22 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS E-COMMERCE Im Geschäftsjahr 2010/2011 verzeichnete der Do-it-yourself-Versandhändler Baumarkt direkt eigenen Angaben zufolge mit Umsätzen in Höhe von 182,8 Millionen Euro das beste Geschäftsergebnis seit dem Start im Jahr 2001. 60 Prozent des Handelsumsatzes stammen aus dem E-Commerce. Damit hat der Online-Handel die Bedeutung des Kataloggeschäfts deutlich übertroffen. INTERNET WORLD <strong>Business</strong> sprach mit Jörn Hartig, Leiter E-Commerce bei Baumarkt direkt, über die Wachstumstreiber in seinem Segment. Herr Hartig, 18 Prozent Wachstum und übertroffene Umsatzziele sind dieser Tage im Handel eher die Ausnahme als die Regel. Was sehen Sie als wichtigste Faktoren für dieses Wachstum bei Baumarkt direkt? Jörn Hartig: Die Verknüpfung von Stationärmarkt und Versandhandel war sicher der größte Wachstumstreiber. Denn der Kunde ist nicht mehr nur in einem Kanal unterwegs, sondern nutzt die Kanäle, wie sie ihm gerade begegnen. Eine optimale Verzahnung der Kanäle ist daher aus meiner Sicht einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im Handel der Zukunft und auch für uns ein sehr wichtiges Thema. Können Sie Beispiele für diese Verzahnung nennen? Hartig: Zum einen haben wir im vergangenen Jahr unsere mobile Plattform gelauncht, mit der wir dem Kunden in der mobilen Situation eine Möglichkeit geben, zu sehen, wo die nächstgelegenen stationären Märkte sind und was es für Serviceleistungen gibt. Für die Zukunft ist da auch noch die Verfügbarkeitsabfrage von stationären Artikeln ein wichtiges Thema. Zum anderen haben wir uns im vergangenen Jahr stark auf das Thema Social Media konzentriert. Das ist sicher absolut gesehen kein Umsatztreiber, aber ein Perspektivfeld mit sehr starkem Wachstum. Wenn Sie sagen, Sie wollen, dass Kunden verstärkt ihr Mobiltelefon zücken – was machen Sie mit Kunden, die in Ihren stationären Filialen damit die Preise vergleichen? Hartig: Der Preisvergleich ist ein teilweise schwieriges Thema für Händler, aber wir leben damit. Er ist Teil der Transparenz, die das Web bietet, die wir aber nicht fördern. Stattdessen fördern wir eine Transparenz des Sortiments und des Angebots. Ein Barcode-Scan muss ja nicht notwendigerweise nur ein Preisvergleich sein, sondern kann den Kunden zu einem Produkt über Bewegtbild und Video mehr Informationen geben als am Regal vorhanden ist. Machen Sie das schon? Hartig: Nein, aktuell noch nicht. Nachdem wir mit unserem mobilen Shop eine Basis geschaffen haben, ist das eines der Felder, in die die geplante Erweiterung zielen soll. Wir wollen die mobile Situation des Kunden noch mehr mit Inhalt aufladen und verschiedene Mehrwerte bieten. Das kann die Abfrage von Online-Verfügbarkeiten in der Filiale sein oder auch eine Instore- Navigation. In großen Baumärkten können wir uns schon vorstellen, dass es ein Mehrwert sein kann, den Verbraucher im Store genauer zu führen. Sehen Sie, dass Produktlieferanten hierfür stärker in die Pflicht genommen werden müssen? Hartig: Für Lieferanten und Hersteller gewinnt das Thema Content in Zukunft eine größere Bedeutung. Denn niemand kennt das Produkt besser als sie selbst. Die großen Marken sind in diesem Punkt inzwischen sehr gut aufgestellt und es gibt auch genügend Mittel und Wege, diese Inhalte auf eine entsprechende Plattform zu bekommen. Aber gerade in unserem Segment ist es oft nicht so trivial, geeignete