Festspielzeit Sommer 2023 - 1
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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Verdis Oper beginnt in den<br />
Bergen von Aragonien,<br />
spielt zwischenzeitlich<br />
in der unterirdischen Grabkammer<br />
Karls des Großen im Dom zu<br />
Aachen und die Szenerie für das<br />
tragische Finale schließlich bildet<br />
ein hochherrschaftlicher Palast.<br />
Diese Vielfalt der Handlungsorte,<br />
im Theater des 19. Jahrhunderts<br />
einfach durch gemalte Prospekte<br />
im Bühnenhintergrund angedeutet,<br />
braucht im Jahr <strong>2023</strong> eine moderne<br />
Entsprechung. Das Team um Regisseurin<br />
Lotte de Beer sowie Bühnenund<br />
Kostümbildner Christof Hetzer<br />
orientiert sich für ihre Inszenierung<br />
an den Angaben des Librettos,<br />
stellt aber das bei Verdi angelegte<br />
Skizzenhafte der Handlung und der<br />
Charaktere in den Vordergrund.<br />
Dabei werden die Handlungsorte<br />
in eine weniger konkrete Bildsprache<br />
übertragen. Hetzer berichtet:<br />
»Wir sehen am Anfang eine leere<br />
Landschaft, eine rohe Version<br />
einer Commedia-dell’arte-Welt.<br />
Ein Planet, auf dem Figuren hausen<br />
– getrieben von Instinkten<br />
oder von Verlangen.«<br />
Mit fortschreitender Handlung<br />
erwächst auf dem leeren Planeten<br />
Stück für Stück eine eigene Welt,<br />
die den Figuren Handlungsmöglichkeiten<br />
eröffnet, sie gleichzeitig spiegelt<br />
und perspektivisch verändert.<br />
»Aber es sind immer sehr skizzierte,<br />
archetypische Räume und Situationen,<br />
die daraus entstehen. Und die<br />
bieten wiederum Platz für Skizzen<br />
von Personen und Persönlichkeiten«,<br />
berichtet Hetzer. »Eine Skizze<br />
hat eine größere Unmittelbarkeit als<br />
ein ausformuliertes Gemälde.<br />
Am Anfang ist alles trostlos, dann<br />
aber fangen die Figuren an zu<br />
singen und zu kämpfen, um gegen<br />
die Inexistenz anzugehen.« Neben<br />
dem Bühnenbild zeichnet Christof<br />
Hetzer auch für die Kostüme verantwortlich.<br />
Bei Ernani habe er<br />
beides von Beginn an zusammengedacht,<br />
so dass eine in sich schlüssige<br />
Welt entstand.<br />
Die ersten Ideen für die Inszenierung<br />
liegen schon Jahre zurück.<br />
In langen Gesprächen zwischen<br />
Regisseurin und Bühnenbildner<br />
erwuchsen Vorstellungen von Raum<br />
und Figuren. Dabei spielte in den<br />
Überlegungen auch die Materialität<br />
der Ernani-Welt eine zentrale Rolle.<br />
In der Neuinszenierung wird Papier<br />
in Kostüm- und Bühnenbild bedeutsam<br />
in Erscheinung treten,<br />
der Gedanke des Skizzenhaften<br />
also auch im Material umgesetzt.<br />
»Die Idee für das Papier entstand<br />
bei einer Produktion in Paris.<br />
Dort haben uns am Anfang der<br />
Probenzeit Puppenspieler Prinzipien<br />
ihrer Kunst vorgestellt. Dabei<br />
waren einige Puppen aus zusammengeknülltem<br />
Packpapier, die vor<br />
unseren Augen zum Leben erweckt<br />
wurden. Das hat uns umgehauen!<br />
Es war so simpel, so sinnlich, so<br />
spielerisch leicht und trotzdem<br />
so archaisch und kraftvoll.« Von<br />
diesen ersten Überlegungen, über<br />
Zeichnungen und den Bau von<br />
Bühnenbildmodellen konkretisierte<br />
sich die Ausgestaltung des Bühnenraumes<br />
für Ernani – immer in enger<br />
Abstimmung mit dem Team der<br />
Bregenzer Festspiele.<br />
Während die Entstehung und<br />
Konstruktion des Bühnenbildes auf<br />
dem See vor den Augen einer interessierten<br />
Öffentlichkeit vonstattengeht<br />
und fast ein eigenes Schauspiel<br />
ERNANI<br />
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