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Festspielzeit Sommer 2023 - 1

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

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Pünktlich zu ihrem 200. Geburtstag erstrahlt Franz Schuberts Die Schöne Müllerin<br />

in neuen Klangfarben: Zum ersten Mal gestalten die Musicbanda Franui, der<br />

renommierte Liedinterpret Florian Boesch und der gefeierte Regisseur und<br />

Puppenspieler Nikolaus Habjan einen vollständigen Liederzyklus zusammen.<br />

Es ist ein besonderes Näheverhältnis,<br />

das Franui mit Franz<br />

Schubert verbindet. Etliche<br />

Werke des »Hausheiligen« hat das<br />

legendäre Ensemble aus Osttirol<br />

bereits in seine ureigene Musiksprache<br />

übersetzt – doch Die schöne<br />

Müllerin hat bislang gefehlt. In der<br />

vielfach bewährten Konstellation<br />

mit Florian Boesch und Nikolaus<br />

Habjan widmet sich Franui nun<br />

jenem berühmten Zyklus, den<br />

Schubert 1823 ursprünglich für<br />

Singstimme und Klavier nach<br />

Gedichten von Wilhelm Müller<br />

schuf: ein veritables Ein-Personen-<br />

Drama in 20 Liedern.<br />

Man meint, die Geschichte des<br />

Müllerburschen zu kennen, der<br />

zunächst noch frohen Mutes in die<br />

Welt strebt, bei einem Meister anheuert,<br />

sich Hals über Kopf in dessen<br />

Tochter verliebt und scheinbar<br />

erfolgreich buhlt, bald aber von<br />

einem virilen Konkurrenten ausgestochen<br />

wird und schließlich sein<br />

Ende in den Wellen jenes Baches<br />

findet, der ihm einst »so frisch und<br />

wunderhell« rauschte. Oder hat sich<br />

alles nur in seinem Kopf abgespielt?<br />

Was ist Illusion und was Wirklichkeit,<br />

was Dialog und was Selbstgespräch?<br />

»Aus unserer Sicht erlebt<br />

der Müllerbursche einfach einen<br />

psychotischen Schub nach dem<br />

nächsten«, sagt Andreas Schett,<br />

Gründer und künstlerischer Leiter<br />

von Franui. »Das wird immer krauser,<br />

immer absurder, immer noch<br />

verstiegener.«<br />

Vor allem Florian Boesch hat<br />

der Usus, den liebestollen Müllerburschen<br />

mit heiligem Ernst<br />

zu singen, noch nie überzeugt.<br />

Seit vielen Jahren setzt sich der<br />

österreichische Bassbariton mit der<br />

Schönen Müllerin auseinander, seine<br />

Aufnahme mit Malcolm Martineau<br />

am Klavier wurde 2015 mit einem<br />

Grammy nominiert. Er interpretiert<br />

den Liederzyklus mit kluger Ironie,<br />

und bei den Proben mit Franui war<br />

sofort klar, dass man sich einig ist.<br />

»Wir waren ein bisschen aufgeregt,<br />

nachdem er das Werk so gut kennt –<br />

aber er war ab dem ersten Ton völlig<br />

begeistert«, erinnert sich Schett.<br />

»ZUR GÄNZE NEU RENOVIERT«<br />

Wenn sich die zehnköpfige Musicbanda<br />

mit ihrem unverwechselbaren<br />

Instrumentarium aus Holz- und<br />

Blechbläsern, Streichern, Harfe,<br />

Hackbrett und Akkordeon die<br />

Lieder zu eigen macht, profitiert<br />

sie freilich auch von ihrem großen<br />

Erfahrungsschatz: »Wir können die<br />

Musik ganz woanders hintreiben«,<br />

so Schett. »Die Vokallinie ist über<br />

weite Strecken original Schubert,<br />

der Untergrund ist fast zur Gänze<br />

neu renoviert. Das Geniale an jedem<br />

Schubertlied ist ja, dass da immer<br />

in vier Sekunden eine Formel vorhanden<br />

ist, eine kleine Wendung,<br />

eine Kennmelodie – damit lässt<br />

sich natürlich spielen. Die Herausforderung<br />

ist, etwas zu finden, was<br />

wirklich eine Art Perspektivenwechsel<br />

herstellt, eine Veränderung<br />

der Beleuchtungssituation.«<br />

Und genau dafür könnte es wohl<br />

keinen besseren Mitstreiter geben<br />

als Nikolaus Habjan. Der dreifache<br />

Nestroy-Preisträger aus Graz,<br />

gefragt auch als Regisseur und<br />

Kunstpfeifer, lässt den Müllerburschen<br />

und die Müllerin als<br />

Puppen auftreten und führt sie<br />

empfindsam durch den Liederzyklus.<br />

Es sind völlig neue Facetten,<br />

die dabei ans Licht kommen:<br />

»Die Puppen können so viel erzählen,<br />

was man verbal gar nicht so<br />

leicht ausdrücken kann«, bestätigt<br />

Schett. »Das Pathos, das in diesen<br />

Texten steckt – das kann die Puppe<br />

so bringen, dass man das wirklich<br />

als wahrhaftig begreift.« Nur eine<br />

schwarze Kiste findet sich sonst<br />

noch auf der Bühne, gebaut übrigens<br />

von Florian Boesch höchstpersönlich,<br />

der auch leidenschaftlicher<br />

Handwerker und studierter<br />

Produktdesigner ist.<br />

Gibt es eigentlich ein Lieblingslied,<br />

eine Lieblingsstelle, an der man die<br />

Ohren besonders spitzen sollte?<br />

»Tatsächlich ist keine Melodie dabei,<br />

keine Minute, keine Phrase, die<br />

einem nicht gefallen könnte«, lautet<br />

die Antwort von Andreas Schett.<br />

»Es macht wahnsinnige Freude,<br />

sich diese Musik anzuverwandeln.<br />

Die Müllerin ist wie für Franui geschrieben!«<br />

FRANUI ZU GAST<br />

DIE SCHÖNE MÜLLERIN<br />

Franz Schubert | Musicbanda Franui<br />

Bassbariton Florian Boesch<br />

Musikalische Bearbeitung |<br />

Komposition Markus Kraler,<br />

Andreas Schett<br />

Inszenierung | Puppen | Kunstpfeifen<br />

Nikolaus Habjan<br />

Musicbanda Franui<br />

VORSTELLUNG<br />

3. August <strong>2023</strong> – 17.00 Uhr<br />

Festspielhaus | Großer Saal<br />

DIE SCHÖNE MÜLLERIN<br />

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