prima! Magazin – Ausgabe April 2024
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BERICHT<br />
Bequemheit über Gesundheit <strong>–</strong><br />
Übergewicht bei Kindern<br />
In Österreich werden knapp 30 Prozent der Kinder ab dem Volksschulalter als übergewichtig oder gar adipös<br />
eingestuft. Das zeigt der aktuellste Bericht der „Childhood Obesity Surveillance Initiative“ der World Health<br />
Organisation (WHO). Als Begründung dafür werden unter anderem zu viel Sitzen und kalorienreiches Essen<br />
genannt. Ausschlaggebende Lösungen für das Problem seien insbesondere körperliche Bewegung und eine<br />
ausgewogene Ernährung <strong>–</strong> Faktoren, die weder in der Schule noch zuhause umgesetzt werden. Auch Kinder- und<br />
Jugendfacharzt Doktor Christoph Rodler aus Hartberg bestätigt den Anstieg von Übergewicht bei Kindern und<br />
erklärt, wie wichtig die frühe Vermittlung von gesunden Gewohnheiten ist und wie man die Sache angehen kann.<br />
Saskia Kanczer<br />
Wann ist es kein<br />
Babyspeck mehr?<br />
Zwischen September und Dezember 2019<br />
wurden insgesamt 2.445 Kinder im Alter<br />
zwischen sieben und zehn Jahren aus<br />
allen neun Bundesländern auf Initiative<br />
der WHO untersucht. Die Ergebnisse<br />
zeigten, dass knapp ein Drittel der<br />
Kinder im Volksschulalter laut Body-<br />
Mass-Index (BMI) bereits als übergewichtig<br />
gelten. „Der BMI ist ein relativ<br />
guter Richtwert. Hohes Gewicht ist nicht<br />
unbedingt durch eine Zahl in Kilogramm<br />
definiert, es kommt aufs Verhältnis zur<br />
Körpergröße an“, erklärt Kinder- und<br />
Jugendfacharzt Christoph Rodler. Er ist<br />
nicht nur in seiner Praxis in Hartberg<br />
tätig, sondern auch als Schularzt in<br />
Oberschützen. „Der Gewichtsanstieg bei<br />
Kindern ist quer durch alle Altersgruppen<br />
erkennbar <strong>–</strong> von Volks- bis hin zu<br />
Hochschulkindern“, bestätigt der<br />
Facharzt. Auch er nennt die Probleme<br />
ganz klar beim Namen: „Die Kinder sitzen<br />
bereits sehr viel in der Schule und das ist<br />
in vielen Fällen zuhause auch nicht<br />
anders. Viele Kinder und Jugendliche<br />
verbringen ihre Freizeit immer mehr vor<br />
dem Bildschirm, anstatt auch Hobbys an<br />
der frischen Luft zu haben. Selbst der<br />
Scooter ist oft elektrisch“, erklärt Doktor<br />
Rodler. Aber als Elternteil stellt sich hier<br />
die Frage: Ab wann ist es kein Babyspeck<br />
mehr? Ab wann sollte ich mir Sorgen<br />
machen? „Leider sind Routineuntersuchungen<br />
nur bis zum fünften Lebensjahr<br />
gang und gäbe. Dabei wäre ein jährlicher<br />
Gesundheitscheck für alle Altersgrup-<br />
Jedes dritte Kind in<br />
Österreich ist übergewichtig.<br />
Bei etwa zehn<br />
Prozent der Burschen<br />
und Mädchen lautet die<br />
Diagnose nicht einfach<br />
nur Übergewicht,<br />
sondern Adipositas.<br />
pen sehr wichtig,<br />
denn da könnten<br />
etwa frühzeitige<br />
Anzeichen für<br />
Adipositas<br />
erkannt und<br />
entsprechend<br />
gegengesteuert<br />
werden. Babyspeck existiert zwar durchaus<br />
und ist bis zu einem gewissen<br />
Kleinkindalter normal und dient auch als<br />
Schutz vor dem Fallen. Dennoch ist es<br />
immer ratsam, die Verhaltensweisen des<br />
Kindes zu beobachten. Ein simples<br />
Alarmzeichen ist zum Beispiel, wenn das<br />
Kind gleich große Portionen isst wie ein<br />
Erwachsener. Dann ist es ratsam zu<br />
überlegen, ob es sich noch um eine<br />
normale Verhaltensweise handelt oder<br />
man die Essgewohnheiten hinterfragen<br />
sollte“, schildert der Kinderarzt.<br />
Was ist Adipositas?<br />
Ab einem BMI-Wert von 30 gilt ein<br />
Mensch als adipös und leidet somit an<br />
einer krankhaften Fettleibigkeit. Diese<br />
kann laut Doktor Rodler durchaus auch<br />
chronisch werden: „Je länger gewartet<br />
wird, die Krankheit zu erkennen, desto<br />
schwieriger ist es, ihr entgegenzuwirken.<br />
Foto: Shutterstock.com / FotoDuets<br />
Vor allem ist es auch komplizierter,<br />
Adipositas zu behandeln, je älter die<br />
betroffene Person ist.“ Daher ist es also<br />
wichtig, so schnell wie möglich zu<br />
reagieren oder noch besser, es gar nicht<br />
erst so weit kommen zu lassen. „Es sollte<br />
ein Verständnis dafür da sein, wie das<br />
Verhältnis zwischen Energiezufuhr<br />
(gegessenen Kalorien) und Kalorienverbrauch<br />
(Kalorienverbrennung) aussieht.<br />
Wenn konstant mehr Kalorien gegessen<br />
als verbraucht werden, nimmt man<br />
natürlich zu und das stetig“, erklärt<br />
Christoph Rodler.<br />
Muss man körperliche<br />
Bewegung beibringen?<br />
Dass körperliche Bewegung und eine<br />
ausgewogene Ernährung die wichtigsten<br />
Faktoren für unsere Allgemeingesundheit<br />
sind, ist keine Neuigkeit <strong>–</strong> aber<br />
dennoch steigt die Zahl der Übergewich-<br />
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