Inhalte zu finden. Da muss man auf kleinere Hersteller zugehen und Anforderungen definieren, die das <strong>Business</strong> erfordert. Das kann gerade bei kleineren Lieferanten ein längerer Prozess sein. Im vergangenen Jahr ist Ihr mobiler Shop gestartet. Glauben Sie, dass Tablets den Smartphones in Sachen mobi- ler Nutzung in naher Zukunft den Rang ablaufen werden? Hartig: Bei der mobilen Nutzung bin ich nicht sicher, beim M-Commerce bin ich überzeugt. Wir sehen, dass inzwischen viele Besucher in unserem Shop ein Tablet benutzen und gehen von hohen Wachstumsraten aus. Deshalb wollen wir uns diesem Thema in diesem Jahr noch stärker widmen. Das Tablet bietet durch das größere Display eine neue Haptik der Produkte, durch das Touchpad kann man sie fast anfassen. Das bietet große Chancen in der Produktkommunikation. Für uns sind Tablets ein sehr großes Wachstumsthema. In welchen Nutzungssituationen bestellen Heimwerker denn mobil? Hartig: Das Spannende an dem Thema ist, dass wir es noch nicht genau wissen. Der 20. Februar 2012 4/12 INTERVIEW „Tablets sind Wachstumsthema“ Jörn Hartig, Leiter E-Commerce bei Baumarkt direkt, glaubt an M-Commerce und – perspektivisch – auch an Facebook Jörn Hartig ist Leiter E-Commerce bei Baumarkt direkt. Das Joint Venture von Otto und Hagebau wurde 2007 gestartet und ist der marktführende Do-it-yourself- Distanzhändler in Deutschland. ❚ www.baumarktdirekt.de Markt entwickelt sich sehr dynamisch und wir sind da in vielen Punkten noch am Anfang. Die Nutzungssituation verändert sich kontinuierlich. Sicher ist: Kunden, die im Besitz eines Smartphones oder Tablets sind, sitzen nicht mehr so statisch am Schreibtisch wie Desktop-Kunden, sondern zum Beispiel auf dem Sofa oder im Garten. Sie müssen gar nicht unbedingt unterwegs sein. Im Hinblick auf die Multichannel-Strategie hat das den Reiz, dass ein Kunde immer mehr Touchpoints mit uns hat. Die Herausforderung liegt darin, zu erkennen, was konkret in den wechselnden Berührungsmomenten sein individueller Bedarf ist. Sie haben mit Deingartenhaus.de einen Online-Pure-Player entwickelt. Wie unterscheidet sich dieses Geschäftsmodell von Ihrem bisherigen Multichannel-Konzept mit Filiale und Webshop? Hartig: Als Pure Player entfallen die Chancen des stationären Handels, auf die wir in unseren anderen Geschäftsfeldern einen starken Fokus legen. Auf der anderen Seite bietet ein Pure Player Spielraum, Dinge auszuprobieren. Bei diesem Shop ist unser Ziel, alles auf den Gartenhauskauf abzustimmen. Planen Sie noch mehr solche Shops? Hartig: Es gibt Pläne, aber ich möchte dazu noch nicht mehr verraten. Was sehen Sie gegenwärtig als größte Herausforderung, die Sie mit Ihrem Unternehmen bewältigen müssen? Hartig: Uns beschäftigt vor allem die Frage, wie wir Multichannel noch besser leben und in der Praxis für den Kunden umsetzen können. Durch mobile Endgeräte verändert sich in der Kundenerwartung in der jeweiligen Bedarfssituation gerade wahnsinnig viel und wir stehen in einigen Feldern noch relativ am Anfang. Auch der Bereich Social Media stellt für jeden stationären Händler eine Herausforderung dar. Der Kunde hat mehr Macht und mehr Mitspracherecht und auch mehr Möglichkeiten, sich auszudrücken. Momentan konzentrieren wir uns da sehr auf Facebook. Aber das soll nicht die einzige Plattform bleiben. ❚ Interview: I. Schutzmann / D. Zimmer
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