Flensburg Journal Ausgabe 185 - Februar 2018
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Hugo Eckener:<br />
wollte er die Nähe zu den Bergen und das bessere Klima nutzen,<br />
um einige gesundheitliche Beschwerden auszukurieren. Die Neuankömmlinge<br />
erkannten bald, dass sie nicht zu den Großstadtmenschen<br />
zählten und siedelten nach einem knappen Jahr in<br />
den beliebten Luft- und Kurort Friedrichshafen um. Sie bezogen<br />
ein Holzhaus am Ortsrand (Bregerenzerösch, heute Zeppelin-Straße),<br />
teilten die Ruhe mit nur zwei Nachbarn – bis ab 1901 die neue<br />
Bodenseegürtelbahn direkt an der Haustür vorbeiführte.<br />
Hugo Eckener führte ein Leben als Privatgelehrter, plante Bücher<br />
über Nationalökonomie und deutsche Geschichte. Seine Frau<br />
Johanna war vermögend; er selbst verdiente sich ein Zubrot als<br />
<strong>Journal</strong>ist, unter anderem für die „Frankfurter Zeitung“. Es war purer<br />
Zufall, dass sich nur wenige Kilometer entfernt Bahnbrechendes<br />
tat. Graf Ferdinand von Zeppelin blickte nach jahrelangen Bemühungen<br />
auf den Prototypen eines starren Luftschiffes. Als sich dieses<br />
am 2. Juli 1900 in Manzell zu einem ersten Testflug erhob, weilte<br />
Hugo Eckener zum Urlaub an der <strong>Flensburg</strong>er Förde. Im Herbst,<br />
bei zwei weiteren Flugversuchen, stand er aber am Ufer und hielt<br />
seine kritischen Beobachtungen für die „Frankfurter Zeitung“ fest.<br />
„Eine Luftbewegung von nur Stärke 1 nach der Beaufortschen<br />
Skala hätte das Luftschiff lustig in die Weite entführt“, unkte er und<br />
amüsierte sich über seine Wahlheimat: „Es liegt eine gewisse Komik<br />
in der Art und Weise, wie Friedrichshafen, das so bescheidene,<br />
ruhige Städtchen, durch seinen Luftballon eine berühmte Stadt<br />
werden will.“<br />
Am 30. November 1905 war für den Grafen Zeppelin endlich der<br />
große Tag gekommen: Das mit wesentlich stärkeren Motoren<br />
versehene zweite Luftschiff (LZ 2) startete auf dem Bodensee.<br />
Hugo Eckener berichtete wieder für Frankfurt: „Wie ein Märchen<br />
entschwand das eben aus dem Stalle geholte kuriose Ungetüm,<br />
mit dem man in den Lüften sollte fliegen können, alsbald auf der<br />
dunstigen Seefläche und war schnell nur noch als weißer Nebelstreif<br />
sieben Kilometer weit drüben an der Schweiz sichtbar.“<br />
Aufgrund einiger Schäden dauerte es bis zum 17. Januar 1906, als<br />
die „fliegende Zigarre“ erneut ihre Runden drehte. Hugo Eckener<br />
beobachtete plötzlich, dass das vordere Propellerpaar stillstand<br />
und der Wind das Luftschiff in das Land hineindrängte. Bald gelangte<br />
die Kunde an den Bodensee, dass das Luftschiff bei Kißlegg<br />
im Allgäu gelandet und später von einem Sturm zerstört worden<br />
war. Hugo Eckener fuhr mit dem Zug nach Sommersried, eilte<br />
zur Unglücksstelle und sah, wie „inmitten des Werkes der Zerstörung<br />
der alte Graf Zeppelin selber stand – aufrecht und ruhig, und<br />
erteilte hin und wieder Anordnungen. Wer kann nachfühlen, was<br />
dem Erfinder in einer schlaflosen Nacht der Entschluss gekostet<br />
haben mag, den Befehl zum Zertrümmern des Werkes zu geben,<br />
über das er ein Menschenalter nachgegrübelt, an dem er volle<br />
sieben Jahre gebaut hat!“<br />
Doch der Graf Zeppelin gab nicht auf und kratzte seine letzten<br />
Mittel für einen dritten Flugapparat zusammen. Sein Sekretär Ernst<br />
Uhland erstellte einen Pressespiegel und stellte fest, dass ein gewisser<br />
Hugo Eckener seine nicht gerade positiven Berichte an diverse<br />
Zeitungen weitergegeben hatte. Dem Grafen kam die Idee, den<br />
kritischen Geist für seine Luftschiffe zu begeistern und auf seine<br />
„Der Zeppelinsche Ballon durch<br />
Feuer gänzlich zerstört!“<br />
Am Bodensee herrschte ab 1900 eine Zeppelin-Begeisterung.<br />
Foto: Sammlung Uwe Eckener<br />
Das erste Luftschiff war nicht tauglich. Der Graf Zeppelin wurde als<br />
„Luftikus am Bodensee“ verspottet und brauchte eine halbe Dekade<br />
für einen zweiten Anlauf. Davon nahm Hugo Eckener nur aus<br />
der Distanz Notiz. Für ihn standen seine gewohnten Tätigkeiten im<br />
Vordergrund – und vor allem die Familie, zu der bald zwei Töchter<br />
und ein Sohn gehörten.<br />
Seite zu ziehen. Die beiden Herren trafen sich bald im Hotel „Deutsches<br />
Haus“ zum Abendessen, diskutierten und schmiedeten tatsächlich<br />
gemeinsame Pläne. Hugo Eckener schlug eine ausdauernde<br />
öffentliche Kampagne und einen Kult um die Persönlichkeit<br />
des Grafen vor. Der <strong>Journal</strong>ist unterstützte bereits die Denkschrift<br />
„Die Wahrheit über mein Luftschiff“, die im <strong>Februar</strong> 1906 erschien.<br />
Im September 1906 wurde der LZ 3 aus der Fertigungshalle gezogen.<br />
Die beiden neuen horizontalen Stabilisierungsflächen am<br />
Heck bewährten sich. Die erfolgreichen Aufstiege hinterließen Eindruck.<br />
Zwei Mal war Hugo Eckener an Bord. Am 14. Oktober 1906<br />
titelte er für die „Frankfurter Zeitung“ in der Morgenausgabe: „Der<br />
Sieg des starren über das lose System.“ Hintergrund: Die Pioniere<br />
vom Bodensee konkurrierten damals gegen die Parseval-Luftschiffe,<br />
die auf eine andere Technik setzten.<br />
Trotz aller Fortschritte glaubte Hugo Eckener nicht, dass die Luftfahrt<br />
für ihn einmal zum Tagesgeschäft werden könnte. Im Sommer<br />
32 FLENSBURG JOURNAL • 02/<strong>2018</strong>