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MEDIAkompakt Ausgabe 35

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org Das Zeitungsprojekt im 7.Semester Mediapublishing beinhaltet alle Aufgaben einer Zeitungsredaktion: vom Recherchieren, Interviews führen, Artikel verfassen, Bildmotive selektieren und natürlich dem Akquirieren von Anzeigenkunden ist alles dabei.

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26 SUCHE<br />

mediakompakt<br />

Hure oder Heilige?<br />

Bilder: Franziska Gilli<br />

Eine Fotografin und eine Reporterin<br />

haben sich auf die Suche<br />

nach dem Frauenbild in<br />

Italien begeben. Ihr Buch beleuchtet<br />

tiefe Widersprüche in<br />

der Wahrnehmung von Frauen<br />

und wirft einen Blick auf historische<br />

Gegebenheiten.<br />

VON LINDA ENRICH<br />

Wir sind es leid, diskriminiert zu<br />

werden“, das war einer der Sätze,<br />

der auf Demo-Plakaten in den<br />

1970er-Jahren in Italien hochgehalten<br />

wurde. Es wurden verbesserte<br />

Bedingungen für Frauen und das Recht auf<br />

Abtreibung gefordert. Letzteres wurde erreicht:<br />

Seit 1978 sind Abtreibungen in den ersten 90 Tagen<br />

in Italien erlaubt. Ansonsten hat sich wenig<br />

geändert. Die Fotografin Franziska Gilli und die<br />

Reporterin Barbara Bachmann haben das als Anlass<br />

genommen, in ihrem Buch „Hure oder Heilige<br />

– Frau sein in Italien” einen Einblick in eine Gesellschaft<br />

zu geben, in der die entsprechenden Klischees<br />

allgegenwärtig sind. Sie haben recherchiert,<br />

fotografiert, Menschen interviewt und in<br />

ihrem Alltag begleitet. Je nach Thema waren sie<br />

mal zusammen unterwegs, mal allein. Franziska<br />

Gilli und Barbara Bachmann sind in Südtirol, im<br />

deutschsprachigen Teil Italiens, aufgewachsen.<br />

Beide arbeiten für überregionale Medien und sind<br />

für ihre Arbeiten ausgezeichnet worden: Barbara<br />

Bachmann mit dem Axel-Springer-Preis und Franziska<br />

Gilli mit dem Walther-von-der-Vogelweide-<br />

Förderpreis für ihre sozialkritische Fotografie.<br />

Der provokante Buchtitel bezieht sich bewusst<br />

auf zwei stereotype Frauenbilder, die das Denken<br />

und den Blick auf Frauen in Italien mehr beeinflusst<br />

haben als jedes andere Klischee: Die Hure<br />

und die Heilige. „So deutlich wie auf unserem<br />

Buchcover treten sie im Alltag aber längst nicht<br />

zutage. Sie steuern Vorurteile gegenüber Frauen<br />

viel subtiler, oft unbewusst. Auch heute noch,<br />

und zwar stärker, als wir zu Beginn der Recherche<br />

angenommen hatten”, sagen die Autorinnen<br />

Franziska Gilli und Barbara Bachmann.<br />

Warum Italien? Was macht dieses Land für die<br />

Autorinnen so besonders? Es ist das Land, in dem<br />

sie aufgewachsen sind, dennoch hätten sie sich<br />

genauso gut mit anderen Gesellschaften auseinandersetzen<br />

können. Ähnliche Probleme finden<br />

sich auch in Deutschland oder Österreich. „Frauen<br />

werden auch dort aufgrund ihres Geschlechts<br />

bei der Arbeitssuche benachteiligt. Es gibt ebenso<br />

Gender-Pay-Gaps, sexuelle Belästigung und Frauenmorde.<br />

Nur empfinden wir all das in der italienischen<br />

Gesellschaft als noch deutlicher, die<br />

Strukturen starrer“, verdeutlichen Gilli und Bachmann.<br />

Das Buch zeigt in sieben Kapiteln verschiedene<br />

Themen wie Wollust und Lustlosigkeit, Zorn<br />

und Liebe, Trägheit und Eifer. Die Kapitel sind inspiriert<br />

von der katholischen Dichotomie, zwei<br />

sogenannten widersprüchliche Wahrheiten, die<br />

gleichzeitig existieren können. Die Buchform war<br />

für sie die beste Art und Weise, das Thema von<br />

verschiedenen Seiten zu beleuchten und den beiden<br />

Polen, Text und Fotografie, den passenden<br />

Raum zu geben.<br />

Im Kapitel „Wollust & Lustlosigkeit” legen<br />

Gilli und Bachmann den Fokus auf die Rolle der<br />

katholischen Kirche. Sie besuchten die Nonnen<br />

eines Klosters in der mittelitalienischen Stadt Ascoli<br />

Piceno und zeigen, dass die Kirche trotz<br />

Machtverlust weiterhin Einfluss auf die Vorstellung<br />

von Weiblichkeit hat. „Der Papst mischt sich<br />

im Übrigen nach wie vor stark in gesellschaftliche<br />

Zum Buch<br />

Das Buch „Hure oder Heilige – Frau sein in<br />

Italien” erschien 2021 in deutscher und<br />

italienischer Sprache. Es besteht aus Reportagen,<br />

Porträts und Interviews. Sie berichten<br />

von Versuchen der Gleichstellung, von<br />

Showgirls im italienischen Fernsehen, von<br />

Nonnen und Erziehung und von Feminist:innen<br />

und ihrem Kampf, sich von gegenwärtigen<br />

Stereotypen zu lösen.

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