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Jugendliche Alltagsgestaltung und Identitätsbildung mit ... - KOBRA

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2 Perspektive <strong>und</strong> Fokus - Literaturbericht <strong>und</strong> wissenschaftlicher Bezugsrahmen<br />

Dabei strukturieren <strong>und</strong> organisieren soziale Codes, dominant die Medienkommunikation, die Interdependenzen<br />

der <strong>Jugendliche</strong>n untereinander wie <strong>mit</strong> ihrer Umwelt. 140 Gr<strong>und</strong>sätzlich handelt es sich dabei um einen<br />

kulturellen Prozess des Wandels von Subjektivität <strong>und</strong> Individualität, die sich definiert als das vom Individuum<br />

<strong>mit</strong>tels symbolischer Objektivationen gestaltete <strong>und</strong> erfahrene Verhältnis von Innen- <strong>und</strong> Außenwelt. 141<br />

42<br />

"Persönlichkeitsentwicklung <strong>und</strong> <strong>Identitätsbildung</strong> finden in einem sich wandelnden gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />

kulturellen Umfeld statt, das von rasanten Entwicklungen der Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationstechnologien sowie Medien <strong>und</strong> ihren vielfältigen Produkten stark beeinflusst ist. Da<strong>mit</strong><br />

treten neben traditionelle, für die <strong>Identitätsbildung</strong> relevante Instanzen wie Familie oder Schule auch<br />

vielfältige mediale Texte." 142<br />

"Von da ab ging es nicht mehr darum, Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> an vorgegebene Bildungsziele,<br />

Lebensaufgaben <strong>und</strong> Lebensformen heranzuführen [...]." 143<br />

Der <strong>Jugendliche</strong> erfährt sich in der Postmoderne nach diesem Code auf der subjektiven Ebene als Resultat einer<br />

schon weitgehenden <strong>und</strong> sich noch steigernden Individualisierung. Auf kultureller Ebene manifestiert sich<br />

dieser Sachverhalt in einer umfassenden Pluralisierung <strong>und</strong> Permissivität. Auf sozialer Ebene dagegen als<br />

Tribalisierung bzw. Ethnisierung, in denen der einzelne Beheimatung sucht <strong>und</strong> findet. Die Möglichkeiten zur<br />

Emanzipation von traditionellen Formen der Interaktion wachsen dabei in dem Maße, wie Objekte erscheinen,<br />

die traditionellen Zuordnungen nicht unterworfen sind <strong>und</strong> die von den Individuen angeeignet <strong>und</strong>, wesentlich<br />

gewichtiger, als Angeeignetes in den Symbolen entäußert <strong>und</strong> kollektiv zu symbolischen Objektivationen<br />

werden, die erneut den Aneignungsprozess beeinflussen.<br />

Dieser Prozess einer "kulturellen Differenzierung" <strong>und</strong> der daraus resultierenden Individuation darf allerdings<br />

nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Code immanent auf einer globalen Kultur marktwirtschaftlicher<br />

Produktions-, Allokations- <strong>und</strong> Konsumptionslogik basiert.<br />

Konsum<br />

Obwohl Resultat weitgehend vom Individuum unbeeinflussbarer wirtschaftlicher Prozesse öffnet die<br />

Medienkommunikation als dominanter Code gerade dem <strong>Jugendliche</strong>n ein Fenster autonomer Sinngebung in<br />

der Bedeutungszuweisung <strong>mit</strong>tels Encoding <strong>und</strong> Decoding. Eine jedem Individuum offen stehende, weil<br />

marktkohärente Form der Interpretation 144 von sich <strong>und</strong> Umwelt ist die Verwendung <strong>und</strong> Nutzung symbolischen<br />

Materials der Medienarchive als Konsum.<br />

Moderne Medien haben notwendigerweise Teilhabe an der utilitaristischen "Zweckrationalität" 145 der<br />

Marktwirtschaft. Dem gegenüber steht die bürgerliche Fiktion einer "kulturellen Autonomie" <strong>mit</strong> scheinbar<br />

zweck- <strong>und</strong> wertfreien Räumen <strong>und</strong> Reservaten des Privaten <strong>und</strong> Gesellschaftlichen, wie etwa Schule <strong>und</strong><br />

Universität als 'pädagogische Provinz', die sich einer utilitaristischen Ökonomisierung als Waren zu entziehen<br />

<strong>und</strong> zu widersetzen glauben. 146 Spätestens im Konsum werden beide Bereiche wieder zusammengeführt.<br />

Die Integration des Medien- <strong>und</strong> Konsumangebots in die Gestaltungsprozesse des Individuums aus der<br />

"subjektive[n] Sinnperspektive" der Konsumenten strukturiert dieses Angebot in einer spezifischen Art <strong>und</strong><br />

Weise, manifest als individuelle Auswahl, Kanalisierung, Gliederung etc. Die hohe Affinität des Angebots an<br />

medialen symbolischen Objektivationen <strong>und</strong> individueller Gestaltung erklärt sich aus deren antizipativen<br />

Strukturierung durch die Medienproduzenten:<br />

"Dies führt zur inhaltlichen <strong>und</strong> dramaturgischen Entsprechung von Medien, Handeln <strong>und</strong> Erleben.<br />

Individuell handelnde Rezipienten integrieren Medien der industriellen Massenkommunikation, die<br />

140 Zum Begriff der "Figuration" vgl. ELIAS 1969, 23; BACHMAIR 1996, 91-93<br />

141 Zur Unterscheidung von "Innenwelt" <strong>und</strong> "Außenwelt" vgl. HURRELMANN 2001<br />

142 Pädagogische Hochschule Zürich/ Pestalozzianum 2003<br />

143 BACHMAIR 2001, 234<br />

144 BAACKE 1997, 29: "Durchkapitalisierung"<br />

145 BAACKE 1997, 28<br />

146 HABERMAS 1990

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