digital narratives· der Einfluss neuer Bilder auf den Spielfilm - Betacity
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Geschehnisse <strong>auf</strong> einen übergeordneten Sinnhorizont hin chronologisch zu ordnen. Zudem stellt<br />
<strong>der</strong> Rezipient Mutmassungen über <strong>auf</strong>tretende Events an, fragt danach, wodurch diese ausgelöst<br />
wur<strong>den</strong> o<strong>der</strong> wozu sie im Verl<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Geschichte noch führen könnten. Aufgrund dieser aktiven<br />
und konstruktiven Beteiligung kann es zu vielen divergieren<strong>den</strong> Auffassungen eines einzigen<br />
Films bei <strong>den</strong> Zuschauern kommen. Jedoch gibt es erlernte Prototypen von Handlungs- und Erzählmustern,<br />
die ein kollektives Verständnis durch das Publikum ermöglichen. 10<br />
Oft wird in Filmen ein Erzähler zur Vermittlung <strong>der</strong> Handlung eingesetzt. Dieser kann mit<br />
einer Figur <strong>der</strong> Handlung i<strong>den</strong>tisch o<strong>der</strong> auch nicht-personeller Natur sein, wie in Jules et Jim<br />
von Francoise Truffaut, wo <strong>der</strong> personell nicht näher spezifizierte Erzähler die Emotionen, inneren<br />
Beweggründe und Entwicklungen <strong>der</strong> drei Hauptpersonen schil<strong>der</strong>t. Auch wenn eine <strong>der</strong><br />
Filmfiguren als Erzähler fungiert, heisst das nicht, dass man dar<strong>auf</strong> schliessen kann, über welche<br />
Range o<strong>der</strong> Depth of Story Information er verfügt. Das heisst die Bandbreite und die psychologische<br />
Tiefe <strong>der</strong> Informationen wer<strong>den</strong> <strong>der</strong> Figur je nach intendiertem Zweck und entsprechend<br />
dem zu erzielen<strong>den</strong> Effekt <strong>der</strong> Narration im Hinblick <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Zuschauer zugeordnet.<br />
Diese Art und Weise, in <strong>der</strong> die Geschichte dem Zuschauer vermittelt wird, ist, wie an an<strong>der</strong>er<br />
Stelle erwähnt, im Classical Hollywood Cinema <strong>der</strong> Transparenzillusion verpflichtet. Sie soll<br />
dem Zuschauer die filmische Wahrnehmung über die Dauer des Films als natürliche erscheinen<br />
lassen und die Konstruktion <strong>der</strong> filmischen Wahrnehmung in <strong>den</strong> Hintergrund drängen. So ist<br />
es, wie Susanne Weingarten in ihrer Kritik zu Fight Club richtig beobachtet, eine Art Abkommen,<br />
das wir beim Besuch im Kino mit dem Film treffen. Wir erklären uns bereit, ihm die Alternativrealität,<br />
die er uns vorsetzt, zu glauben, und <strong>der</strong> Film verspricht uns <strong>auf</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />
dafür, diese Scheinrealität zu wahren und die eigene Illusion nicht in Frage zu stellen, also<br />
innerhalb <strong>der</strong> filmischen Welt die Geschichte möglichst wahrheitsgetreu zu erzählen, so dass<br />
sie für <strong>den</strong> Zuschauer glaubhaft wer<strong>den</strong> kann. 11 Genau diese Regel beginnen Fight Club und<br />
Matrix subversiv und effektiv in Frage zu stellen. Genau wie die Russische Avantgarde <strong>der</strong><br />
1920er Jahre machen sie dem Zuschauer Minute für Minute bewusst, dass das, was er dort<br />
ansieht, kein Realitätsersatz, son<strong>der</strong>n ein eindeutiges Wahrnehmungskonstrukt, ein Film ist.<br />
Matrix und Fight Club behaupten jedoch nicht, tiefere Zusammenhänge <strong>der</strong> Wirklichkeit zu<br />
zeigen, son<strong>der</strong>n klassifizieren das Gesehene als Illusion im doppelten Sinne.<br />
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