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Seesicht - Das Zentralschweizer-Seen-Magazin Nr. 6 - 2023

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RENNSPORT REUNION<br />

Wenn der schnellste<br />

Mann der Welt<br />

auf eine Allgaier-Zugmaschine<br />

mit Porsche-Dieselmotor<br />

steigt<br />

und das Rennen<br />

gegen andere Traktoren haushoch und<br />

trotzdem gutgelaunt verliert, muss das<br />

Umfeld stimmen. <strong>Das</strong> tat es – schliesslich<br />

war nach vier Jahren Pause wieder<br />

«Rennsport Reunion», das grösste<br />

Markentreffen der Welt. Vier Tage<br />

lang donnerten mehr als 300 Porsche-<br />

Rennwagen über die Piste von Laguna<br />

Seca in Kalifornien, rund 50 aktuelle<br />

und ehemalige Rennfahrer gaben sich<br />

ein Stelldichein, gut 90 000 Besucher<br />

strömten an vier Tagen in die knochentrockenen<br />

Hügel zwischen Salinas und<br />

Monterey. Die R-Group und die 356er<br />

Outlaws kamen in Armeestärke, um<br />

ihre reichlich personalisierten Lieblinge<br />

zu zeigen (die Clubmitglieder müssen<br />

nach drei Prämissen leben. Erstens:<br />

Ohne Hot-Rod-Gesinnung haben<br />

du und dein Auto in der Gruppe keine<br />

Chance. Zweitens: Dein Porsche ist ein<br />

Sport-Wagen. Vergiss das nie. Drittens:<br />

Wenn du und dein Auto nicht irgendwie<br />

an Steve McQueen erinnern, mach dir<br />

keine Hoffnungen …). Wer als Tuner einen<br />

Namen hat, stellte seine überzüchteten<br />

911 an prominenter Stelle aus und<br />

liess sich für so viel Mut, 911 zu «ver»-<br />

formen, bewundern.<br />

Trotz aller Grösse: Rennsport Reunion<br />

ist Familie. Der US-Porsche-Club ist<br />

der grösste von allen, und wenn die namensgebende<br />

Firma schon das 75. Jubiläum<br />

und das kultigste Produkt den<br />

60. Geburtstag feiert, will sich das niemand<br />

entgehen lassen. Wie zum Beispiel<br />

Abends präsentiert, tagsüber gefahren:<br />

neues millionenschweres Trackspielzeug<br />

Porsche 911 GT3 R rennsport.<br />

Bernhard Riedel (79). Der Münchner<br />

Automechaniker wanderte 1963 in die<br />

USA aus und kümmert sich noch heute<br />

im Porsche Club of America um die Getriebe<br />

der Vereinsbrüder und -schwestern.<br />

Seinen 356, Baujahr 1956, kaufte<br />

er 1974. «Nach der Rennschule 1975 in<br />

Sears Point warf ich mich ins Renngeschehen<br />

und noch im selben Jahr wäre<br />

ich fast Meister der nordkalifornischen<br />

A-Production-Meisterschaft geworden»,<br />

erinnert er sich. Er führte bereits<br />

nach Punkten und hätte nur noch beim<br />

letzten Rennen der Saison teilnehmen<br />

müssen – allerdings war das auch der<br />

Tag seiner Hochzeit. Er entschied sich<br />

für seine Frau – «das erzähle ich ihr<br />

aber auch heute noch jeden Tag», grinst<br />

er. Ganz so schlimm war die Wahl aber<br />

dann doch nicht: Er gewann die Meisterschaft<br />

ein Jahr später.<br />

Oder Cameron Healy. Der Amerikaner<br />

besitzt zum Beispiel den heute vollrestaurierten<br />

ersten Porsche-Le Mans-<br />

Siegerwagen, den 356 SL Gmünd Typ<br />

514 mit der Chassisnummer 063. <strong>Das</strong><br />

Auto errang 1951 als erster Porsche<br />

einen Klassensieg bei den 24 Stunden<br />

von Le Mans. Ist schon interessant, zu<br />

erfahren, wie ein Mann wie Healy überhaupt<br />

zu Porsche kam: «Der Vater meiner<br />

ersten Freundin kaufte 1966 eine<br />

neuen 912,» erzählt er. «Ich hatte so<br />

einen Wagen vorher noch nie gesehen.<br />

Als ich 16 Jahre alt war, kaufte ich einen<br />

Käfer und dann versuchte ich, den<br />

in einen Porsche umzuwandeln. Aber<br />

vor 1980 war ich nicht in der Lage, mir<br />

einen echten Porsche zu leisten: Ich erstand<br />

einen 356 für 2000 Dollar. In meinen<br />

40ern habe ich dann begonnen, an<br />

historischen Rennen teilzunehmen.»<br />

Als ihn jemand dabei zweimal überrundete,<br />

kaufte er gleich dessen kompletten<br />

Wagen: Den «Pooper», mit dem er auch<br />

hier in Laguna Seca die Konkurrenz<br />

verbläst. Die Startnummer 55 ist ein<br />

ultraleichter Mix aus MK7-Cooper-F3<br />

und Porsche-Motor aus dem Jahr 1953.<br />

Er gilt als einer der ersten Mittelmotorrennwagen<br />

in den USA und war vor allem<br />

dank seiner 500 Kilo Wagengewicht<br />

den anderen überlegen. Mit 1720 Kubik<br />

Hubraum soll der Vierzylinder- Boxer<br />

heute rund 170 PS leisten – und vier<br />

Trommelbremsen versuchen, die Kraft<br />

im Zaum zu halten.<br />

SEESICHT 6/23<br />

www.seesichtmagazin.ch 45

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