeitet wurde. Wie so<br />
oft in seinen Dramen steht auch hier<br />
eine Frauengestalt im Mittelpunkt,<br />
die sich für die Gemeinschaft aufopfert.<br />
Die Geschichte der Heldentat<br />
wird bis zum bitteren Ende erzählt.<br />
Sie regt zum Nachdenken und<br />
Diskutieren an. Vielleicht bei einer<br />
Tasse Kaffee?<br />
Dallmayr wünscht Ihnen viel<br />
Genuss und eine wunderbare<br />
<strong>Festspielzeit</strong>.<br />
PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE<br />
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