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50 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
KOMMENTAR<br />
Mobile<br />
Hungersnot<br />
Bei den Telekommunikationsanbietern<br />
ächzen die<br />
Netze, bei Smartphone-<br />
Herstellern laufen die<br />
Bänder heiß. Beste<br />
Wachstumsvoraussetzungen<br />
für die Online-Branche:<br />
Denn seit sich iPhone<br />
und Co. zu Massenprodukten<br />
gewandelt haben,<br />
ist die digitale Mediennutzung<br />
in weiten Teilen<br />
der Bevölkerung so alltäglich, wie früher der Griff<br />
zur Tageszeitung. Und: Mehr Nutzung ist der<br />
beste Nährboden für mehr Umsätze.<br />
Oder etwa nicht? Facebook, die Website mit<br />
der weltweit höchsten Zahl mobiler Besuche, hat<br />
jüngst ausgerechnet die Smartphone-Anwender<br />
als eines der größten Wachstumsrisiken ausgemacht.<br />
Zwar haben sich durch Android- und iOS-<br />
Nutzer die Abrufzahlen vervielfacht, aber auf den<br />
Minibildschirmen lassen sich kaum Werbe-Banner<br />
unterbringen. Selbst wenn Mark Zuckerberg Anzeigen<br />
einblenden würde, würde er viel weniger<br />
als im klassischen Web erlösen.<br />
Mit dem Problem steht Facebook nicht allein.<br />
Weder Spiegel Online noch Sueddeutsche.de oder<br />
Bild.de könnten ihre Websites heute nur mit mobilen<br />
Zugriffen monetarisieren. Die winzigen Banner<br />
ließen sich gar nicht so teuer vermarkten, wie sie<br />
sein müssten, um die Angebote zu tragen. Das<br />
Paradoxe: Je besser die Sites funktionieren, desto<br />
größer wird das Problem. Jeder mobile Seitenaufruf<br />
„kostet“ vier bis fünf reguläre Ad Impressions.<br />
Mobile droht am eigenen Erfolg zu scheitern. Aber<br />
auch Werbungtreibende stehen vor einem Dilemma.<br />
Noch ist die Nachfrage nach mobilen Werbeplätzen<br />
gering, sie wächst jedoch rasant. Auf Dauer<br />
wird eine Vielzahl von Kampagnen gar nicht<br />
unterzubringen sein. Nach der inflationären Entwicklung<br />
beim Werbeinventar im „klassischen“<br />
<strong>Internet</strong> droht eine erste Not – ausgelöst just<br />
durch den Hoffnungsträger „Mobile <strong>Internet</strong>“.<br />
Was nützt Facebook?<br />
D. Grollmann,<br />
Chefredakteur<br />
Je mehr Untersuchungen die Wirkung von<br />
Marketingmaßnahmen auf Facebook infrage<br />
stellen, umso mehr hält das soziale<br />
Netzwerk dagegen und gibt selbst Studien<br />
in Auftrag.<br />
<strong>Internet</strong>world.de berichtete über eine Studie<br />
zum Erfolg von Facebook-Präsenzen im<br />
Mittelstand. Aussage: Wenn deutsche<br />
Mittelständler mit einer Unternehmensseite<br />
präsent sind, trägt das zu ihrem wirtschaftlichen<br />
Erfolg bei. Dazu Meinungen<br />
unserer Leser:<br />
Was ich mich immer noch frage, ist, ob Facebook<br />
auch eine gute Plattform ist, um B2B-<br />
Marketing zu verstärken. Die guten Facebookoder<br />
Social-Media-Kampagnen sind meist von<br />
Unternehmen geprägt, die im B2C agieren.<br />
Jochen Harter<br />
Vieles mag sicher zutreffen für Marketing, PR<br />
und B2C. Im B2B halte ich Facebook generell<br />
für ungeeignet außer vielleicht zur Markenbildung.<br />
Und selbst da steht ein Beweis noch<br />
aus. Würde mich jedenfalls wundern, wenn<br />
beispielsweise Liebherr Schiffskräne bei Face-<br />
mail@internetworld.de<br />
In Sachen Datenschutz wird es langsam<br />
ernst. Die Brüsseler EU-Bürokratie hat,<br />
begleitend zum ungestümen Facebook-<br />
