29.01.2024 Aufrufe

MEDIAkompakt Ausgabe 35

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org Das Zeitungsprojekt im 7.Semester Mediapublishing beinhaltet alle Aufgaben einer Zeitungsredaktion: vom Recherchieren, Interviews führen, Artikel verfassen, Bildmotive selektieren und natürlich dem Akquirieren von Anzeigenkunden ist alles dabei.

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10 SUCHE<br />

mediakompakt<br />

Allein,<br />

aber<br />

nicht<br />

samenlos<br />

Bild: Unsplash<br />

Die Entscheidung, Mutter zu werden, markiert oft einen Wendepunkt<br />

im Leben einer Frau. Was passiert, wenn man keinen Partner<br />

an seiner Seite hat? Polly Freytag, wie sich die Solomutter aus<br />

Hessen auf Instagram nennt, erzählt vom Abenteuer Samenspende.<br />

VON ALESSIA BRUNETTO<br />

In einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt<br />

und neue Definitionen von Familie<br />

hervorbringt, werden die Geschichten von<br />

Frauen lauter, die den traditionellen Pfad<br />

der Mutterschaft verlassen haben. Frauen,<br />

die allein eine Familie gründen, nennen sich Solomütter,<br />

im Englischen „Single Mom by Choice“.<br />

Sie bekommen ihr Kind mithilfe einer Samenspende,<br />

ganz ohne Partner:in. Polly Freytag ist genau<br />

so eine Solomutter.<br />

Als sie noch verheiratet ist und sich gemeinsam<br />

mit ihrem Partner mit der zukünftigen Familienplanung<br />

beschäftigt, merkt Polly Freytag: „Es<br />

wird alles zu meinen Lasten sein. Während das Leben<br />

meines Partners genau gleich bleiben wird,<br />

wird sich mein Leben komplett verändern.“ Ab<br />

diesem Zeitpunkt merkt die Hessin, dass sie sich<br />

immer wieder in eine solche Abhängigkeit mit einem<br />

Partner begeben würde. „Ich habe in keiner<br />

heteronormativen Beziehung, in keinem Modell,<br />

durch kein Vorbild gesehen, dass die Familienplanung<br />

nicht zu einem Ungleichgewicht geführt<br />

hat, das immer zulasten der Frau war. Auf der anderen<br />

Seite war mir klar, ich will auf jeden Fall<br />

Kinder. Das Thema Samenspende fiel mir dann<br />

einfach in den Schoß“, beschreibt Polly Freytag.<br />

Daniela Dahms, Diplom-Pädagogin bei Pro Familia<br />

Pforzheim, empfiehlt: „Wenn eine Frau sich<br />

entscheidet, allein Mutter zu werden, muss sie<br />

sich zuvor viele Fragen stellen und diese positiv<br />

beantworten. Die Person wird sich vorher mit sich<br />

selbst und ihren eigenen Kapazitäten, finanziell<br />

und psychisch, auseinandersetzen müssen.“<br />

Die heute <strong>35</strong>-Jährige entscheidet sich dazu,<br />

über ihre Kinderwunschklinik mit einer dänischen<br />

Samenbank zu kooperieren, denn deutsche<br />

Samenbanken gäben deutlich weniger Details<br />

über die Spender preis. „Sucht die Frau den Spender<br />

zum Beispiel online bei einer Samenbank in<br />

Dänemark aus, muss sie sich die Frage stellen, welche<br />

biologischen Merkmale zu ihr passen und<br />

welche das Kind haben soll. Möchte sie einen<br />

Spender mit weißer Hautfarbe oder einen mit<br />

dunkler Hautfarbe? Welche Augenfarbe, welche<br />

Bild: Privat<br />

Körpergröße, welche Blutgruppe soll der biologische<br />

Vater haben?“, erklärt Daniela Dahms. Neben<br />

den optischen Merkmalen haben die Frauen<br />

Zugang zu der gesamten Gesundheitsgeschichte.<br />

„Man trifft eine lebenswirksame Entscheidung für<br />

einen anderen Menschen, den man noch nicht<br />

kennt. Es ist ein sehr bewusster und emotionaler<br />

Prozess, der gleichzeitig so nüchtern ist“, offenbart<br />

die Solomutter.<br />

Polly Freytag achtet bei der Suche nach einem<br />

passenden biologischen Vater auf mögliche Ähnlichkeiten<br />

zu ihren Nichten und zu sich selbst.<br />

„Am Ende hatte ich eine Auswahl von vier Spendern.<br />

Die letzte Entscheidung fiel dann nur nach<br />

Bauchgefühl“, erzählt die Hessin. Trotzdem hat<br />

die <strong>35</strong>-Jährige kein Interesse, den Spender persönlich<br />

zu kennen: „Ich kenne keinen Namen, nur eine<br />

Spendernummer. Ich kann ihn nicht suchen,<br />

weil das nicht mein Recht ist. Das Recht, Kenntnis<br />

über die eigene Abstammung zu haben, ist das<br />

Recht meines Kindes. Der Spender wiederum hat<br />

kein Anrecht auf das Kind.“ Mit Blick auf die Zukunft<br />

bekräftigt Polly Freytag: „Ich möchte bei<br />

meinem Kind nicht diese Sehnsucht erwecken,<br />

dass da vielleicht ein Vater ist. Da ist kein Vater,<br />

wir haben keinen Papa, wir haben einen Spender.“<br />

Aus familientherapeutischer Sicht sei es laut<br />

der Diplom-Pädagogin wichtig, dass das Kind<br />

Kenntnis über den Samenspender hat, denn Familiengeheimnisse<br />

bleiben oft nicht geheim.<br />

Polly Freytag hatte eine komplexe Schwangerschaft,<br />

die körperlich und gesundheitlich viel von<br />

ihr abverlangt hat, trotzdem stell sie klar: „Ich habe<br />

es nie bereut. Ich muss nicht über Erziehungsfragen<br />

mit jemandem diskutieren und bin nicht<br />

abhängig davon, dass jemand anderes abends<br />

nach Hause kommt und mir hilft. Ich bin es gewohnt,<br />

es allein zu machen.“ Auf die Frage, was<br />

sie anderen Frauen in der gleichen Lebenssituation<br />

raten würde, entgegnet die Solomutter: „Ich<br />

kann sagen, dass dieses Leben unglaublich viele<br />

Facetten und Einflüsse hat. Und wenn man sich<br />

darüber Gedanken macht, dieses Leben zu gehen,<br />

dann sollte man sich alle Facetten anschauen und<br />

nicht die Augen verschließen.“ Polly Freytag betont,<br />

dass es erforderlich sei, hinzuschauen. Das<br />

sei die wichtigste Realisation, die es braucht.

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