Festspielzeit Sommer 2023 - 1
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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kurz vor seinem Tod die technisch<br />
schwierigste Passage, allein diese<br />
Tatsache befreit mich als Regisseurin<br />
von jedem Realismus. Außerdem<br />
konzentriert sich unsere Inszenierung<br />
auf die Nachkommen und<br />
die Zeugen dieses Suizids. Mich<br />
interessiert das Anschauen, das<br />
Zeuge-Sein, das Aushalten-Müssen<br />
der ganzen Familie um Charlotte.<br />
Welche Rolle spielt dabei Albert<br />
als Charlottes Verlobter?<br />
Ich glaube, dass in einer Gesellschaft,<br />
die weniger streng an ihren<br />
Normen der bürgerlichen Kleinfamilie<br />
festhält und in einer Welt,<br />
in der Werther nicht ganz so besitzergreifend<br />
ist, eine glückliche Beziehung<br />
zwischen Charlotte, Albert<br />
und Werther möglich sein kann.<br />
Albert strahlt Ruhe und Stabilität<br />
aus, Werther hat eine wilde Phantasie<br />
und große Leidenschaft.<br />
Die beiden Männer mögen sich<br />
grundsätzlich auch und finden<br />
vielleicht sogar diese gegensätzlichen<br />
Eigenschaften interessant<br />
und Charlotte trägt beides in sich.<br />
Wenn alle etwas großzügiger wären,<br />
könnte auch ein Leben zu dritt<br />
möglich sein.<br />
Bild für die Sänger:innen oder<br />
Inspiration für Bühne und Kostüme<br />
mit einfließen lassen.<br />
Anders als im Schauspiel gibt es in<br />
der Oper durch die Partitur einen<br />
zeitlich genau festgelegten Ablauf.<br />
Steht dieser Umstand Ihrer Kreativität<br />
im Weg oder können Sie durch<br />
die Musik zu ganz anderen, neuen<br />
Lösungen kommen?<br />
Ich musste für mich eine neue<br />
Herangehensweise an die Regiearbeit<br />
finden. Den Rhythmus eines<br />
Stückes zu bestimmen, war immer<br />
Teil meiner Aufgabe. Ich bin auch<br />
mit Texten und Figuren oft schon<br />
viel freier umgegangen, als es in<br />
der Oper möglich wäre, es geht ja<br />
hier nicht nur um Texte, sondern<br />
auch um Stimmen und Partien,<br />
die nicht einfach eine andere Figur<br />
singen kann. Ich suche jetzt also<br />
meine Freiheit innerhalb der durch<br />
die Musik vorgegebenen Form.<br />
Gerade bei Massenet ist die Musik<br />
auch emotional sehr aussagekräftig,<br />
und darin Momente zu finden, in<br />
denen wir uns darstellerisch und<br />
visuell Raum schaffen, um eine neue<br />
Lesart möglich zu machen, ist eine<br />
sehr spannende Aufgabe.<br />
Ich war schon 2021 mit der Schauspielproduktion<br />
Lohn der Nacht<br />
in Bregenz und habe einen eher<br />
regnerischen, aber sehr intensiven<br />
<strong>Sommer</strong> erlebt. Umso mehr freue<br />
ich mich, viel im See baden zu gehen<br />
und die großartige Stimmung bei<br />
den Festspielen genießen zu können.<br />
Ich finde es sehr inspirierend,<br />
die anderen Produktionen anzuschauen<br />
und neue künstlerische<br />
Handschriften kennenzulernen –<br />
und ich liebe den Kaffee im Bahi.<br />
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
WERTHER<br />
Jules Massenet<br />
Musikalische Leitung Claire Levacher<br />
Inszenierung Jana Vetten<br />
Bühne | Kostüme Camilla Hägebarth<br />
WERTHER<br />
Mit Jules Massenets Werther<br />
inszenieren Sie bei den Bregenzer<br />
Festspielen Ihre erste große Oper.<br />
Waren Sie überrascht von dem, was<br />
die Librettisten Édouard Blau, Paul<br />
Milliet und Georges Hartmann aus<br />
der Vorlage machten?<br />
Die Librettisten haben den Briefroman<br />
in eine szenische Handlung<br />
übersetzt, die viel dialogischer und<br />
weniger literarisch ist als Goethes<br />
Roman, der sich oft in langen Beschreibungen<br />
von Naturphänomenen<br />
und Begegnungen ergeht. In der<br />
Oper findet sich viel von Werthers<br />
Emphase in der Musik wieder, nicht<br />
alles muss ausgesprochen werden.<br />
Das eine oder andere sprachliche<br />
Bild habe ich vermisst, aber zum<br />
Glück kenne ich den Roman sehr<br />
gut und kann das als gedankliches<br />
Im Rahmen der Meisterklasse<br />
mit Brigitte Fassbaender konnten<br />
Sie bereits im März die Sänger:innen<br />
des Opernstudios kennenlernen.<br />
Was war ihr Eindruck?<br />
Ich war sehr beeindruckt von der<br />
Arbeit mit Brigitte Fassbaender.<br />
Wir haben es mit sehr talentierten,<br />
interessierten und klugen jungen<br />
Sänger:innen zu tun, die inhaltlich<br />
mitdenken, technisch auf höchstem<br />
Niveau sind und Lust auf Emotionalität<br />
und Figuren haben. Ich freue<br />
mich sehr, sie in der Zusammenarbeit<br />
noch näher kennenzulernen.<br />
Sie waren schon einmal bei den<br />
Bregenzer Festspielen und kommen<br />
nun wieder an den Bodensee zurück.<br />
Worauf freuen Sie sich am meisten?<br />
Kinderchor der Musikmittelschule<br />
Bregenz-Stadt<br />
Symphonieorchester Vorarlberg<br />
PREMIERE<br />
14. August <strong>2023</strong> – 19.30 Uhr<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
16., 18. & 19. August – 19.30 Uhr<br />
Theater am Kornmarkt<br />
FESTSPIELGESPRÄCHE<br />
FESTSPIELFRÜHSTÜCK 2<br />
Im gemütlichen Rahmen des<br />
Festspielfrühstücks spricht<br />
Regisseurin Jana Vetten über ihr<br />
Leben und ihre Arbeit.<br />
Moderation: Jasmin Ölz (ORF)<br />
6. August <strong>2023</strong> – 9.30 Uhr<br />
Frühstück bereits ab 9.00 Uhr<br />
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