Wachstum, europaweit ein ausgeprägtes<br />
Schutzbedürfnis der „Online-Schäfchen“<br />
entdeckt, Regulierungsbedarf erkannt und<br />
auch gleich an möglichst pauschalen und<br />
undifferenzierten Definitions- und Lösungsansätzen<br />
für den Umgang mit den<br />
sogenannten „personenbezogenen Daten“<br />
gebastelt. In Deutschland haben die Landesdatenschutzbeauftragten<br />
den Markt<br />
nach Bundesländern aufgeteilt und wahlweise<br />
Google, Facebook oder<br />
auch einheimische Kandidaten<br />
als jeweiliges Angriffsziel<br />
gewählt.<br />
Relevant für die Publisher,<br />
die ihre Webseiten mit Werbung<br />
finanzieren, um die Inhalte<br />
den Nutzern kostenfrei<br />
zur Verfügung stellen zu können:<br />
Vor allem das Cookiebasierte<br />
„(Predictive) Behavioural<br />
Targeting“ (PBT) und<br />
die IP-Adresse sind in die<br />
datenschutzamtliche Schusslinie geraten.<br />
Jeder Nutzer soll einer Cookie-Setzung<br />
explizit zustimmen (Opt-in) – die heute<br />
schon mögliche individuelle Abmeldung<br />
(Opt-out) wird dem gern als mündig<br />
bezeichneten Nutzer offensichtlich nicht<br />
zugetraut. Der enorme Schaden, der für<br />
die Online-Industrie durch Opt-in und<br />
die am Ende stark dezimierten Werbeerlöse<br />
angerichtet werden würde, tritt gegenüber<br />
ideologisch motiviertem Sendungsbewusstsein<br />
problemlos in den Hintergrund.<br />
Unsere Branche nahm und nimmt die<br />
Anwürfe extrem ernst, hat präventiv,<br />
schnell und umfassend mit Gesprächsbe-<br />
book bewerben würde. Interessanterweise<br />
stellt auch die Deloitte-Studie nur einen materiellen<br />
Nutzen von ca. 700 Mio. Euro fest.<br />
Gunter Gabriel<br />
Unseren Kunden ist es wichtig, bei Facebook<br />
präsent zu sein. Messbare Umsatzsteigerungen<br />
können wir aber trotz entsprechender<br />
Statistiken auch in Shops nicht feststellen.<br />
Konkret mehr Besucher und Anfragen haben<br />
aber kleine Einzelhändler, die selbst aktiv sind.<br />
Das ist also alles sehr B2C-lastig.<br />
Webagentur Niewerth<br />
Ihre Meinung ist uns wichtig!<br />
Haben Sie Kommentare, Vorschläge oder<br />
Kritik? Schreiben Sie einen Leserbrief an<br />
❚ mail@internetworld.de<br />
Haben Sie sich beruflich verändert? Dann<br />
schicken Sie uns doch eine Nachricht an<br />
❚ aufstieg@internetworld.de<br />
Fragen zu Ihrem Abo richten Sie bitte an<br />
❚ leserservice@internetworld.de<br />
MEINUNG 20. Februar 2012 4/12<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Weder willig noch kundig<br />
Datenschutz 2012 – SPD-Fraktion erreicht das Tal der Ahnungslosen<br />
reitschaft und Aufklärung reagiert, monatelange<br />
Verhandlungen in allen möglichen<br />
Fachverbänden geführt, bis heute viel Geld<br />
und Ressourcen in Brüssel, Berlin und<br />
auch der deutschen Provinz investiert und<br />
mit dem „Deutschen Datenschutzrat<br />
Online Werbung“ (DDOW) ein übergreifendes<br />
Konzept ernsthafter Selbstregulierung<br />
entwickelt. Und alle mindestens<br />
peripher mit Datenschutz betrauten Politiker<br />
sollten nach intensiver Informationsund<br />
Lobbyarbeit inzwischen darüber<br />
Bescheid wissen. Denn es geht um viel:<br />
Matthias Wahl<br />
ist Geschäftsführer und<br />
Sprecher der Geschäftsführung<br />
des Premiumvermarkters<br />
OMS.<br />
❚ www.oms.eu<br />
Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem innerund<br />
