BGB Sachenrecht und Sicherheiten Skript - Hochschule für ...
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<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
Verwaltung <strong>und</strong> Finanzen<br />
Ludwigsburg<br />
8<br />
Der Besitz knüpft an die tatsächliche Beherrschungsmöglichkeit über eine Sache<br />
nach § 854 an. Er umschreibt die tatsächliche Sachherrschaft an einer Sache im Gegensatz<br />
zum Eigentum, das dem Berechtigten das Recht an einer Sache zuweist. Der<br />
Eigentümer kann zugleich Besitzer sein. Besitz <strong>und</strong> Eigentum können auseinanderfallen, wenn dem<br />
Eigentümer die Sache gestohlen wurde, die nun der Dieb in Besitz hat. Es muss eine räumliche<br />
Beziehung bestehen, die eine Sacheinwirkung zulässt. Auto auf dem Parkplatz. Eine nur<br />
vorübergehende Sachbeziehung genügt nicht. Gast im Lokal. Es muss ein genereller<br />
Besitzbegründungswille des Erwerbers hinzukommen, wobei ein natürlicher Wille<br />
genügt. Geschäftsfähigkeit ist nicht erforderlich.<br />
Der Besitz kann<br />
- durch einseitige Besitzergreifung begründet werden oder<br />
- von einem Vorbesitzer durch Übergabe erworben werden.<br />
1. Arten des Besitzes<br />
Das Gesetz unterscheidet verschiedene Arten des Besitzes. Diese Unterscheidung<br />
wird von Bedeutung sein<br />
- bei den verschiedenen Möglichkeiten zum Eigentumserwerb an einer beweglichen<br />
Sache <strong>und</strong><br />
- <strong>für</strong> die Frage des Besitzschutzes.<br />
1.1 unmittelbarer <strong>und</strong> mittelbarer Besitz<br />
Das Gesetz geht primär vom unmittelbaren Besitz nach § 854 Abs. 1 aus. Unmittelbaren<br />
Besitz hat derjenige, der tatsächlich die Sache inne hat <strong>und</strong> die tatsächliche<br />
Herrschaft mit seinem Besitzwillen über die Sache ausüben kann. Für den unmittelbaren<br />
Besitz ist es unerheblich, ob der Besitzer ein Recht zum Besitz hat. Eine ihrer<br />
Natur nach nur vorübergehende Verhinderung an der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft<br />
beendigt nach § 856 Abs. 2 den Besitz nicht.<br />
In § 857 kennt das Gesetz ausnahmsweise einen unmittelbaren Besitz, der ohne die tatsächliche<br />
Sachherrschaft <strong>und</strong> ohne Besitzwillen bestehen kann. Der Besitz des Erblassers geht kraft Gesetzes<br />
auf den Erben über, selbst wenn der Erbe die tatsächliche Herrschaft gar nicht ausüben kann. Das ist<br />
die Konsequenz aus dem Umstand, dass die Rechtsstellung des Erblassers in vollem Umfang auf den<br />
Erben übergeht nach § 1922. Das Gesetz will mit diesem fingierten Besitz den Rechtszustand der<br />
Besitzlosigkeit am Erbe verhindern.<br />
Der unmittelbare Besitz wird dadurch erworben, dass der Besitzer die tatsächliche<br />
Sachherrschaft erlangt <strong>und</strong> den Willen hat, die tatsächliche Gewalt über die Sache<br />
auszuüben, der Besitzerwerbswille. Der Besitzerwerbswille hat nicht die Qualität eines<br />
rechtsgeschäftlichen Willens. Es genügt ein so genannter natürlicher Wille, den<br />
auch ein Geschäftsunfähiger haben kann. So ist Besitzer des in einem Kino verlorenen Ringes<br />
der Betreiber des Kinos, auch wenn er von der Existenz des Ringes nichts weiß. Es genügt der<br />
generelle Besitzwille, die sich im Kino befindlichen Sachen besitzen zu wollen.<br />
Kann der Besitzerwerber die tatsächliche Sachherrschaft ohne weiteres Zutun ergreifen<br />
<strong>und</strong> ausüben, so genügt die Einigung des Erwerbers mit dem bisherigen Besitzer<br />
<strong>Skript</strong><br />
<strong>Sachenrecht</strong><br />
Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 08-2011