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Jugendliche Alltagsgestaltung und Identitätsbildung mit ... - KOBRA

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2 Perspektive <strong>und</strong> Fokus - Literaturbericht <strong>und</strong> wissenschaftlicher Bezugsrahmen<br />

Vergangenen das verlorene, aber wiedergewinnbare Ideal sieht <strong>und</strong> die Wirklichkeitswahrnehmung ihrer<br />

historischen Linearität beraubt <strong>und</strong> eschatologisch deformiert. Mythen wie diese prägen die Diskurse fast aller<br />

Dimensionen <strong>und</strong> Felder. Mythen verhindern eine kritische Auseinandersetzung <strong>mit</strong> der ideologischen Funktion<br />

von Denotation <strong>und</strong> Konnotation. 51<br />

26<br />

"The semiotic analysis of cultural myths involves an attempt to deconstruct the ways in which codes operate<br />

within particular popular texts or genres, with the goal of revealing how certain values, attitudes and beliefs<br />

are supported whilst others are suppressed." 52<br />

Die Funktionen des Mythos wie der verschiedenen Codes sind von Bedeutung bei der Analyse jugendlicher<br />

Medien-, Text- <strong>und</strong> Ereignis-Arrangements, weil sie deren Genese wie Praxis, etwa in den Skripts, denen die<br />

<strong>Jugendliche</strong>n folgen, vielfältig <strong>mit</strong> beeinflussen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> Rückschlüsse etwa auf die Gestaltungspotentiale, die<br />

den jugendlichen reell zur Verfügung stehen, zulassen.<br />

Codes<br />

Ein Code repräsentiert eine komplexe soziale Dimension, ohne ihn ist ein eigentlicher Diskurs nicht denkbar. 53<br />

Ein Code stellt ein Archiv von Interaktionshandlungen dar, <strong>mit</strong> dem die Nutzer eines bestimmten Mediums<br />

innerhalb eines kulturellen Rahmens operieren. Ein Code ist ein prozedurales System von <strong>mit</strong>einander<br />

verb<strong>und</strong>enen Konventionen der Interaktion <strong>mit</strong>tels Medien in einer spezifischen Domäne. Codes organisieren<br />

einerseits aus Zeichen Bedeutungssysteme, andererseits verknüpfen sie Texte, als Resultate von Operationen<br />

<strong>mit</strong> Bedeutungssystemen, innerhalb umfassenderer Deutungsrahmen nach Kriterien der Kohärenz, Homogenität<br />

<strong>und</strong> Systematik 54 .<br />

Codes benutzen Autoren <strong>und</strong> Produzenten wie die Rezipienten von Texten. Die Textproduktion beruht auf der<br />

Selektion <strong>und</strong> Kombination von Zeichen nach den im benutzten Code festgehaltenen Konventionen. Das<br />

Encoding durch den Rezipienten basiert ebenfalls auf diesem bzw. einem angemessenen Code, auf den eine<br />

Reihe von Schlüsseln hinweisen. Dazu gehören intratextuelle Zeichen wie etwa eine Überschrift ebenso wie<br />

kontextuelle Faktoren wie etwa das Medium, <strong>mit</strong> dem der Text ver<strong>mit</strong>telt wird, seine Präsentationsform oder die<br />

Rezeptionssituation. Allerdings kann ohne diese Schlüssel der Rezipient nur bedingt auf den zur Deutung eines<br />

Textes notwendigen Code schließen, so dass Fehlinterpretationen möglich sind. Gr<strong>und</strong>sätzlich hat der Rezipient<br />

neben dem referentiellen Code weitere textuelle <strong>und</strong> schließlich spezifische soziale Codes zu berücksichtigen.<br />

Die Cultural Studies unterscheiden folgende Formen von Codes:<br />

?? Soziale Codes wie Sprache (phonologisch, syntaktisch, lexikalisch, prosodisch, paralinguistisch),<br />

Körpersprache (Kontakt, Nähe, Orientierung, Erscheinung, Mimik, Gestik, Habitus), Konsumption<br />

(Moden, Trends, Statussymbole), Verhalten (Protokolle, Rituale, Rollen, Rollenspiel);<br />

?? Textuelle Codes wie Wissenschaften, Ästhetik, Genre, Rhetorik, Stilistik, Massenmedien;<br />

?? Interpretative Codes wie perzeptionelle Codes, ideologische Codes.<br />

Obwohl Codes gr<strong>und</strong>sätzlich immer einem Encoding wie Decoding zugr<strong>und</strong>e liegen, sind sie heteronome<br />

Elemente, denen sich das Individuum bedienen kann, nicht muss. Auf der einen Seite gibt es explizite, von<br />

Autor <strong>und</strong> Produzent wie Rezipient verwendete Zeichen-Text-Systeme, bei dem die Bedeutung der Texte sich<br />

ergibt auf der Basis formeller Konventionen (Codierung), auf der anderen Seite gibt es die vom Individuum auf<br />

der Basis impliziten Verstehens gestaltete Produktion <strong>und</strong> Interpretation von Texten, die in der Praxis sich zu<br />

einem individuellen System fortentwickeln <strong>und</strong> – interaktiv kommunalisiert – auf Codes Einfluss nehmen bzw.<br />

von diesen integriert werden kann (Hermeneutik).<br />

51<br />

Kulturgeschichtlich wie -historisch scheint dies wichtig im Zusammenhang <strong>mit</strong> der von E. Cassirer festgestellten Bedeutung einer mythisch<br />

begründeten bzw. beeinflussten symbolischen Interaktion im Rahmen des Paradigmenwechsels von der Moderne zur Postmoderne, s.a. MIKOS 1994;<br />

dagegen die SF-Theorie der 70er Jahre, die insbesondere die "positivistische" Science-Fiction zum Gegenstand ihrer emanzipatorischen Kritik machte<br />

<strong>und</strong> das Phänomen Fantasy als so lches entweder nicht wahrnahm oder der hochliterarischen phantastischen Literatur zuordnete, z.B. SUVIN 1979<br />

52<br />

CHANDLER 2003<br />

53<br />

HALL 1980, 131<br />

54<br />

Vgl. dazu SCHULZEs Analyse der Homologien als f<strong>und</strong>amentale Semantik, SCHULZE 1996, 348-364

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