außereuropäischen Wettbewerb,<br />
Überleben und Wachstum einer Zukunftsindustrie,<br />
Arbeitsplätze.<br />
Wissen tatsächlich alle Bescheid? Nein,<br />
offensichtlich nicht. Derzeit beweist das die<br />
SPD-Fraktion, die einen Gesetzentwurf<br />
zum Thema Datenschutz vorgelegt hat, der<br />
jeden bislang mühevoll vermittelten Erkenntnisgewinn<br />
in einer Troika aus grob<br />
fahrlässigem Nichtwissen, vorsätzlicher<br />
Ausblendung eines Gesamtbilds und undifferenziertem<br />
Populismus verweigert.<br />
Worüber ich mich so aufrege? Es geht<br />
um die Bundestagsdrucksache 17/8454<br />
Gehört<br />
und den darin enthaltenen Gesetzentwurf<br />
zur Änderung des Telemediengesetzes<br />
(TMG). Dort wird in Punkt A zunächst<br />
lediglich das „Problem“ beschrieben,<br />
nämlich angeblich mangelhaft geregelter<br />
Datenschutz im TMG. O.k., das bietet sich<br />
als Wahlkampfbegleitthema an. Ärgerlicher<br />
wird es in Punkt B, dort wird der<br />
„Einwilligungsvorbehalt“ (Opt-in) als<br />
„Lösung“ beschrieben. Ergo: Klarer Fall<br />
von unheilbarem Tunnelblick und Beratungsresistenz<br />
der Verfasser! Aber so richtig<br />
echauffiere ich mich über Punkt C, in<br />
dem es um „Alternativen“ geht. Sie erwarten<br />
nun eine Aufzählung bekannter Punkte?<br />
Tatsächlich steht dort allen Ernstes:<br />
„Keine“! Die Verfasser haben offensichtlich<br />
noch nie etwas gehört von jahrelanger<br />
Selbstregulierungsdiskussion, DDOW, Informations-Icon<br />
… Wahrscheinlich wird<br />
das <strong>Internet</strong> sogar als Informationsmedium<br />
verteufelt – es hätte allerdings in diesem<br />
Fall eine Fülle erhellenden Materials<br />
liefern können. Der sprichwörtliche Vogel<br />
wird aber mit Punkt D abgeschossen, denn<br />
hier wurden die „finanziellen Auswirkungen“<br />
recherchiert. Das Ergebnis: „Keine“<br />
[sic]! Man darf gespannt sein auf die Stimmen<br />
derer, die im Falle eines entsprechenden<br />
Gesetzes ihren Arbeitsplatz oder gar<br />
ihr Unternehmen verlieren werden. Aber<br />
vielleicht ist das Lachen von Google, Facebook<br />
& Co. über die neu gewonnenen<br />
Wettbewerbsvorteile ja lauter als das Geheul<br />
der einheimischen Online-Industrie!<br />
Hoffnung macht allein die aktuelle Willensbekundung<br />
der SPD, die Bürger am<br />
neuen Wahlprogramm mitarbeiten zu lassen.<br />
Vielleicht sind da ja neben ein paar<br />
Mündigen auch ein paar Kundige dabei! ❚<br />
❚ Link zum Gesetzentwurf: bit.ly/AbsbcR<br />
„Ich habe aus Fehlschlägen gelernt. Viele meiner<br />
Projekte hätte ich viel früher aufgeben sollen.“<br />
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales gibt sich vor Studenten der Hult<br />
International <strong>Business</strong> School in San Francisco selbstkritisch<br />
„Ich warne vor Überregulierung.“<br />
Microsoft-Deutschlandchef Ralph Haupter setzt sich im Interview mit Focus.de<br />
kritisch mit den EU-Datenschutzplänen auseinander<br />
„Das <strong>Internet</strong> ermöglicht die Aufnahme und die<br />
Aussendung von Ideen in zwei Richtungen. Und wir<br />
müssen lernen, damit umzugehen.“<br />
Maximo Lider Fidel Castro hält das <strong>World</strong> Wide Web für revolutionär<br />
„Das alte Urheberrecht wird im <strong>Internet</strong> nur unter Verletzung des<br />
halben Grundgesetzes aufrechtzuerhalten sein. Und das geht nicht.“<br />
Alpha-Blogger Sascha Lobo im Polit-Magazin „Cicero“