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Mönche<br />
dürfen keinen<br />
weltlichen<br />
Besitz haben.<br />
Tag 1<br />
Beginnen wir mit der Beschreibung dessen, was so eine<br />
Fahrt mit dem Boutique-Boot von einer beliebigen Sause<br />
mit einer schwimmenden Kleinstadt unterscheidet.<br />
Die Mekong Sun ist nur 40 Meter lang und wirkt durch<br />
die eleganten Aufbauten aus Teak- und Mahagoniholz<br />
wie die schwimmende Gartenlaube eines skandinavischen<br />
Designers. Schuhe aus. Das ist der erste Satz, den<br />
wir an Bord hören – die glänzenden Holzbohlen sollen<br />
möglichst nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.<br />
Auf den beiden Decks befinden sich nur 14 Kabinen.<br />
Das Schwesterschiff Mekong Pearl hat nur eine Kabine<br />
mehr. Das heißt, dass nie mehr als 28 Gäste an Bord<br />
sind – zuzüglich der 16 Crewmitglieder natürlich, die<br />
wir im Rahmen einer Vorstellungsrunde kennenlernen.<br />
Bevor wir in Luang Prabang an Bord der Mekong<br />
Sun einchecken, bleibt ein Tag Zeit, um uns den wohl<br />
schönsten Ort Südostasiens anzuschauen. Luang Prabang<br />
gilt als Stadt der Tausend Pagoden, doch wirklich<br />
gezählt hat offenbar niemand. Ständig wechseln die<br />
Angaben. Sicher ist nur, dass es sehr, sehr viele Tempel<br />
sind. Man kann es jeden Morgen aufs Neue sehen.<br />
Dieses Schauspiel auf Luang Prabangs Straßen ist<br />
wirklich beeindruckend: Im Morgengrauen schwärmen<br />
Heerscharen leuchtend orange gekleideter Mönche aus,<br />
um sich ihre tägliche Spende abzuholen. Tak Bat heißt<br />
dieses Schauspiel, das auch als »Offering« oder »Einsammeln<br />
der Morgengabe« bekannt und zur beliebten<br />
Touristenattraktion geworden ist. Schweigend schlurfen<br />
die müden Mönche durch den Morgennebel und sammeln<br />
Früchte und eine Menge Klebereis in glänzenden<br />
Bottichen aus Plastik ein – ihr Frühstück, Mittag- und<br />
Abendessen. Mönche dürfen keinen weltlichen Besitz<br />
haben und sind auf dieses malerische Bettelritual angewiesen.<br />
Der Preis dafür: Touristen aus aller Welt rücken<br />
ihnen mit Kameras und Mobiltelefonen zum Teil sehr<br />
nah auf die Pelle. Nicht immer bleibt die Würde dieser<br />
traditionellen Zeremonie gewährleistet.<br />
Kaum haben sich die Mönche im Tempel zurückgezogen,<br />
öffnen die ersten Frühstückscafés in Luang<br />
Prabang. Avocados werden aufgeschnitten, Siebträger-Kaffeemaschinen<br />
zischen, frische Früchte werden<br />
auf Tellern zerteilt. Es könnte auch Ibiza sein oder ein<br />
Hipsterspot in New York, wenn man nicht so genau<br />
hinschaut. Luang Prabang ist dank üppiger Finanzspritzen<br />
seiner einstigen französischen Besatzer zu einer Art<br />
Freilichtmuseum geworden, hübsch anzusehen, aber<br />
doch auch sehr künstlich.<br />
Backpacker aus der ganzen Welt klappen hier in<br />
schmucken Gasthäusern ihre Laptops auf, die Restaurants<br />
und Cafés sind stilvoll aufgerüscht, die Straßen<br />
überwiegend sauber – mit dem Rest von Laos, einem der<br />
ärmsten Länder der Welt, hat Luang Prabang wenig zu<br />
tun. Das ist Fluch und Segen für die Bewohner dieser<br />
wundervollen Stadt, denn vom ursprünglichen laotischen<br />
Leben ist man hier zumindest in der historischen Altstadt<br />
weit entfernt. Selbst die rauen, lange so angenehm ungeordneten<br />
Tages- und Nachtmärkte haben sich verändert,<br />
sind weitgehend zugeschnitten worden auf westliche<br />
Bedürfnisse. Aber Vorsicht, es gibt Ausnahmen: Nicht<br />
jeder Besucher ist auf den Anblick von gekochten Ratten<br />
oder Flughunden eingestellt – oder auf blutige Stümpfe<br />
von Ziegenbeinen, die auf die Auslage tropfen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
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