Jugendliche Alltagsgestaltung und Identitätsbildung mit ... - KOBRA
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1 Die <strong>Alltagsgestaltung</strong> von <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> deren Integration in das schulische Umfeld<br />
tagtäglichen Unterrichts, man kann ihnen eigentlich nicht böse sein, <strong>und</strong> noch hält einen das Wissen um das<br />
während des Referendariats erlernte <strong>und</strong> manchmal geleistete Optimum aufrecht. Wie hieß doch noch der ganze<br />
Katalog des 'modernen' Unterrichts: Lernzielplanung <strong>und</strong> -taxonomie, Methodik <strong>und</strong> Methodenwechsel,<br />
Arbeitsschritte <strong>und</strong> -phasen, Lernzielkontrolle, Gesprächssteuerung, Fragetechnik etc. Meine heutigen<br />
Unterrichtsvorbereitungen atmen dank der Dokumentvorlagen des PC noch immer in ihrem Aufbau den Geist<br />
jener Zeit. Wie kann es da dem Schüler als Objekt solcher Zuwendung einfallen, sich einem derartigen<br />
Unterricht zu verweigern? Man macht doch schon längst keinen Frontalunterricht mehr! Und doch dann ihre<br />
ostentative Energie, die sie dem Unwichtigen widmen, diese Kreativität in überflüssigen Details, diese<br />
exzessiven Manierismen im Peripheren. Was macht der Schüler da, der sich, offenbar nicht am Unterricht<br />
beteiligt, doch höchst aktiv zeigt. Soll man ihn aufschrecken? An probaten Mitteln fehlt es da ja nie. Aber<br />
wozu? Deutet man denn das, was geschieht auch richtig? Man wird unsicher, ist unschlüssig. Dieser Aufwand,<br />
diese Anstrengungen erscheinen doch, wenn auch einem unverständlich, so doch zielgerichtet, konsequent,<br />
notwendig.<br />
The Bronx: <strong>Jugendliche</strong> Emanzipationskulturen<br />
Der Vandalismus an der Schule nehme beängstigend zu, sagt der 'Sheriff', d.h. der A16-Mann, dem die interne<br />
Schulaufsicht obliegt. Widerspruch der Historiker, die Vandalen seien allein aus der Perspektive der<br />
Kirchenväter <strong>und</strong> anderer Gegner ins schlechte Licht gerückt worden. Übereinstimmung allerdings darin, dass<br />
<strong>mit</strong> den Schülern nichts anzufangen sei <strong>und</strong> es sowieso ständig bergab gehe, siehe Gibson's "Fall and Decline of<br />
the Roman Empire". Und im Schulhaus sehe es wieder mal aus wie im Schweinestall. Da bestehe doch<br />
eindeutig 'Handlungsbedarf'. Der Eklat bei der letzten Abi-Feier, als die Schüler ein Plakat aufgespannt hatten,<br />
auf dem die Schule als Fortress, also als Hochsicherheitstrakt US-amerikanischer Gefängnisse abgebildet war,<br />
ist längst vergessen, die wenigsten der Lehrer hatten die Pointe überhaupt verstehen wollen. Reaktionen: Da<br />
sieht man, wie wenig die begriffen haben von dem, was wir ihnen beibringen wollten. Im neuen Jahr wurde<br />
deshalb die Zahl der 'sensiblen' Zonen im Gebäude weiter erhöht, das Kollegium um Nachsicht bei der<br />
wachsenden Belastung durch Aufsicht gebeten: "Aufsicht geht vor Ablösung!" Obwohl dann, wenn man da ist,<br />
natürlich nie etwas passiert. Dann aber wieder die Zerstörung der abgehängten Decken in den Umkleideräumen<br />
durch die von einer Niederlage enttäuschte Basketball-Mannschaft des schuleigenen Vereins. Ein Schaden, der<br />
in die Tausende geht. Der Sache werde nachgegangen, heißt es, Schuld habe eine Übungsleiterin, die ihrer<br />
Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sei. Neulich fiel ein Projektor in seine Einzelteile auseinander, als man<br />
ihn in die Hand nehmen wollte. Ein Kollege hatte ihn so geschickt zusammengesetzt, dass nicht auffiel, dass er<br />
de facto ein Totalverlust geworden war. Vandalismus? Dabei hat jeder von uns doch eine<br />
Haftpflichtversicherung. Nebenbei, die Schere im Kopierraum hat man die Kette legen müssen. Klebestifte gibt<br />
die Sekretärin, weil die 'Beine kriegen', nur noch ungern heraus. Warum denn die Schüler als Arbeitsgruppe im<br />
Gang nicht sitzen könnten, um einen Gedichtvortrag vorzubereiten? Das verstoße gegen die Schulordnung,<br />
Brandschutz, Fluchtwege sind frei zu halten, lernen könne man auch im Stehen! Wohin Freiräume führten,<br />
wisse man ja. Die Versuche, für die Oberstufe einen Aufenthaltsraum zu finden, sind angesichts des übervollen<br />
Hauses im Sande verlaufen. In den Fluren 'offizielle' Kunst der Arbeitsgemeinschaften <strong>und</strong> der regen Gruppe<br />
der 'Künstler', in den Klassenräumen der Unterstufe Wohnzimmeratmosphäre, in denen der Mittelstufe selten<br />
mal Poster, sonst weiße Wände, aber prophylaktisch "Edding"-Verbot. Regt man einmal an, den Klassenraum<br />
zu gestalten, winken die Schüler fre<strong>und</strong>lich ab, man habe das schon öfters versucht, kein Interesse. Schule soll<br />
offenbar als solche identifizierbar bleiben?<br />
Tagtraum: <strong>Jugendliche</strong> Innovation <strong>und</strong> schulischer Anspruch<br />
Dass Schule sich fortsetzt in den Nach<strong>mit</strong>tag, oft auch in den Abend der <strong>Jugendliche</strong>n hinein, ist eine Erfahrung,<br />
die man als Lehrer weitgehend verdrängt hat. Wer erinnert sich noch an die erste Woche im Referendariat, als<br />
man in einer 5. Klasse eine Woche lang hospitieren durfte <strong>und</strong> dabei nur dasselbe wie die Schüler tun sollte.<br />
Nach dem ersten Tag ist man erschlagen nach<strong>mit</strong>tags erst mal ins Bett gefallen, die Hausaufgaben hat man dann<br />
in guter alter Tradition abends erst vor dem laufenden Fernseher gemacht, <strong>mit</strong> entsprechenden Resultaten.<br />
Schule endet also nicht um Eins. Nach einem kurzen Verschnaufen auf dem Schulweg <strong>und</strong> beim Mittagessen<br />
geht es bei vielen gleich weiter. Und auch dann, wenn man meint, jetzt habe man Ruhe vor ihr, stimmt das<br />
nicht, denn da gibt es die Klassenarbeitstermine <strong>und</strong> die Schriftlichen Überprüfungen der Hausaufgaben, die<br />
Halbjahrestests <strong>und</strong> das obligatorische Abfragen als unbestimmte Bedrohungen, die im Alltag stehen bleiben.<br />
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